In den vergangenen Jahrhunderten war ein Leben ohne Pferde kaum vorstellbar, auf dem Lande wie in der Stadt. Diese treuen Freunde der Menschen waren sowohl bei der Fortbewegung als auch bei der Arbeit eine wertvolle Hilfe. Geduldig und dauerhaft erbrachten die Pferde Tag für Tag ihre Leistung als Reit-, Post- wie Kutschenpferd oder bei der Feldarbeit. Beim Pflügen und Eggen, dem Ziehen des Erntewagens, als Transportpferde sowie bei der Holzarbeit waren sie unverzichtbar. Noch heute ist in Waldgebieten ohne Forststraßen die althergebrachte Holzbringung mit Pferden üblich.
Spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg ging auch in entlegenen Regionen die Zahl der Pferde wegen der zunehmenden Motorisierung ständig zurück, aber seit Anfang der 1980er Jahre werden wieder mehr Pferde gehalten und der Reitsport erfreut sich gerade großer Beliebtheit. Den traditionsbewussten Pferdehaltern, die heute vielfach in ländlichen Reitvereinen organisiert sind, ist es zu verdanken, dass alte Pferdebräuche erhalten oder neu gestaltet werden konnten.[2034] Allen diesen Rossleuten wollen wir an dieser Stelle herzlich danken, denn ohne ihren Einsatz wäre viel verloren gegangen und manches weltliche oder kirchliche Fest um einiges ärmer.
„Guten Tag in aller Fruah
Und fahre frisch dem Brauthaus zua.
Setz dich auf in frischem Mut
Nimm die Peitsche in die Hand und klöcke gut.”[2035]
Es schlägt wohl jedem Zuschauer das Herz höher, wenn die Klöcker oder Schnalzer auf ihren Norikerpferden am Beginn eines Festzuges herreiten, um mit ihrem Peitschenknallen Platz zu schaffen und so die Aufmerksamkeit auf das nun Kommende lenken. Dieses Schnalzen auf den Pferden unterscheidet sich grundsätzlich vom Aperschnalzen, das nur während der Wintermonate zu ebener Erde durchgeführt wird. Das Vor- oder Herreiten, auch Hochzeitsschnalzen genannt, wird das ganze Jahr über zu besonderen Anlässen praktiziert.[2036] Schon seit alters her reiten die Klöcker- und Schnalzergruppen zu großen kirchlichen oder weltlichen Festen – wie Erntedank, Leonhardifesten, Perchtenumzügen, Vereinsjubiläen oder Goldenen Hochzeiten – dem Festzug voran. So schreiben August und Barbara Rettenbacher über die Taugler Vorreiter, dass bereits 1899 eine solche Vorreitergruppe, als Brauch stilisiert, existierte. Zwölf Vorreiter zu Ross mit den Steckenknechten sind auf einem Bild von der Einweihung des „Kaiserin-Elisabeth-Denkmals” am 27. August 1899 zu sehen.[2037]
Das Klöcken oder Schnalzen ist im südlichen Tennengau (St. Koloman, Kuchl, Abtenau, Rußbach, Annaberg) sowie im ganzen Gebiet von Pongau und Pinzgau beheimatet. Angeführt von einem Vorreiter, der oftmals die Vereinsfahne (Standarte) mitführt, oder, wie in Piesendorf, von drei „Spalierern” ziehen die Schnalzer durch die Dörfer, wobei jedes Pferd von einem Weiser, auch Stecken- oder Fußknecht genannt, begleitet wird. In Annaberg tragen die Fußknechte einen blauen Schurz, der bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts ein typisches Zeichen für viele Berufe, unter anderem für die Rossknechte, war.[2038]
Die Kleidung der Schnalzer ist heute üblicherweise Lederhose mit Hemd, Gilet, Rock und Stutzen; sie ist in Großarl der historischen Männertracht von 1800 nachempfunden. Die Kuchler Schnalzer tragen wadenhohe Stiefel, die meisten anderen Gruppen einfache Trachtenschuhe. Typisch für den Tennengau ist auch der Hut. Während andere Schnalzergruppen den Hut gar nicht oder nur bei besonderen Gelegenheiten tragen, ist das Schnalzen im Tennengauer Raum ohne Hut undenkbar.[2039] Unter Mitwirkung des Heimatpflegers Kuno Brandauer kleidete sich die St. Kolomaner Reitergruppe im Jahr 1967 neu ein: schwarze, glatte Lederhose, schwarze Reitstiefel verziert mit Lederrosette und zwei Lederquasten, weißes Leinenhemd, rotes Leibl aus Leinen und schwarzer Hut. Diese neu geschaffene Tracht soll an die ungarische Reiterkleidung angelehnt sein. Wie Kuno Brandauer[2040] erzählte, kamen in der Zeit der Donaumonarchie im Rahmen eines Feldzuges diese ungarischen Stiefel in die Flachgauer Gegend. Walser Bauern trugen sie als Teil ihrer Festtracht zum sonntäglichen Kirchgang.[2041]
Für die Pferde besitzt jeder Verein sein eigenes Vorreitgeschirr bestehend aus Halfter: Brustgeschirr und Schweifriemen, alles reich mit Messing verziert. Die zweieinhalb bis vier Meter langen gedrehten oder geflochtenen Hanfpeitschen sind an einem 30 cm langen Peitschenstock festgemacht und haben an ihrem Ende den so genannten „Bast”, „Schmies” oder „Schmitz” aus Schilf, geflochtenem Seidenband oder Nylonschnüren. Der Bast bringt die Peitsche zum Knallen. Schmiss oder Peitschenschmiss – von schmeißen = werfen – heißt heute noch in weiten Teilen Österreichs die dünnste und robusteste Sorte von fest verdrehtem Hanfspagat.
Auch etymologisch ist das Wort interessant. So heißt „schmeißen, schmiss, geschmissen” nach Johann Andreas Schmeller unter anderem auch werfen und auswerfen; „der Fuhrmann schmeißt die Geisel” schon 1588, es gibt aber auch verschiedene Bedeutungen von eiligem Tun dafür. Der „Schmiss” ist ein Wurf, Schlag, Peitschenhieb oder Streich, auch eine Verletzung davon. Auch „schmeitzen” und „schmitzen” haben die Bedeutung von schlagen, werfen und peitschen. Der „Schmitzer” ist ein Hieb oder Streich und die Schmitzen „das mit Knötchen durchflochtene, leinene Ende einer Geiselschnur” sowie eine sehr geringe Portion von etwas. Friedrich Kluge kennt für „schmitzen” die Bedeutung von mit der Geisel schlagen und beschmutzen.[2042] Für die Haltbarkeit und für die Tiefe des Tons schmieren die Männer die Peitschen mit Rinder- oder Schweinefett ein, wobei der Rothenhofbauer Hans Hirscher, Obmann der Annaberger Reiter- und Schnalzergruppe, auch weiß, dass manche Schnalzer die Peitsche in Fett tunken, was zwar einen schönen Ton gibt, aber auch zu einem deutlich höheren Gewicht der Peitsche führt. Die Peitschen in einer Gruppe sollten nach Möglichkeit gleich lang sein, damit ein gleichmäßiger Takt gehalten werden kann.
Drei unterschiedliche Taktarten sind gebräuchlich. Der Vierertakt für zwei Mann, der Sechsertakt für drei Mann und der Achtertakt für vier Mann. Peter Egger, Obmann der Großarler Klöcker und Herreiter, kennt zum besseren Takthalten Lernsprücherl:
Vierertakt: „Wurscht und Bun-z'n” (kleine Zwetschken)
Sechsertakt: „Hö-nig und But-ter-schmalz”
Achtertakt: „Mit-tn auf da Zim-ma-bruk-k'n” (Tennboden)
Erfahrungsgemäß dauert es mindestens ein Jahr bis ein neuer Mann mit der Gruppe ausrücken kann. Es braucht viel Übung bis Peitschenführung und Takt stimmen. Früher trafen sich die Schnalzer am Sonntag nach der Kirche und übten so lange, bis sie das Schnalzen beherrschten.[2043] Wichtig ist eine schöne, gerade Peitschenführung, hoch über dem Kopf des Pferdes. Streift die Peitsche das Pferd einmal an den Ohren, nimmt es das dem Reiter meistens sehr übel und es kann sein, dass das Pferd zum Schnalzen nicht mehr eingesetzt werden kann.
