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6.6. Das Krimmler Nikolausspiel in Texten von Arthur Haberlandt

6.6.1. Kommentar von Ulrike Kammerhofer-Aggermann

Arthur Haberlandts Titel „Volkstümliches Überlieferungsgut in bäuerlichen Schauspielen in Krimml“ und seine Angaben zu den Sammlungsumständen – heute ist die Handschrift des Krimmler „Nikolausspieles“ im Österreichischen Museum für Volkskunde in Wien – führen uns in die 1930er-Jahre, in denen verschiedene nationale, deutschnationale und nationalsozialistische Gruppen „Volkstumsfahrten“ und „Kundfahrten“ in Österreich und den angrenzenden deutschsprachigen Gebieten bzw. gemischtsprachigen Regionen betrieben, um „Relikte von Volksüberlieferungen“ „im letzten Moment vor dem Verfall zu retten“. Dem Geist der Zeit entsprechend, verstand man alle Fortentwicklungen der Kultur, alle Kulturwanderungen durch Schichten, Zeiten und Länder, besonders aber jeden Kontakt zu städtischer oder gar katholischer Kultur als „Verfälschungen“, „Überformungen“ und Verzerrungen. So wurden auch die Krimmler Volksschauspiele unter dem Gedanken aufgezeichnet, ältere, kultische Schichten in ihnen zu finden und eine Stufe vor die „katholische Überformung“ – in heidnische Zeiten des „Hexen- und Dämonenspiels“ – zurückzugelangen. Die Sprache entspricht der instrumentalisierten Wertung und dem Sprachgebrauch jener Zeit und zeigt uns heute, wie durch den Einsatz von Sprache Sichtweisen untermauert werden können.

Auch wenn wir diese Vorstellungen heute als überholt und unhaltbar abtun, so bleiben uns dennoch die interessanten Texte, die Einflüsse vieler Stufen des europäischen Theaters (Friedrich Schillers „Kabale und Liebe“ im Soldatenspiel oder mittelalterliche Totentänze, Weihnachtsspiele und barocke Nikolausspiele) aufweisen. Die im Jesuitentheater gerne der himmlischen Hierarchie gegenübergestellte Hierarchie der Teufel fällt hier etwa auf. Im Krimmler Nikolausspiel heißen sie „Luzifer“, „Teufel bzw. Teifl“, „Höllgsandter“ und „Klaubauf“. Und auch der heilige Nikolaus führt ein fürstliches Gefolge mit, den „Vorläufer“, „Bedienten“, „Schutzengel“ und sogar den Erzengel „Michael“, der laut Genesis mit seinem Flammenschwert den untreuen gefallenen Engel Luzifer für ewig in die Hölle stürzt. Das ist auch der Grund, dass Luzifer in barocken Darstellungen immer geflügelt dargestellt wird. Auch in diesem Spiel erinnert Sankt Michael an diesen Sturz, besiegt Luzifer und wird seiner Rolle als Seelenwäger und Seelenführer gerecht.

Über den Erwerb der Spielhandschrift zum „Nikolausspiel“ schreibt Arthur Haberlandt: „Eine erste Kundfahrt, die im Oktober dieses Jahres (gemeint 1938) nach Krimml unternommen werden konnte, brachte das Museum unter anderm in den Besitz der Handschrift eines ‚Nikolausspiels‘, die Rupert Wechselberger, bis über die Jahrhundertwende hinaus Spruchsprecher, Hochzeitsansager und Führer einer bäuerlichen Spielschar am Ort, nach dem Jahre 1894 für sich selbst anfertigt hat. Auf das Vorhandensein einer solchen Niederschrift hat schon im I. Jahrgang der ‚Zeitschrift für österreichische Volkskunde‘ 1895 (S. 43) Dr. W. Hein bei Veröffentlichung des Krimmler ‚Hexenspiels‘ hingewiesen und vermerkt, daß er von ihr eine Abschrift angefertigt habe. Dr. Hein veröffentlichte bald hernach auch ein ‚Faustus-Spill‘ aus der Prettau – leider in einem Blatt, in dem es der Volksforschung so gut wie unbekannt bleiben mußte (‚Das Wissen für Alle‘, I. Jahrgang, Wien o. J., Nr. 36–40). Doch hat Alfred Frh. v. Berger bereits im I. Jahrg. der Zeitschr. f. österr. Volkskunde, S. 97ff. ‚Das Puppenspiel vom Doktor Faust‘ insgemein mit Inhaltsangabe des alpenländischen Spiels in so hochgestimmter Weise gewürdigt, daß damit weitere Kreise der Spielforschung zur Beachtung dessen aufgerufen erschienen.“