Der Takt muss gleichmäßig sein, die Taktabstände müssen stimmen. Die Reiter stehen beim Klöcken in den Steigbügeln – sehr geübte Reiter stehen auch auf dem Pferd – und halten die Peitsche mit einer Hand. Im Gegensatz zu den Schnalzern und Herreitern halten die Aperschnalzer (im Frühjahr) die Peitsche mit beiden Händen.
Vor den Veranstaltungen gibt es für die Schnalzer neben den regelmäßigen Proben viel zu tun: Das Geschirr gehört geputzt, die Pferde säuberlichst mit Shampoo und Schmierseife gewaschen, die Hufe eingefettet und wer es ganz genau nimmt, flicht seinem Pferd noch Zopferl in Mähne und Schweif und schmückt es mit Blumen. Ob die Pferde beschlagen oder unbeschlagen ausrücken, wird von den Vereinen unterschiedlich gehandhabt.
In Großarl diente das Klöcken ursprünglich der Verständigung der Hirten auf den Almen.[2044] In Anlehnung daran veranstalten die Großarler Klöcker und Herreiter seit 1976 jedes Jahr das Sonnwendklöcken rund um den 21. Juni. Acht bis zehn Schnalzergruppen sind dabei zu Gast. Die Musikkapelle spielt das erste Platzkonzert der Saison und mit einem Brauchtumsabend klingt das große Fest aus.
Alle Reiter-, Klöcker- und Schnalzergruppen im Land nehmen in ihren Pfarren am Erntedankfest, zur Danksagung an den Schöpfer für die reiche Ernte, teil. Besonders prächtig gestalten die Großarler Klöcker und Herreiter das Fest. Es war die Idee ihres Gründungsobmanns – Peter Egger sen. -, jedes Jahr einen festlich geschmückten Erntewagen mit Erntekrone, Gemüse, Obst, Brot, Butter, Käse und Wurst, gezogen von zwei Norikern, im Festzug mitzuführen. Angeführt von den Klöckern, der Musikkapelle, den Schützen, der Feuerwehr, der Bergrettung und den Trachtenfrauen ziehen die Gläubigen durch den Markt, hinunter zur Festwiese, wo der Pfarrer die heilige Messe liest und die Erntegaben segnet. Im Anschluss daran bringen die Klöcker die Erntekrone in die Kirche und die Gaben in den Pfarrhof.
Alle zwei Jahre messen die Klöcker- und Schnalzergruppen ihr Können bei der „Alpentrophäe”, die immer von einem anderen Schnalzerverein veranstaltet wird. Unter den gestrengen Augen und Ohren einer fachkundigen Jury schnalzen die Gruppen die vorgeschriebenen, unterschiedlichen Takte. Harmonie, Taktgenauigkeit, Peitschenführung, Bekleidung und Aufmarsch werden bei der Bewertung berücksichtigt. Die Sieger nehmen die Alpentrophäe, einen Wanderpokal, mit nach Hause. Die Alpentrophäe begann 1997 in Saalfelden, 1999 folgte Großarl, 2001 Rußbach und 2003 Wagrain.
Dass die Klöcker aber auch das Schnalzen am Boden beherrschen, zeigen sie beim Rupertischnalzen, einem Wettbewerb, der im Zweijahresrhythmus um den Rupertitag (Heiliger Rupert – Patron des Landes Salzburg, 24. September) von unterschiedlichen Schnalzergruppen veranstaltet wird. Im Jahr 1980 fand das erste Rupertischnalzen in St. Johann im Pongau statt, das bisher letzte im Jahr 2002 in Badgastein.
„Mit Musik zum Peitschenknall
Und Glück im Fuhrmannsstall.”[2045]
Früher machten die Fuhrleute mit ihren schweren Holzfuhrwerken durch das Peitschenknallen vor unübersichtlichen Wegstellen auf sich aufmerksam: Vorsicht, hier kommt ein großes Gespann, das die ganze Wegbreite braucht.[2046] Von Großarl, Kleinarl und von Wagrain aus führten um die Jahrhundertwende die Fuhrleute das Holz nach St. Johann zum Unteren Markt. Tobi Reiser sen. (1907–1974),[2047] der dort wohnte, erzählte, er habe damals schon am Schnalzen erkannt, welcher Fuhrmann komme. Denn jeder schnalzte seinen eigenen Rhythmus.[2048] Das Schnalzen gehörte genauso zum Alltag aller, die mit Vieh zu tun hatten und kleine Buben übten es bereits als Halterbuben. Zu vielen ländlichen Festen wie auch zu den Faschingsbräuchen (etwa dem Pinzgauer Faschingsbauen im 18. Jahrhundert)[2049] gehörten schon Vorführungen und Wettbewerbe im Peitschenknallen.
Mit der zunehmenden Motorisierung kamen spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg auch in Salzburg die Fuhrwerke zunehmend ab und damit auch das Goasslschnalzen. Über den bayerischen Raum (Chiemgau) kam das Goasslschnalzen später wieder nach Salzburg zurück. 1976 nahm sich Wolfgang Holleis vom St. Johanner Peitschenverein des Brauches an und 1997 machten sich die Goasslschnalzer als „St. Johanner Fuhrmannsgoaßlschnalzer und Vorreiterverein” selbstständig. Mittlerweile pflegen noch weitere Vereine im Gasteinertal, in St. Johann und in Wagrain den Brauch, der sich zunehmender Beliebtheit erfreut. Es ist schon ein spektakuläres Ereignis, wenn die Goasslschnalzer mit ihrem Rossgespann daherkommen und zu den Harmonikaklängen schnalzen.
Die Goassln bestehen aus einem etwa 1,50 m langen Handstecken, an dem eine ungefähr 1,20 m lange Hanfschnur befestigt ist. Wie bei den Peitschen der Klöcker bildet der „Bast”, auch „Schmitz” oder „Schmeizl” genannt, das Ende der Goassln. Typisch für die Goasslschnalzer ist das Schnalzen in einem Saal oder Festzelt. Heute gehören solche Kunstfertigkeiten eben nicht mehr in den Alltag, sondern sie zählen zu den Besonderheiten unserer Veranstaltungs- und Festkultur. Beim Goasslschnalzen stehen die Männer auf den Tischen und schnalzen zur Musik, wobei es nicht „rauschen” darf. Das heißt, alle müssen exakt und gleichzeitig im selben Takt schnalzen. Eine besondere Kunst, auf die sich nicht jeder Goasslschnalzer versteht, ist das Schnalzen mit zwei Goassln gleichzeitig.
Den christlichen Rittprozessionen, Flurritten und Pferdesegnungen dürfte das Bestreben der segnenden Umgürtung des Gemeinwesens sowie die Abwehr von Missernten und Viehseuchen zu unterlegen sein.[2050] Pferdekulte kannten auch viele alte Kulturen, die den Pferden eine Verbindung zu den Göttern zuwiesen und ihnen daher in Opfer, Weihe, Orakel und Umzug eine besondere Stellung gaben.[2051] Die Festtage, besonders jene der Viehheiligen wie St. Stephanus/Märtyrer (26. Dezember), St. Leonhard (6. November), St. Koloman (13. Oktober) und St. Georg (23. April), waren in früheren Jahrhunderten wichtige Festtage der ländlichen Bevölkerung. Man bat um Schutz und Segen, dankte für die vergangene Hilfe und vergnügte sich danach im Wirtshaus und beim Fest. In St. Koloman weiß man, dass bereits bei der großen Prozession am 7. Juni 1744 eine berittene Gruppe teilnahm: ein Trompeter zu Pferd, ein Offizier mit bloßem Degen samt 25 Reitern mit entblößten Säbeln, sowie ein Kornett mit seiner Standarte mit abermals 25 Reitern. Diese gewaltige Reiterei ritt der Prozession voran.[2052] Dieses militärische Geleit ist natürlich nicht mit heutigen Reitervereinen vergleichbar, denn es gehörte zur damals üblichen Teilnahme von Militär und Garde an festlichen Prozessionen. Auch der Adel ritt vielfach auf seinen Pferden mit. Doch auch aus heutigem Verständnis und nach heutigen Bedürfnissen geschaffene Bräuche, die sich Elemente früherer Traditionen zu Eigen machen, zeigen die Verbundenheit von Menschen mit ihrer Region und deren Geschichte.
Heute noch sind die Pferdewallfahrten neben ihrem Charakter als Reiterfeste und touristische Attraktionen auch Zeugnis tiefer Volksfrömmigkeit wie des Bedürfnisses nach „gelebtem Brauchtum”. Und obwohl der Traktor längst das Arbeitspferd ersetzt hat, heißt es dabei noch:
<literallyout>„O heiliger Sankt Leonhard, schau gnädig (he)ro auf unser Fahrt und hilf, dass m(w)ir durch unser Fahr'n den teuren Viehdokta dasparn.”[2053]</literallyout>
St. Georg von Kapadozien erlitt als römischer Offizier unter Kaiser Diokletian das Martyrium um 303. Er ist eine historische Persönlichkeit, die bald nach dem Tode große Verehrung erlangte. Bereits im 5. Jahrhundert uferte seine Verehrung als Patron der verfolgten Christen so aus, dass sich das Konzil von Nizäa damit beschäftigte und die Legende vom Drachenkampf als unwahr erklärte. Dennoch wurde weiterhin der Drachenkampf dargestellt und als Kampf zwischen Gut und Böse gedeutet. Auch die „Legenda Aurea” (1263–1273), die erste Sammlung von Heiligenlegenden, nennt St. Georg. Im Alpenraum zählt er seit dem frühen Mittelalter zu den 14 Nothelfern. Als Patron der Kreuzzieher erlangte er im 13. Jahrhundert weitere Bedeutung; so machte ihn Richard Löwenherz zum Patron der Kreuzzüge und schließlich Englands (1222). Auch der Deutsche Ritterorden steht unter dem Patronat des Heiligen Georg. Papst Paul VI. ließ St. Georg – wie andere Heilige auch – aus den katholischen Heiligenlisten streichen, gestattete aber seine private Verehrung weiterhin. Er wird häufig als junger Krieger mit Lanze und Schwert auf dem Pferd, häufig auch als Drachentöter, dargestellt und wurde so der Patron der Pferde, der Huf- und Waffenschmiede, der Sattler, Reiter und Soldaten. Besondere Verehrung findet der Heilige auch in Bayern und Österreich als Patron von Kirchen wie als Namenspatron.[2054]
Am Gedenktag des Heiligen Georg (23. April) werden Ritte durchgeführt, so in St. Georgen im Pinzgau. Nach dem gemeinsamen Gottesdienst und einem dreimaligen Umritt um die Kirche segnet der Priester die Pferde. Wie bei jedem Kirchtag sind zahlreiche Marktstände am Dorfplatz aufgebaut und beim Kirchenwirt gibt es von Mittag bis Mitternacht durchgehend Musik. Das Einzigartige an diesem Kirchtag ist aber, dass er immer am Georgitag stattfindet und nicht – wie es heute aus arbeitstechnischer Notwendigkeit vielfach üblich ist – auf ein Wochenende verlegt wird. Der Sinn des Georgifestes ist es, Gott und den Heiligen Georg um Schutz und Segen für die landwirtschaftlichen Nutztiere zu bitten. Dazu gehört auch das „Viech umtragen”: Nach dem Gottesdienst tragen die Bauern kleine Holzfiguren rund um den Altar, die jene Tierarten darstellen, welche sie zu Hause auf dem Hof halten. Dazu bringen die Bauern ein „Opfer” dar, heute in Form einer Geldspende.[2055] Diese Holztiere gehen offenbar auf einstige Votivgaben zurück, wie sie besonders bis ins 18. Jahrhundert und vereinzelt bis heute an vielen Wallfahrtsorten aus Wachs, Holz oder Eisen angeboten wurden/werden.[2056] Diese Tiere sollten den Heiligen die Spende als Verpflichtung zur Hilfe vor Augen halten. Für die Wallfahrtskirchen stellten die Votivgaben Einnahmen dar, denn die Votive wurden so lange es möglich war weiterverkauft bzw. eiserne und wächserne Gaben schließlich zum Materialwert weiterverkauft und eingeschmolzen. Durch diese Praxis sind leider nur noch wenige von diesen einfachen Votivgaben in den Museen erhalten.
Gustav Gugitz nennt St. Georgen am rechten Salzachufer (bei Oberndorf) als wichtige Pferdewallfahrt. Erbaut 1416, Neubau um 1749–1757, war es eine wichtige Wallfahrt gegen Viehkrankheiten. Jährlich fand am Georgentag ein Umritt um die Kirche statt. 1956 waren noch 30 Holztiere in einer Schachtel in der Sakristei vorhanden, die man gegen Entgelt um den Altar tragen und opfern konnte. Wenige der Votive waren aber „älter”, „die meisten sind moderne, meist primitive Spielzeugfiguren von jetzt.”
Große Bedeutung hatten bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts die Pferdesegnung und der Osterritt in Untereching am Osterdienstag. Die Filialkirche von St. Georgen an der Salzach zum Heiligen Emeran, die so genannte Weitfeldkapelle, war auch ab dem 17. Jahrhundert eine Leonhardiwallfahrt, in der um die Gesundheit der Tiere, besonders der Pferde, gebetet wurde, wie die Votivbilder des 17. Jahrhunderts zeigen. Am Osterdienstag wurde der Pferdesegen erteilt und danach der Osterritt dreimal um die Kirche veranstaltet. Am 2. Sonntag im Mai gab es einen weiteren Pferdeumritt um die Kirche, bei dem die Zechpröpste mit Hüten Spenden von den Vorbeireitenden einsammelten. 1958 nahmen noch 30 Reiter teil.[2057] Heute findet der Ritt am Ostermontag statt, allerdings nicht mehr um die Kirche, sondern durch den Ort. Pfarrer Ignaz Binggl stellt die Fürbittentexte für die Segnung vor der Kirchenmauer zusammen und bezieht alle Tiere und die Anliegen der bäuerlichen Wirtschaft mit ein. Die Segnung wird vom Diakon durchgeführt. Es kommen Pferde aus der ganzen Umgebung, vor allem von den vielen Reitställen. Anschließend daran finden Wettbewerbe für Kutschen, etwa das „Kegelfahren”, statt und ein Kranzlstechen für die Reiter. Der Tag hat sich zu einem Volksfest der Pferdeliebhaber entwickelt.[2058]
Aber auch zur Filialkirche zum Heiligen Georg in der Einschicht, Gemeinde Kirchberg, wallfahrteten die Salzburger seit dem frühen 17. Jahrhundert zum Schutz gegen Viehkrankheiten. 1958 fand am Georgentag noch ein Umritt um die Kirche statt.[2059]
Bedeutende Pferderitte und Reiterprozessionen fanden und finden teilweise auch noch in Traunstein (Ostermontag), (Furth im Wald am Fronleichnamstag, Rupolding (Mai), Tittmoning, Steibis, Effelterich bei Bamberg und Senttenberg bei Gunzendorf statt. In Bayern hat sich im Volksbewusstsein auch eine alte Rechtssatzung erhalten, nämlich dass von St. Georgen bis zur Ernte kein menschlicher Fuß die Wiesen und Äcker betreten darf.