Über die sehr wahrscheinliche Herkunft der Spiele aus der Prettau im Tiroler A(h)rntal über den Sägewerksarbeiter Klammer berichtet Haberlandt in „Volkstümliche Schauspiele in Krimml (Salzburg)“, in welcher Publikation er auch die Texte des Spieles „Liebe und Krawall“ wiedergibt. Klammer wanderte als Arbeitsmigrant nach der Mitte des Jahrhunderts nach Krimml und erwarb dort 1886 den Liendlhof. Über ihn, seinen Sohn Franz Klammer, sowie über Peter Wechselberger, vulgo Mörtlbauer aus Krimml (1848–1926), entstand in Krimml ein neues Spielzentrum. Die Prettau als Bergbaugebiet hatte ihrerseits lang dauernde Kontakte zu anderen Bergbauregionen.

Die Sprache der Spiele spricht für diese Darlegung und lässt Überlegungen, ob es ältere Einflüsse zu Zeiten des Passweges über die Birnlücke gegeben hat, ausscheiden. Diese Wanderung von Spielen und Masken über die Arbeitsmigration eines Spielers ist ein typisches Beispiel für den europäischen Kulturtransfer vergangener Jahrhunderte. Wandernde Schauspielertruppen ebenso wie Spieler, Sänger und Musikanten im Nebenerwerb, verbreiteten vielfach kulturelle Inhalte und Formen. Prägende Persönlichkeiten unter den Ausführenden wie Einflüsse aus dem neuen Umfeld führten so zu den „typischen“ regionalen Sonderformen.

Vom „bislang unveröffentlichten ‚Nikolausspiel‘“ sind in Krimml zwei, wenn nicht mehr Handschriften überliefert, „[...] die nicht ganz die gleiche Fassung aufweisen sollen. Es wurde eben bis in die jüngste Zeit lebendig weitergegeben [...]“. Haberlandt stellt im Tenor seiner Zeit eine „nichtssagende katechetische Erweiterung“ fest, von der er vieles, wie er in den Kommentar schreibt, nicht aufzeichnete. Auch darin wird das nationalsozialistische Streben nach „Germanisierung“ sichtbar. „[...] Der Spieltext der nachstehend aus dem angeführten Grund nur auszugsweise dargeboten wird, ist in einem als Stammbuch ihm gewidmeten Büchlein in nettem Saffianeinband von Wechselberger sichtlich in zeitlichen Abständen eingetragen worden; es trägt eingangs den Vermerk: ‚Eigenthum des Rupert Wechselberger vulgo Möschtl Ruap in Krimml. Ein Geschenk von Freilein Margaret Wezl, Tochter des Professors Ernst Wezl von Obergimnasium in Berlin. Mein bester Spender und Unfergesslicher Freund u. Bergsteiger Colege. Höchste Tour Grossvinediger. Gott habe ihn Seelig Auf Widersehn im Jenseits‘ und ist ihm mit einer Widmung zu Weihnachten 1894 und einem Verslein auf dem ersten Blatt ‚Zur frdl. Erinnerung an Margaret Wezel Berlin d. 29. Dez. 1894‘ zugekommen.“