Der Heilige Koloman war als irischer Pilger auf dem Weg nach Palästina, als man ihn 1012 in Stockerau bei Wien als vermeintlichen Spion erhängte. Bereits zwei Jahre später kamen seine Gebeine nach Melk. In Österreich und auch in Süddeutschland ist der Heilige Koloman ein wichtiger Viehpatron, wohl weil er häufig, wegen seines Martyriums, mit einem Strick, einem Speer und in Pilgertracht dargestellt wird.[2060]
Die Kolomanskirche in der Taugl wurde 1506 geweiht und zählt damit zu den sehr frühen Kolomansheiligtümern. 1769 wurde sie neu erbaut; die heute so genannte Urpsrungskapelle ist der älteste Teil der Kultstätte, unter der eine Heilquelle entspringt. Zum Heiligen Koloman wallfahrteten die Menschen zur Abwendung von Krankheiten bei Mensch und Vieh. Sie zogen an der Glocke, um den Heiligen auf sich aufmerksam zu machen und nahmen das Heilwasser mit. Im 18. Jahrhundert dachte man an eine Vergrößerung der Wallfahrt, wegen der „so vielen rings in der Kirchen herum aufgehangenen Votiv-Taffeln, Krucken und Wax-Zeichen von allerhand Krankheiten, besonders auch wegen geleisteter Hülff des Viehs”. Zwischen 1665 und 1743 existierten auch Votivbücher, die aber beim Kirchenbrand von 1767 vernichtet worden sein dürften. Wenige Votivbilder des 17. Jahrhunderts sind heute noch erhalten. Im Jahre 1754 erschienen in der Woche um das Kolomani-Fest 7.000 Menschen zur Kommunion. Von einer Pferdeprozession wird nichts berichtet.[2061]
Heute findet im Herbst, um den Tag des Heiligen Koloman (13. Oktober), in St. Koloman in der Taugl der Kolomaniritt statt. Er geht auf eine Initiative des örtlichen Bildungswerkes unter dem Vorsitz von Bürgermeister Matthias Neureiter und des damaligen Volksschuldirektors Professor August Rettenbacher im Jahre 1960 zurück. Veranstalter sind die Gemeinde sowie die Reiter- und Schnalzergruppe St. Koloman. Meist wird der Ritt mit dem Erntedankfest verbunden; dazu gehören der Voranritt, Pferdesegen, Schnalzen auf dem Dorfplatz und anschließendes Kranzlstechen mit Siegerehrung. Bereits bei seiner Einführung wurde eine fünfjährige Abfolge beschlossen. August und Barbara Rettenbacher beschreiben den ersten Kolomaniritt vom 2. Oktober 1960: „Geritten wurde vom Straßeneinschnitt gegen Unterbernegg herauf. 26 Reiter. 1. Preis gewann August Rettenbacher von Lienbach. Es waren bei 2000 Zuschauer.”[2062]
Die Reiter- und Schnalzergruppe St. Koloman hat es sich zum Ziel gesetzt, dass der Kolomaniritt ein Fest der Dorfbewohner bleiben und nicht zum Touristenspektakel werden soll. Es ist der Gruppe daher ein besonderes Anliegen, dass viele Pferdebesitzer aus dem Ort und den Nachbargemeinden am Ritt zu Ehren des Viehpatrons teilnehmen. Mehr als 60 Reiter konnte die Reiter- und Schnalzergruppe St. Koloman beim letzten Kolomaniritt im Jahr 2000 begrüßen.
„Gott wird Euch geben Glück und Segen
in Haus und Stall und überall.
Bei Ross und Kuh, bei Schaf und Schwein,
das soll der Heilige Leonhard sein.”
Der Heilige Leonhard (6. November) gilt als Bindeglied zwischen dem bäuerlichen Menschen und dem Herrgott. Er ist einer der bedeutendsten Heiligen und früher hieß es: „Beim großen Vieh hilft der Leonhard, beim kleinen tut's der Georg auch.”
Der Legende nach war der Heilige Leonhard (die Vita entstand erst 1030) um das Jahr 500 am Hofe des Königs Chlodwig von Franken. Als Leonhard der Königin erfolgreich Geburtshilfe geleistete hatte, erfüllte ihm Chlodwig einen Wunsch. Leonhard erbat die Freilassung von Gefangenen. Daher gilt der Heilige Leonhard als Schutzpatron der schwangeren Frauen und der Gefangenen. Viele freigelassene Gefangene pilgerten später zu den Leonhardskirchen und brachten als Votivgaben Gefangenenketten mit. Aus diesen und anderen Votivgaben wurden Eisenketten gemacht und mit diesen die Leonhardskirchen zusammengeschmiedet. Im Lauf der Zeit deuteten die Bauern diese Ketten als jene, mit denen das Vieh im Stall festgemacht wurde. Das Umgürten von Heiligtümern ist schon aus der Antike bekannt. Damit eng verbunden war das Umschreiten einer Kultstätte, es sollte die Hilfesuchenden an das Heiligtum binden. Früher wurden Leonhardskirchen (und auch Stefanskirchen) aus diesem Grund umritten, um sich und die Tiere vor Unglücksfällen und Not zu schützen.[2063] Die Volksmeinung deutete dann die Leonhardiketten als Verstärkung der Kraft des Heiligen um.
Bald gewann der Heilige Leonhard bei den Bauern als Schutzpatron für Hof und Stall großes Ansehen, denn der Verlust eines Arbeitspferdes konnte in der vorindustriellen Zeit den Ruin des Bauern bedeuten. Nicht nur wegen der schlimmen Viehseuchen im 18. Jahrhundert sondern auch durch kirchliche Förderung im Sinne der katholischen Restauration des 16. und 17. Jahrhunderts entwickelten sich die ursprünglichen privaten Bittgänge zu großen Wallfahrten.[2064]
Zwischen 1772–1792 verbot Erzbischof Hieronymus Colloredo zahlreiche Bräuche, doch nach Jahrzehnten wurden viele wieder aufgenommen, andere in Anlehnung ganz umgestaltet. So auch der Leonhardiritt, der sich heute in mehreren Orten des Landes Salzburg großer Beliebtheit erfreut. Zahlreiche Reitergruppen aus nah und fern nehmen an den Leonhardiritten teil, um für sich und ihre Pferde den Segen zu erbitten. Bekannt sind die Leonhardiritte in Aufhausen (Gemeinde Piesendorf), Hüttau, Irrsdorf (Gemeinde Strasswalchen), St. Leonhard (Gemeinde Grödig), Uttendorf und Tamsweg. Den Anfang eines Leonhardifestes macht heute nach dem Empfang der Reitergruppen der Flurumritt. Unter reger Beteiligung der Bevölkerung machen sich Reiter und Gespannfahrer gemeinsam mit der Musikkapelle und anderen örtlichen Vereinen, wie Schützenkompanie oder Trachtenfrauen, auf den Weg. In St. Leonhard bei Grödig führen der Priester und die Ministranten die Figur des Heiligen Leonhard mit. In Aufhausen, Filialkirche zum Heiligen Leonhard, ist der Geistliche hoch zu Ross dabei und in Irrsdorf fährt man ihn in der Kutsche. Anschließend feiern alle gemeinsam den Gottesdienst auf der Festwiese und der Priester segnet die Pferde. Wie bei jedem Reiterfest dürfen auch beim Leonhardiritt die Reiterspiele nicht fehlen. Kranzlstechen, Sesselreiten oder Blochziehen bilden den „weltlichen” Teil des Festes und die erfolgreichen Teilnehmer können sich über einen schönen Preis freuen.
In der Erzdiözese Salzburg sind elf Pfarrkirchen (teils Doppelpatrozinien) und ebenso viele Filialen dem Heiligen Leonhard geweiht, wobei viele von ihnen auch einen Bezug zum Bergbau haben. Viele dieser Kirche liegen auch an Handelsknotenpunkten (Mittersill, Gerlos, St. Leonhard bei Tamsweg, Bruck am Ziller und Lofer): Darin verknüpfen sich die Patronate über Soldaten, Reisende und Gefangene mit jenen der Eisenverarbeitung bzw. des Eisengebrauchs (Fuhrleute, Wagner, Binder, Schmiede, Reiter). Die Pfarrkirche von St. Michael im Lungau beherbergt ein Leonhards-Fresko von 1240.[2065]
Aufhausen wurde schon zu Beginn des 16. Jahrhunderts vergrößert, das Hochaltarbild von 1719 (J. Zanusi) zeigt den Heiligen Leonhard in erster Linie als Viehpatron. Die Votivbilder ab 1760 waren 1937 nicht mehr auffindbar. Im 18. Jahrhundert war Aufhausen eine bedeutende Pinzgauer Viehwallfahrt.
St. Leonhard bei Grödig (früher auch St. Leonhard bei Grafengaden bzw. am hangenden Stein genannt) wird 1407 erstmalig urkundlich genannt, ist aber bereits eine Wallfahrt des 13. Jahrhunderts. Bedeutungsvoll ist das Hochaltarbild vom 1692 (bez. Joh. Wolf Hofler), das den Heiligen Leonhard mit allen seinen Patronaten zeigt: Blinde, Besessene, Gefangene, eine Mutter mit krankem Säugling, ein Blinder mit Glöckchen sowie Bauer und Bäuerin mit Vieh werden dargestellt. Als Wallfahrtsmotive der letzten Jahrhunderte sind aber in erster Linie die „bäuerlichen Belange” im Vordergrund. Noch in der Mitte des 19. Jahrhunderts waren bedeutsame und umfangreiche Votivsammlungen in der Kirche: Ritter in Eisen (Gefangenenpatronat), Hufeisen, Lungen aus Wachs, Wachstiere. 1956 wurden noch Wachstiere und Kerzen geopfert, hinter dem Hochaltar war die eiserne Kette in Verwahrung und eine Sammlung schöner Votivbilder, dessen jüngstes von 1720 stammt. Noch um 1905 waren viele Devotionalienbuden ganzjährig um die Kirche herum, 1956 gab es sie noch an den Wallfahrtstagen. Heute besuchen nur noch Kirtagsfieranten (Markthändler) den Markt am 1. September. Am Kirchtag wird auch ein Festzelt aufgestellt, Handwerker verkaufen ihre Waren und demonstrieren die Erzeugung. Bis 1900 wurde die Wallfahrt noch von Menschen aus ganz Salzburg und dem angrenzenden Bayern und Berchtesgaden besucht. 1956 fand in St. Leonhard am 1. September noch der traditionelle Viehmarkt, einer der bedeutendsten Salzburgs, statt, seit 1963 existiert er nicht mehr.
Noch 1958 gab es in der Pfarre Leogang den Leonhardiritt um die Kirche (ab 1323 Filialkirche, seit 1858 Pfarre; von 1513–1754 unter dem Patronat des heiligen Ägydius, ebenfalls unter anderem ein Viehpatron). Seit 1754 ist die Leonhardskirche – oberhalb der Fenster – mit einer Eisenkette umgürtet (ein Stich von 1760 zeigt sie), die die Frauen für die Rückkehr ihrer Männer aus dem Krieg (fälschlich Franzosenkriege) stifteten. Pfarrer Lahnsteiner nannte die Kette ein „Ehrungsattribut” und verwies auch die Bezeichnung „Franzosenkriege” ins Reich der Legende, denn diese fanden 1800 und 1809 statt. Das heißt allerdings, dass die Bevölkerung in späterer Zeit eine ältere Sage mit den damals aktuellen Kriegen wieder verknüpfte und so weiter kolportierte. „Mit seiner großen Ketten / Tut Leanhascht Leut und Vieh erretten“, heißt es in Leogang. Leogang hat heute die einzige Kirche in der Erzdiözese Salzburg, die noch umgürtet ist. 1731 war Leogang ein Zentrum der Protestanten, die Gegensätze kulminierten, so dass die Pfleger alle Schützen entwaffnen ließen. Im selben Jahr wurden die Protestanten des Landes verwiesen. Auch in diesem Zusammenhang ist ein Beginn oder eine Verstärkung der Leonhardiwallfahrt, im Sinne der katholischen Restauration, zu sehen. Heute findet der Leonhardiritt nicht mehr statt, er fand zwischen 1958 und 1960 – mit dem Niedergang der bäuerlichen Pferdehaltung – ein Ende, obwohl sich Bürgermeister Leonhard Tribuser und Frau Käthe Talmann darum große Verdienste erworben hatten. Zum Leonhardiritt kamen früher alle mit Vieh arbeitenden Personen aus dem ganzen Mitterpinzgau. Der Pfarrer ritt in dieser Prozession selbst mit und zwei Personen figurierten die Heilige Barbara (als Hinweis auf die 3000-jährige Bergbaugeschichte Leogangs) und den Heiligen Leonhard. Heute denkt die Gemeinde wieder daran, den Ritt zu revitalisieren.[2066]
Auch die Leonhardikapelle der Filialkirche zur Heiligen Maria in Irrsdorf bei Strasswalchen erfreute sich im 18. und 19. Jahrhundert großer Aufmerksamkeit der Wallfahrer. Noch in der Mitte des 20. Jahrhunderts trieben und ritten am Leonhardstag Salzburger und Innviertler Bauern ihre Pferde am segnenden Priester vorbei.[2067]
Schon lange vor den Heiligen Leonhard und Georg verehrten die Menschen den Heilige Stephanus als Viehpatron. St. Stephanus (26. Dezember) war einer der sieben von den Aposteln in Jerusalem geweihten Diakone und er wurde als erster Märtyrer des Christentums vor den Toren Jerusalems zu Tode gesteinigt. 415 wurde sein Grab gefunden und Reliquien weitergegeben. Im Mittelalter gehörte er in Österreich und Deutschland zu den meist verehrten Heiligen. Dargestellt wird er immer als Diakon mit Palme, Buch und Steinen.[2068]
In Unken gilt der 26. Dezember als „der” Rosstag und die Rossbauern zahlen jährlich am Stefanietag ein Messopfer für ihren Rossheiligen aus.[2069] Im Jahr 2000 beschlossen einige Unkener Bauern – um Martin Friedl und Sebastian Wimmer -, zu Ehren des Heiligen Stephanus den Brauch der Pferdeweihe wieder aufleben zu lassen und ein Stefaniereiten zu veranstalten.[2070] Das Unkener Stefaniereiten verläuft wie folgt: Ein Umzug mit Schlitten und Reitern zieht durch die Ortschaft Unken, darauf folgt die Pferdeweihe. Anschließend folgen die Wettbewerbe, nämlich Blochziehen, Geschicklichkeitsfahren der Schlitten mit Kranzlstechen, Kranzlstechen der Reiter, Seilziehen der Noriker gegen das Publikum. Die Vorstellung des Hufschmieds und verschiedener Reitdisziplinen, wie Westernreiten oder klassisches Reiten, erfreuen die Besucher. Mit dem Sesselreiten findet das Fest sein Ende.
Pferdewallfahrten am Stefanitag gab es 1958 auch in der Pfarrkirche St. Stefan in Schleedorf, die zum Kollegiatsstift Mattsee gehört. Das Votivbuch von 1707 nennt einen Pferdeumritt und den „Wallfahrtszuzug” gegen Viehkrankheiten.[2071] Franz Plainer, der Bürgermeister i.R. von Schleedorf, erinnert sich daran, dass bis etwa 1960 der Pferdeumritt existierte. Schließlich blieb jedoch nur der Kirchgang am Stefanitag und ein festliches Beisammensein der Bauern im Gasthaus über und heute hat sich dieses Fest ganz verloren.[2072]
Das Dreikönigsreiten stammt aus dem 16. Jahrhundert wie viele Volksbräuche, die gefördert von der katholischen Kirche die katholische Religion einüben und demonstrieren sollten. Dabei ziehen die Heiligen Drei Könige hoch zu Ross, begleitet von Sternträger, Pferdeführern und manchmal auch Fanfarenbläsern durch die Dörfer. Dieser Ritt wurde oft durch Kriege unterbrochen, aber in manchen Orten wird er wieder praktiziert,[2073] so zum Beispiel in Annaberg, Lungötz, Großarl und Hüttschlag.
Das Dreikönigsreiten gibt es in Annaberg seit 1949. Die Idee stammte von Sepp Oberauer, der auch den Bäcker Bascht Schilchegger, den Hinterzimmererbauer und den Hirscherbauer begeistern konnte. Sie stellten die Pferde zur Verfügung und Sepp Oberauer, Hans und Sepp Hedegger ritten als roter, gelber und schwarzer König singend von Haus zu Haus.
Später kam ein Vorreiter zur Gruppe. Seither blasen die Männer im Quartett (zwei Flügelhörner, zwei Posaunen) Weihnachtslieder und sammeln Geld für die Mission sowie die Pfarrgemeinden Annaberg und Lungötz. Am Beginn wurde der Ritt nur im Gebiet von Annaberg durchgeführt, doch später wurde er auf Lungötz ausgedehnt. Seit den 1960er Jahren ergänzt ein kleiner Mohr, auf einem Pony, mit Weihrauch die Reitergruppe. Wegen des zunehmenden Verkehrs werden die Pferde von Fußknechten, meistens den Pferdebesitzern, geführt. Über die einzelnen Stationen des Rittes entscheidet der Vorgeher.