6.6.2. (Das Krimmler) Nikolausspiel

6.6.2.1. Nikolausspiel – Erlösung von Strafe und Höllenqual

I. Gendarm

Heit hab ich was neus vernuhm

hab gesehn Giltige Herrn kum

Sie stehn draussn in der Fern

Und wolln in dises Haus einkehrn

Kehrt die Stuben fleissig aus

Trägt die Räder gschwindt hinaus

Klaubt die Spitzen fleissig zam

Und lasst den Rotz nicht unter die Nasen gang

Kinder öss gehts hintern Tisch

Damit ich keins am Bode(n) erwisch

Sonst reis ich äuch die Zotten aus

Und schmeiss euch bei der Thür hinaus

Und Bäurin dir muss i a woss sogn

Du musst gehn und gschwindt geh zwagn

Voruma thust dirs besser zam

Das wier uns bei dem Herschaft nit derfn Sham

Wen ihr gerichtet seid

So loden wier sie herein

Den werden Sie bald vorhanden sein

Nun Öhlträger kom herein.

II. Öhlträger

Gutten Abend liebe Blottersleut

Heit bin a wieder da

S Jahr einmal ist nit zviel

Geh kaufts mir ebas a

I hu Öhl Salmen nach der Wall

A Pulfer u. a Viterol

Und heut bin i so sau wohlfahl

Dass es Moanat i hus glei gstohln

Dai Bauan feit i gar nix an

Er hat die grösste Noth,

Er schaut an Jeden Kreutzer an

u. leit sich lieber todt

Mit die Knechte fang i a nix an

Das sog eink ohne Gschpass

Heute beim morgen zahln wird

der Geldbeutel a nit foast

Aber für die Dirndln

hab i an exteran Geist

Geh trinkts a Glasl voll

das trinkt afn Abend

u. in der Früh so werds

recht hübsch u. toll

Weiber känts nur her zu mir

Enk gib i s heut grod als

u. wen ihr wissat was i hätt

Nahmt ös mich um den Hals!

Weibe kömts nur her zu mir

Enk gib is heut grad umsonst

Ös greift um drei Kalin und Sätz

Das ist enk a koa Kunst

Ös macht grad dicke Köpf u. schaut

nu hamischr an ...(mi als sunst?)

Isch enk das a nit grecht

so lauf ich enk davon

I bin ganga an weiten Weg

von Brandberg bis daher

um tausend Gulden Wahr bei mir

o Leute das ist schwer

Das Joch das hat den Teufl gsehn

Der Weg das war ein Graus

Wind u. Schnee war auch daneben

O Leute das ist aus

Was hör i den do draussen für an Jaad

i glaub es müssen Gspenster sein

und sein thuats, war mein Noad

(erg ... Gendarm tritt herein!)

3. Gendarm

Du verfluchter Ohlträger

bist schon mehr da

Mit Dein verfluchten Warr

Öhltrager:

Bin weiter no nie da gewesen

Müssen wir den Pass durchlesen

Gendarm:

Koa Stempel, koa Unterschrift

schau dass aus dem Hause kimst

sist schlog i dir glei gor

Ist schon recht du verfluchter Lumpisknecht.

Bajatz. III

Pfui Teufl hat der Lapp an Gschra

Da bin i. Jesasdeixl da stinkt sein Dral(?) [Anm. Ka.: Tragl?]

Da hat wohl einer eben Öhlwerk feil

Von den Gstank thut mir nit fiel gfalla

Stinken thuts wie angebrannter Zillerthaller

I glab es thut mi anit betrügn

Weil sie Alle hamt müssen an Preis ziehn

Ober jetzt ist guter Fried u. thut uns wohl,

Den die Ohltrager homt den Leit,

Oft ebas gstohln

Die Gsunden hant sie krank gemacht

und die Kranken todt.

Ja da dat eba wohl es loben noth.

Haha Juhui, bin a lustiger Bustrabui.

Han Flöh an Gwandt u. Leis genui

Ja beissn thuts umadum

I muss schaua dass i aussi kum.

(Ende.)

„Das Auftreten des Ölträgers in der winterlichen Spinnstube erscheint nicht ohne ... Bedeutsamkeit. Er entspricht der Person des Salbenkrämers in mittelalterlichen weltlichen Szenen und geistlichen Spielen. Wie dieser preist er seine Ware den Frauen an, dies aber in einer erheblich urwüchsigeren Art, wobei auch die Verheißung von Gesundheit und Jugendkraft, die der Branntwein aus der Enzianwurzel, dem alten Heilkraut der Älpler, in volkstümlich schalkhafter Weise nur angedeutet bleibt, wogegen die alten Texte hierin manche derbe Ausartung zeigen. ...“

Vorläufer 4.

Macht auf ihr Eltern mein

Das ich euch will sagen

Nikolaus hat sich entschlossen

Die Kinder auszufragen

Wie sie unterrichtet sein

In Glaubenssachen und Christenlehr

Wen sie recht gut unterrichtet sein

Das freut uns allzusehr

Nun First der Heiligkeit

Bischof Nikolaus

Kom herein in dieses Haus

Und frag anstatt der Eltern

hier die Kinder aus.

Heiliger V.

(Hier folgte wohl die Befragung)

Die Kinder sein gut unterricht

In den Glaubenssachen da fehlt es nicht

Aber mit den Glauben allein

Will Gott nicht zufrieden sein ...

(folgt die katechetische Erläuterung 33 Verse und die Aufforderung:)

Bedienter bring die Gaben,

die wir gebracht

Sie habens alle verdient

sie habens gut gemacht.

Bedienter VI.

Bischof las dir noch was sagen

Thu zuvor die Eltern fragen

Ob sie mit ihren Kinderlein

Wohl recht zufrieden sein

Damit wir die Sach nit übertreiben

Wen man nur das halbe hört

Hört man nur den halben Theil

Heiliger VII.

Hausväter u. Hausmütter wie seid Ihr

Zufrieden mit eueren Kindern hier

Wen ihr über Sie zu klagen habt

Sagt es aufrichtig mir

Höllgsanter VIII.

Ein guter Heint ihr Herresleit

Das ihr heint hier zugegen seid

Habt ihr Zeit so hört mich an

Das ich auch ein Wort reden kann

Als Koniglicher Gsandter steh ich allhier

Ich hab schon Sig Brief u. Schild bei mir

Bedienter IX

Du hast schon Zeit

red nur fort

Sags frisch heraus

mach nit viel Wort

Höllgsanter X

Mein König hat mir aufgetragen

Zu erforschen u. nachzufragen

Was anheit das Ding bedeut

Das ihr auf Erden zgegen seid

Es kommt mir vor recht wunderlich

Das ich euch heut auf (Erden) sich

Wo hat den im Himmel gfehlt

Das ihr seid kommen auf die Welt

Wir wollen wissen was ihr verbrochen habt

Das Gott euch aus den Himmel jagt

Nun frag ich O Nikolaus

Was hast du zuthun in diesen Haus!

Heiliger XI

Was ich in diesen Haus da thu

Das will ich Dir woll sagen

Wir sind anheint auf Erden kommen

Die Kinder auszufragen;

Weil wir von Allerhöchsten

zu dieser Arbeit bstölt

Sein wir vom Himmel ausgegang

und komen auf die Welt.