Das Dreikönigreiten beginnt am 5. Jänner um 9.30 Uhr beim Lungötzer Hof in Lungötz. Ab 13.00 Uhr sind die Reiter in Annaberg und treffen gegen 17.00 Uhr bei der Kirche ein Eine kleine Andacht mit Totengedenken und das Lied „Stille Nacht – Heilige Nacht” beenden den Ritt. Die Pferde kommen heute vom Rothenhof, vom Kopf, vom Weinau und von Georg Bayer. Reiter sind die Söhne von Sepp Oberauer, Josef und Christian, Josef Labacher und Gerhard Eder. Marco Eder ist der Mohr und Christian Oberauer sein Fußknecht. Georg Lanzinger übernimmt die Aufgabe des Vorgehers, Günther Oberauer und Peter Labacher die der Sammler. Fußknechte der Könige sind Josef Schwarzenbacher, Thomas Lanner, Hias Hirscher und Christian Weinau. Für die Maske sorgt Lisi Schiefer.
Der „Rosspfarrer” Alois Dürlinger führte in seinen damaligen Pfarren Großarl und Hüttschlag Mitte der 1990er Jahre den Brauch des Dreikönigsreitens ein. Und obwohl Pfarrer Dürlinger mittlerweile nach Maria Alm gewechselt hat (wo es ab 2003 ebenfalls das Dreikönigsreiten geben wird), halten die Großarler und die Hüttschlager an diesem Brauch fest. Hoch zu Ross singen die Heiligen Drei Könige bei ihren Besuchen bei den Dorfbewohnern und am 6. Jänner nach der Messe nochmals auf dem Marktplatz.
Wichtiger und unerlässlicher Bestandteil eines jeden Reiterfestes sind die Reiterspiele. Reiterliches Können, Geschicklichkeit, aber auch Glück gehören dazu, um als Sieger aus dem Wettkampf hervorzugehen. Den erfolgreichen Teilnehmern winken meistens schöne Preise: ein Sack Hafer, Pferdezuckerl, ein Halfter oder auch einmal ein Fass Bier für den Reiter.
Das wohl bekannteste unter den Reiterspielen ist das Kranzlstechen. Auf einem Bogen, der zwischen zwei Pfählen gespannt wird, hängt an einem Haken ein Kranzerl aus Tannen- oder Fichtenreisig. Aufgabe des Reiters ist es, im Trab oder im Galopp (je nach Vorschrift) anzureiten und mit einem Stab das Kranzerl herunter zu stechen. Das Kranzlstechen ist Fixpunkt und krönender Abschluss jedes Reiterfestes, wobei verschiedene Varianten des Bewerbs gebräuchlich sind. Allgemein gilt, dass die Wertung getrennt nach Pferderassen – Ponys und Kleinpferde, Warmblut, Noriker – erfolgt.
Folgende Formen sind üblich: Das Kranzlstechen auf Zeit: Sieger ist, wer die schnellste Zeit erzielt und das Kranzerl auch ins Ziel gebracht hat. Das Kranzlstechen auf Höhe: Nach jedem Durchgang wird das Kranzerl ein Stück höher gehängt. Jeder Reiter bleibt so lange im Rennen, bis er das Kranzerl nicht mehr erwischt. Sieger ist, wer als Letzter überbleibt. Das Kranzlstechen mit Hindernisparcours: Hier sind ein oder auch mehrere Kranzerl in einem Hindernisparcours eingebaut. Sieger ist, wer die vorgeschriebene Anzahl Kranzerl in der kürzesten Zeit ins Ziel bringt und beim Parcours keine Fehler gemacht hat.
Ein besonders lustiges Kranzlstechen dieser Art veranstaltete die Piesendorfer Reitergruppe beim Leonhardiritt in Aufhausen im Herbst 2002. Den Ausgangspunkt beim Kranzlstechen in Aufhausen bildete ein Portal aus Strohballen. So mancher Reiter hatte seine liebe Not dabei, das Pferd durch dieses ungewöhnliche Tor hindurch zu treiben. Hatten Ross und Reiter dieses Hindernis endlich gemeistert, galt es ein Kranzerl, etwa in 1,50 m Höhe, herunter zu stechen und auf dem weiteren Ritt mitzuführen. Das zweite Kranzerl hing dann schon bedeutend höher, doch der geübte Kranzlstecher nahm auch dieses Kranzerl mit. Den Abschluss des Parcours bildete ein kleiner Sprung. In die Wertung kamen alle Reiter, die den Parcours im Trab durchritten, alle Hindernisse gemeistert hatten sowie mindestens ein Kranzerl ins Ziel brachten. Die Platzierung erfolgte nach Zeit, wobei für „kleinere” Fehler, die nicht ein Ausscheiden des Reiters zur Folge hatten, Strafsekunden vergeben wurden.
Das Blochziehen, aus der Arbeit des Holztransportes abgeleitet und schon im 18. Jahrhundert auch unter den Faschingsspielen verwendet, ist heute ein Bewerb für Noriker- und Haflingerpferde mit zwei verschiedenen Formen. Eine heute schon seltenere Variante ist der Schwerzug: Hier gilt es 100–150 kg schwere Holzbloche über eine vorgeschriebene Strecke bis zum Ziel durchzuziehen. Jedes Pferd, das die Aufgabe erfüllt hat, darf beim nächsten Durchgang mitmachen. Dabei wird immer ein zusätzlicher Bloch angehängt. Für den Pferdeführer gilt: er darf keine Peitsche verwenden und das Pferd nicht schlagen.
Häufiger ist das Schwachholzrücken: Beim Schwachholzrücken besteht die Aufgabe darin, einen 150 kg schweren Bloch über einen abgesteckten Parcours bis ins Ziel zu ziehen. Bewertet werden die Zeit und eventuelle Strafpunkte. Auch hier gilt für den Pferdeführer: keine Peitsche und nicht schlagen. Das Pferd wird am Stoßzügel („Oalachgloat” oder „Oalachwaller”) oder an der Leine („Zwoalachgloat”, „Doppelgloat” oder „Doppelwaller”) geführt. Wichtig sind ein genaues Arbeiten und ein harmonisches Zusammenspiel von Pferd und Pferdeführer. International messen die Teilnehmer beim Alpenchampionat ihr Können. Beim Kuchler Rossertag im Herbst 2002 konnten die Zuschauer ein äußerst spannendes Schwachholzrücken verfolgen.
Ein besonderes „Einspänner Schwerziehen” veranstalten die Historischen Leonhardireiter und -schützen von Irrsdorf. Sie hängen dem Pferd eine Eisenplatte an, für deren nötige Schwere die Leonhardischützen selbst sorgen.
Das Sesselreiten zu Pferd ist dem Sesseltanz ähnlich. Für das Spiel wird eine bestimmte Anzahl Sessel – immer einer weniger als Reiter teilnehmen – in einem Kreis aufgestellt. Die Reiter müssen nun im Kreis um diese Sessel in einem flotten Tempo, meistens im Trab, herumreiten. Währenddessen spielt der Spielleiter Musik ein. Wenn aber die Musik stoppt, müssen die Reiter rasch aus dem Sattel springen und sich auf einen Sessel setzen. Wer keinen Sessel erwischt, scheidet aus und ein Sessel kommt weg. Sieger ist, wer auf dem letzten Sessel sitzt.
In seinem Buch „Salzburger Volksbräuche”[2077] beschreibt Karl Zinnburg noch zwei weitere Reiterspiele:
Das Fasslschlagen: Dazu wird über eine feste Stange, etwa in der Höhe der Schulter des Reiters, ein 50-Liter-Fass gestülpt, das mit Bändern reich geschmückt ist. Die Reiter halten in der rechten Hand einen festen, eigenartig geformten Knüppel, mit dem sie aus dem Galopp heraus kräftig auf das Fass schlagen. Nur ein geübter Reiter trifft es. Sieger ist der, bei dem das Fass in seine Bestandteile zerfällt.