Und was du da begehret hast

Das thust du wissen schon

Jetzt mach uns keine Irrung mehr

Und geh von uns davon

Höllgsanter XII

Je mein Herr von Dürenberg

Du (hast) ein grosse Gwalt

Gib nur ach auf deinen Schein

Das er dir nit entfallt

Weil ihr mich heisst weiter gehen

Bleib ich noch länger

Sagen jetzt gehn von uns davon

Woll eine schöne Hofmanier

Ihr steht da her so kerzenkrat

Das Ding that mir recht gfalln

Ir dauget nit ins Himmelreich

viel besser in an Stall

Ihr Angesicht ist zugericht

Als wie a Bro(s)chenring

Gebt nur acht auf Euren Bauch

Dass er euch nit zerspringt

Die Füss die sind hübsch sauber weiss

Das Ding das gfällt mir wohl

Von Schuehen hangen d Fleck davon

Zum Tanzen wärn sie wohl

Hausvater ich ermahne dich

Gib acht auf diese Leut

Wer weiss was sie im Sinne habn

In diesem Hause heut,

Ich glaub sie sind gekom

Die Menscha z karassirn

Sperr die Mädlein fleissig ein

Sie könnten sie sonst verführn

Bedienter XIII

Halt still Halt still red nicht viel

Merk auf mein guter Freund

Spotten kanst du dir genug

Ich hätt es nicht gemeint

Ich glaub du hast ein Jahr gstudiert

Das dir ist gfallen ein

Sieh einmal an dein Gstalt

Und lass uns wie wir sein

Ein königlicher Gsandter hier

Ist wohl eine schone Gstalt

Kamerad jetzt schau du ihn an

Ob er die wohl gfalt

Vorläufer XIIII

Ein Teufel wohl von schlechter Farb

Halbes schwarz und halbes weiss

In die Hölle bist du dechter schad

Zuviel ins Paradeis

Du solst ein Gsandter sein

Das fiel mir gar nit ein

Ein Mensch bist nöt ein Teifl nöt

Ein Engel wirst ja a nöt sein

Ich glaub du bist ein Wunderthier

Wohl aus der neuen Welt

Stolt ihn auf ein Theater hin

so bekommt ihr brav Geld

Höllgsandter XV

Es braucht nicht viel reden hier

I hab schon noch an Gspan bei mir

Nikolaus wen du ihn wilst sehn

Der wird euch Red u. Antwort gebn

Heiliger XVI

Wen er mit Grund was reden kan

So thut man ihms nit wöhren

Geh nur hin lass ihn herein

Wir wollen ihn anhören

Höllgsanter XVII

Kum herein mein Kamerad

Bei Nikolaus war gar kein Gnad

Ich will jetzt streiten nicht allein

Weil ich imer muss der Lugner sein

Teufel XVIII

Wer ist herin in diesen Haus

Der mich begehrt von der Höll heraus

Mit grossen Gwalt tritt ich herein

Erlösset von der Höllen Bein

Was gebt ihr mir heint zu schaffen

Das ich muss die Höll verlassen

Ich will euch reden ohne Scheu

Sagt nur was Euer Begehren sei

Höllgsandter XIX

Kammerad du bist wohl gar vermessen

Auf die Knie zu fall hast auch vergessen

Das ist der grosse Ezelenz

Dem muss du machen tiefe Reverenz

Dieser will uns überstreiten

Ueberweisen auf allen Seiten

Er ist der grösste Narr in diesen Haus

Bedienter XX

Du verfluchter Lumpisgsöll

Back dich in die tiefe Höll

In der Kraft unsers Herrn Jesu Christ

Geh hin wo du herkommen bist

Teifl 21

Unerschroken von allen Leuten

Ganz allein will ich jetzt streiten

Eure Macht von Himmelsthron

Mir kein Furcht einjagen kan.

Warum seid ihr in ein Land gekomm

Wo Sünd und Laster überhand genom

Wo man der Bosheit die Kron aufsetzt

die Tugend keinen Heller schätzt

Bei allen Leiten und in Allen Ständern

an Allen Orten u. allen Ländern

hört man nicht als Hass u. Neid

O Spott u. Schand der Christenheit

Der Vater hasset seinen Sohn

Der Herr verfolgt den Unterthan

Anstadt Frieden u. Einigkeit

hört man nicht als Zank u. Streit

schaut man nur ein kleinen Blück

auf die Alte Weld zurück

so wierd man sehen und erfahren

wie es gewesen vor vilen Jahren

aber jetzt bei der verkehrten Zeit

ist es gekommen schon soweit

Das man seine Seele ganz vergist

Und nicht mehr weis was Sünde ist

wen wier Alle Teifl aus der Höll

Jetzt anfangen zu erzäln

Alle Sünden gross u. Klein

wier würden alle nicht im Stande sein

Und wen ich geröd hab zufil

Ich enk schon Abitten wil

Was ich Euch gsagt habt mörket auf

Und gebt mir eine Antwort drauf.

Bedienter 21 (sic!)

Böser mit deinen Rödn

Kanst du dich auf den Ofn lögen

zu was wier sind weist du schon

Deine Rödn gehn uns nicht an

Röd du nur fort du Höllensgeist

Was du über die kleinen Kinder weist

Teifl 22

Mit den Kindern hab ich nicht zu schaffen

Die muss man den Klaubauf überlassen

Went Dös in ladn wolt herein

so wierd er bald vorhanden sein

Klaubauf 23

Klaubau bin ich genant

Mein brauch ist schon bekant

Alle Kinder gross u. klein

Dö klaubi auf u. packsi ein

Mit disen bin ich noch nicht zufrieden

Händ u. Füass las ich zusamen Schmiden

Das mir keins kan entrin

Und Alle in Abgrund der Hölle bring

Nikolaus jezt halt dein Wort

back dich mit deiner Geselschaf fort

Reise ab von deinen Haus

Das ich mein Sach kan richten aus.

Heiliger 24

Wier werden nicht von Hause gehn

Wier werden nicht abreisen

Und wen dises haben willst

Must du uns besser weisen

Was hast du vier Klagen heint

Was haben die Kinder gethan

Sonst must du mit Schand abziehn

Und weichen von uns dafon.

(Der „Klaubau“ beklagt sich in 25 über die Unarten der Kinder vom Bettaufstehen weg „zum Esn kommen sie in schlechter Gstalt, das z wagn ist in vil zu bald“, sie würfen den Spaziergängern auf der Straße Steine nach und was der katechetischen Vorwürfe beim Kirchgang mehr sind ...) (28 Verse)

„In diesem Haus sich ich heint a freid

Da sich ich mir genug solche Lumpersleit

Da kan ich den Teifl ein freide machn

bald ich önk bring da wierd die

ganze Hölle lachen . . . . (4 Verse)

(Es folgt nun die Sittenpredigt an die Mädeln wieder im Stil der Fastenpredigten; dann an die Alten Jungfern; dem Wesen nach handelt es sich also wohl um ein volkstümliches Rügegericht, wie es die „Bursch“ ursprünglich im Fasching übte.)

O Nikolaus dua mir erlaubnis gebn

über die Jungfraun hiat ich a no was zrön

i mus die decht ameascht fragen

sonst möcht ich sie bald in Haaren habn

O Jungfrauen last Euch sagn

i hab klagn über Jung u. Alt

aso mags der Klaubau nimmer Ausdahaltn

es ist a spott fürs ganze Thall

Mit der Jungfrauschaft stets wolta schmal

Als wia da Jungfraukranz

Ist önk lieber a frischa Tanz

i habs scho oft erfahren

Da oft oani 3 u. 4 Buam duat habn

Die Nacht stet dös auf sobalds an Buam heascht

beim Tag zur Abat seids koan Hella weascht

aba heint dua i önk nit mit mir nehm

i dua önk schon a andersmal bekem

Jetzt kom i zu die Alte Jungfraun

zu önk dua i mir kaum zuahi thraun

Dös seid sinst wolta Unguat

Das kein Teifl keinen zuspruch hat

O Jungfraun dös diatma wol dabarm

Dös dat gern Heiratn u. seid kam Warm

Das man bald verzweifln mecht

Dös seid wol zu bethauern recht

wen dös enk dat verstehn

wiats seid gewesen Jung u. schön

Da habt Dös die Buam grat vexiascht

Und habts gl(ei) Hundascht gwis probiascht

Dös habt a aussehn ist a graus

. . . . . . . . . . . . . . (12 Verse)