Das Krügelreiten: Die Teilnehmer müssen das Pferd mit einer Hand leiten; in die andere Hand bekommen sie ein Bierkrügel aus Glas, das bis zum Füllstrich mit Wasser gefüllt wird. Dann haben die Reiter eine vorgegebene Strecke – möglichst schnell – zurückzulegen. Wer am Ziel noch am meisten Wasser in seinem Krug hat, ist Sieger. Manche können jedoch nur einen leeren Krug vorweisen und sind des Spottes der Umstehenden sicher.
Seit Beginn der 1980er Jahre finden regelmäßig im Raum Saalfelden, Maishofen sowie im Gebiet von Kaprun, Piesendorf und Uttendorf im Winter Pferdeschlitten-Sternfahrten statt. Von Sternfahrten spricht man, weil die Schlittengespanne aus den verschiedenen Richtungen sternförmig zu einem vereinbarten Treffpunkt kommen. Acht bis 14 Leute nehmen auf den Schlitten Platz, auf manchen fährt sogar eine eigene Musik mit. Dass das eine „Mordsgaudi” ist, versteht sich von selbst. Der tiefere Sinn dieser Sternfahrten ist, dass die Pferde wieder mehr eingespannt werden und sich so die notwendige Kondition aufbauen können. Es bleiben aber auch Geschirr und Schlitten in Schuss. Mittlerweile ist das „Pinzgauer Pferdeleben” ohne diese Schlittenfahrten, die inzwischen auch zu touristischen Attraktionen geworden sind, nicht mehr vorstellbar.[2078] Auch in Golling findet jährlich eine Pferdeschlitten-Sternfahrt ins Bluntautal statt.
Einen Sternritt durch den Ort veranstaltet die URG (Union-Reitergruppe) St. Veit im Pongau jedes Jahr am 24. Dezember. Dabei treffen sich alle Reiterinnen und Reiter aus St. Veit und Umgebung um 9.00 Uhr in der Früh beim Pfarrhof, wo sie das Friedenslicht abholen. Aufgeteilt in drei Gruppen verteilen die Reiter das Licht in St. Veit. Diese Gruppen werden mittags von drei gastfreundlichen St. Veiter Familien zu einem Paar Würstel, Tee und Keksen eingeladen. Gegen 16.00 Uhr kehren die Reiter wieder zu den Ställen zurück. Für das Vorbeibringen des Friedenslichtes nehmen die St. Veiter gerne Spenden an, von denen eine Hälfte einem „guten Zweck” zukommt, die andere Hälfte der Vereinskassa.[2079]
Im ganzen Pinzgau ist das „Hochzeitseisschießen” bekannt. Wenn Braut und Bräutigam aus zwei verschiedenen Pinzgauer Orten stammen, findet im Winter nach der Hochzeit das so genannte „Hochzeitseisschießen” im neuen Heimatort der Braut bzw. jungen Ehefrau statt. Die „gegnerische” Mannschaft, aus dem Heimatort der Frau, reist mit Pferdeschlitten an. Als Preis stiftet das Brautpaar ein Schaf, einen Widder oder einen Geißbock. Dieses Tier ist schon während des Preisschießens in der Gaststube und wird dann von den Siegern am Abend versteigert. Den Erlös verwenden die Gewinner für ein ordentliches Festmahl.[2080]
Wenn Dienstboten früher im Dezember vom Bauern noch nicht gefragt worden waren, ob sie bleiben wollten, so wussten sie, dass sie gleichsam gekündigt waren und mussten sich um einen neuen Platz umsehen. Dienstboten mussten schauen, ob „bei einem Bauern etwas locker wird”, ob eine Stelle frei würde. Der Bauer hingegen „bekam Wind davon”, dass der eine oder andere Dienstbote wechseln wollte. Hatte ein Bauer Interesse an einem Dienstboten, so wurde dieser gleich am Sonntag nach der Kirche gefragt. So war die Kirche früher auch als Kommunikationsort und Arbeitsmarkt wichtig. Wer eine neue Stelle antrat oder Abschied nahm, der bekam zwischen 31. Jänner und 2. Februar ein gutes Schlenkermahl und „stand aus oder ein”. Am Tag vor Mariä Lichtmess wurde zusammengepackt, am Lichtmesstag (2. Februar) wurde ausbezahlt. Der Bauer, der der nächste Arbeitgeber war, kam dann mit dem Ross und holte den Knecht oder die Dirn mit „Koffer und Kastl”, Truhe und „Sack und Pack” ab. Am 3. Februar (Blasiustag) war der „Einstehtag”, da wurde schon mit der Arbeit begonnen. Wer noch keinen neuen Arbeitsplatz hatte, musste vor Lichtmess „den Löffel aufstecken” (an den Hut stecken), als Zeichen, dass er noch zu haben sei.[2081]
In Erinnerung an diesen Brauch führen die Großarler Klöcker und Herreiter seit 1996 am Wochenende um St. Blasius die Blasius-Schlenkerfahrt durch. Um 9.00 Uhr treffen die Gespannfahrer aus verschiedenen Orten – wie Großarl, Hüttschlag, St. Johann, St. Veit oder Goldegg – beim Talwirt in Hüttschlag zusammen. Gestärkt mit einer ordentlichen Portion Muas machen sich die Schlitten dann gemeinsam auf den Weg zu einer Winterausfahrt durch das Großarltal. Dabei wird musiziert, gesungen und gelacht. Gegen 14.00 Uhr treffen sie dann am Marktplatz in Großarl ein und beenden bei einem gemütlichen „Roßhoagascht” (Hoagascht ist ein fröhliches Beisammensein) die Blasius Schlenkerfahrt.
Als die Zeller um 1900 die erste Pinzgauer Trachtenschlittenfahrt durchführten, geschah dies, um den Wintergästen eine attraktive Unterhaltung bieten zu können. Dieses Großereignis fand zum Teil in den Straßen von Zell, aber auch auf dem zugefrorenen See, der mit seiner dicken Eisschicht ideale Voraussetzungen schaffte, statt. Die teilnehmenden Bauern kamen von den umliegenden Höfen und von den Nachbarorten mit ihren Goasslschlitten (eine besonders schmale Schlittenform für ein bis zwei Personen, die hintereinander am Goassl = Bock, von Geißbock, „ritten”), Böndl- (eigentlich Pendelschlitten, da mit schwingendem Korb)schlitten (kleiner Schlitten zum Ausfahren, meist mit nur einer Sitzbank) oder zweispannigen Fuhrschlitten (zum Mist- oder Heufahren).
Selbstverständlich verlangte der festliche Anlass das Tragen der Alt- oder Festtagstracht. Diese Bestimmung führt uns in die frühe Trachtenvereinsbewegung der Entstehungszeit dieser Schlittenfahrt. Das Wort „Alttracht” wurde von den bayerischen und salzburgischen Trachtenvereinen jener Zeit geprägt; sie verstanden darunter historische Trachten des 19. Jahrhunderts, im Gegensatz zu den „erneuerten”, für den täglichen Gebrauch entwickelten neuen Vereinstrachten.[2083] Für die vielen Besucher bildeten die herrlichen Gespanne, die funkelnden Geschirre, die kunstvoll geschnitzten Schlitten und die prächtigen Norikerpferde eine besondere Augenweide. Durchgeführt wurden die Veranstaltungen alle drei bis sechs Jahre, denn die Bauern sagten: „Was guat is – muaß rar sein.” Und so halten sich auch die heutigen Organisatoren an diesen Zeitrahmen.
Von äußerst prunkvollen Pferdeschlittenfahrten wird anlässlich des ersten Wintersportfestes (1906), der Stadterhebungsfeier (1928) und der Akademischen Winterspiele (1937) berichtet. Im Jahr 1933 trotzten die Veranstalter dem starken Regen und führten ein Pferderennen mit anschließendem „Trachtenschaufahren” durch – die Jahre 1933 und 1934 waren jene, in denen die Salzburger Trachtenmode die internationalen Modemessen erstmals erobert hatte. Pferde und Zuschauer standen damals knöcheltief im eiskalten Wasser.
Nach einer Unterbrechung durch die NS-Zeit (Vereins- und Veranstaltungsverbote des NS-Regimes, Probleme durch den Zweiten Weltkrieg) veranstalteten die Zeller von 1945 bis 1963 noch einige Trachtenschlittenfahrten auf dem Zeller See. Doch wegen zunehmend schlechterer Eisverhältnisse durften keine Großveranstaltungen auf dem See mehr durchgeführt werden. Auch der Rückgang des Pferdebestandes der Pinzgauer Bauern verhinderte eine Pferdeveranstaltung in diesem Ausmaß.
Als in den 1970er Jahren die Mitglieder des Porsche Reitclubs Zell am See am Südufer des Zeller Sees wieder Trab- und Galopprennen veranstalteten, wurde 1978 im Rahmen eines solchen Pferderennens der Versuch gestartet, ein Trachtenschlittenfahren in der Art von 1900 durchzuführen. Der große Erfolg gab den Organisatoren Recht und so gab es in den folgenden Jahren Veranstaltungen in den Straßen von Zell am See mit über 80 Gespannen und mehr als 15.000 Zuschauern.
An der wohl größten und prächtigsten Trachtenschlittenfahrt am 2. Februar 1997 nahmen über 100 Schlittengefährte, mehr als 150 Norikerpferde und etwa 800 Pinzgauer aus bäuerlichen Familien, manche schon in fünfter Generation, teil. Reitergruppen aus Piesendorf, Kaprun, Bruck, Fusch, St. Georgen-Gries, Niedernsill, Uttendorf, Maishofen, Maria Alm, Saalfelden, Weißbach, Unken und Zell am See stellten unterschiedliche Themen dar, wie Bergsteiger abholen, Markt fahren, Christkindl schau'n fahren, Pfarrer zur Hauslehre holen, Hebamme holen, Schlenkerfahrt (auch „Schlenggafahrt” in der Pinzgauer Mundart) oder einen ganzen Hochzeitszug mit Brautpaar, Hochzeitslader, -musik und -gästen.
Das Zeller Trachtenschlittenfahren ist durch den Einsatz „brauchtumsbewusster” Pinzgauer wieder zu einem Fest geworden, das Besucher aus nah und fern nach Zell am See lockt. Es zeigt sich, dass die Bauern die Liebe zu den Pferden neu entdeckt haben und jeder bestrebt ist, wenigstens wieder ein Pferd am Hof zu haben. Darüber hinaus entspricht die Liebe zu den Pferden einem allgemeinen Trend unserer Zeit.
[2033] Bearbeitet von Ulrike Kammerhofer-Aggermann.
[2035] Der Originaltext „Guten dag in aller fruh. Und fare frisch dem Brauthaus zu. Sez dich auf in frischen mut. Nim die beize in die hant und kleke gut.” ist eingeschnitzt in einem historischen Peitschenstiel, den die Großarler Klöcker und Herreiter verwahren.
[2036] [Gehwolf 2002], S. 72.
[2037] [RettenbacherA/RettenbacherB 1982], S. 410.
[2038] Mündliche Mitteilung von Rothenhofbauer Johann Hirscher, Obmann der Reiter- und Schnalzergruppe Annaberg. [Grünn 1980]; [Schuller 1989].
[2039] Mündliche Mitteilung von Johann Struber, Obmann der Reiter- und Schnalzergruppe Kuchl; Johann Höllbacher, Obmann der Reiter- und Schnalzergruppe St. Koloman; Peter Egger, Obmann der Großarler Klöcker und Herreiter; Franz Walchhofer, Obmann der Schnalzergruppe Altenmarkt.
[2041] Mündliche Mitteilung von Johann Höllbacher, Obmann der Reiter- und Schnalzergruppe St. Koloman.
[2042] [Schmeller 1985]. Bd. II/1, Sp. 558f. und 561f.; vgl. [Kluge 1975], S. 665.
[2044] Mündliche Mitteilung von Peter Egger, Obmann der Großarler Klöcker und Herreiter.
[2045] Wahlspruch der St. Johanner Fuhrmannsgoaßlschnalzer und Vorreiter.
[2046] Mündliche Mitteilung von Hubert Holleis, Obmann der St. Johanner Fuhrmannsgoaßlschnalzer und Vorreiter; Albrecht Reinhard, Obmann der Wolfsberger Goaßlschnalzer/Chiemgau.
[2048] Mündliche Mitteilung von Hubert Holleis, Obmann des St. Johanner Fuhrmannsgoaßlschnalzer und Vorreitervereins.
[2049] Vgl. [Kammerhofer-Aggermann 2002d].
[2050] [Zinnburg 1977], S. 250.
[2051] [Lexikon für Theologie 1957]. Bd. 8, Sp. 417f.
[2052] [RettenbacherA/RettenbacherB 1982], S. 408–410.
[2053] Cremers, Birgit: Gelebtes Brauchtum. Unter: www.mess-s-antonio.it [Anm. Zum Zeitpunkt der Publikation nicht mehr online.].
[2054] [Meingast 1982], S. 78–83; [BraunJ 1943], Sp. 283–289.
[2055] Mitteilung von Marianne Zemann, Obmann Stellvertreterin der Reitergruppe St. Georgen im Pinzgau.
[2057] [Gugitz 1958]. Bd. 5, S. 213.
[2058] Freundliche Mitteilung der Gemeinde St. Georgen bei Oberndorf und von Hw. Herrn Pfarrer Ignaz Binggl an das Salzburger Landesinstitut für Volkskunde (SLIVK), am 14. und 21.7.2003.
[2059] [Gugitz 1958]. Bd. 5, S. 199, S. 168f.
[2060] [WimmerO], S. 188; [BraunJ 1943], Sp. 428–430.
[2061] [Gugitz 1958]. Bd. 5, S. 201f.
[2062] [RettenbacherA/RettenbacherB 1982], S. 410.
[2063] Universität Innsbruck. Volkskunde Infoservice. www.uibk.ac.at.
[2064] Cremers, Birgit: Gelebtes Brauchtum. In: www.mess-s-antonio.it [Anm. Zum Zeitpunkt der Publikation nicht mehr online.].
[2066] Freundliche Mitteilung an das Salzburger Landesinstitut für Volkskunde (SLIVK) von Herrn Pfarrer von Leogang und Herrn Amtsleiter Hermann Mayrhofer der Gemeinde Leogang am 16.7.2003. Vgl. [Lahnsteiner 1980], S. 300–308.
[2067] [Gugitz 1958]. Bd. 5, S. 150, S. 202f., S. 174f., S. 167; Für freundliche Auskünfte an das Salzburger Landesinstitut für Volkskunde (SLIVK) danken wir dem Fremdenverkehrsverband Gartenau bei St. Leonhard, 15.7.2003.
[2068] [WimmerO], S. 266f.; [BraunJ 1943], Sp. 675–678.
[2069] Mündliche Mitteilung von Martin Friedl, Unken.
[2070] Mitteilung von Sabine Möschl, Unken.
[2071] [Gugitz 1958]. Bd. 5, S. 206.
[2072] Freundliche Mitteilung von Herrn Bürgermeister i.R. Franz Plainer, am 14.7.2003.
[2073] Information von Pfarrer Johannes Schörgmaier, Gemeinde Weissenkirchen/Perschling. In: Schaukasten. Dockner GmbH. Ausgabe 1/2002, S. 32.
[2074] Mündliche Mitteilung von Josef Oberauer und Georg Lanzinger, Obmann und Obmann-Stellvertreter der Dreikönigsreiter Annaberg.
[2075] Mündliche Mitteilung von Peter Egger, Obmann der Großarler Klöcker und Herreiter.
[2076] Mündliche Mitteilung von Johann Struber, Obmann der Reiter- und Schnalzergruppe Kuchl.
[2077] [Zinnburg 1977a], S. 248–249.
[2078] Mündliche Mitteilung von Wiedrechtshauser Anton Renn, Uttendorf und Jetzbachbauer Werner Neumayr, Fürth/Piesendorf.
[2079] Mitteilung von Stephanie Seer, Schriftführerin der URG St. Veit im Pongau.
[2080] Mündliche Mitteilung von Jetzbachbauer Werner Neumayr, Fürth/Piesendorf.
[2081] [Hierner/Schmiderer 1997], S. 60.