Jezt Alti Graubartigi was verlangst du

du dier für ein Ort in der Höll

wen du ein haben wilst

wil ich dier glei eins auserwöln

wilst du den Verdamten das Maul aufspreitzn,

oder den Altn Jungfraun schneitzn,

oder Ewig sitzn in der Höllensgluat,

das wär für die noch vil zu guat,

aba jezt wil dier

den spass austreibn,

i wil di braf um die Mauern reibn,

Schwefl u. Bech gib ich dier ein,

bei mir hast du das beste sein,

Jezt Jungfraun all zugleich,

hab noch a bitt an Euch

Alt Junig Gross u. klein

mach ich kein unterschid

Wants dös Jungfraun bleim wölt

so bleibt dös nur auf den Schein

Dös habt gewölt u. koan bekem

Es kan nit anders sein (5 Verse) . . .

Jezt Jungfraun fall ich Euch zu Füassen

Alli Teufl in der Höll lassn Euch freundlich Grüssn

bald dös kömt an Todtbet

kom ich mit meiner Scharr

wegn einer gezwungener Jungfrauschaft

wägst mir kein Graues Haar.

Bedienter 27 (sic!)

Das ist nur ein lehrer bracht

kein Grund ist nicht dabei

Der Schutzengel der auch kommen muss

zu hören wie es sei.

O beschütze diese Kinder hier

ist das wol alles wahr

las uns doch nicht zu Schanden werden

mich u. die ganze Scharr

Schutzengl 28

Liebste Kinder wegen Euch

kom ich Heit von Himmelreich

Damit ich mich bereden kan

was euch der Klaubauf hat zuleits gethan

wie kanst du es beweisn Heit

das die Kinder so beschaffen seind

was du gesagt ist weit dafon

dein grosses Maul ist schuld daran

(Es folgt (16 Verse) seine Fürsprache; der Teufl fährt mit dem Rügegericht gegen die Eltern fort:)

Teifl 29

Wohl ein schöner Grundbeweis

was kohlschwarz sol sein macht ihr weiss

was sol schlecht sein heisst ihr gut

heit verlang ich Christenblutt

mit den Kindern mag ich mich nichtmer streitn

ich went mich jezt zu grossen Leitn

bei den Eltern fang ich an

die sind die meiste schuld daran

Die Männer sind kein Teifl werth

nicht als spiln Saufn u. Brassen

Weib u. Kind dahungern lassen,

Euch Weiber muss i was erzäln

ein böses Weib a halbe Höll

Als wie der Weise Sierach spricht

ist besser Schlang u. Drachengift

aber lacht ihn aus den Armen Mann

er hats gewusst u. doch gethan

Aber muss schon aso sein

Die Hosn wek u. an Kitl drein

u. wens in ein Haus aso zugeht

so kan man wissen wie es mitn Kindern steht

ein böser Baum das weis man schon

kein gutte Frucht nicht tragen kan

Es braucht kein lachn oder gspött

i glaub i hab nicht zufil gerödt

i mach kein Prozes daraus

Marsch hinaus aus diesen Haus.

Schutzengel 30

Wilst du uns von Hause Jagen

Verfluchter Höllensgeist

kein Schritt wollen wier uns schrecken lassen

Das dus weist... (11 Verse)

(Er allein habe von Gott die Macht auch was die Kinder anbelangt und schließt:)

u. wen ihr noch zu rödn habt

so sags nur frisch heraus

aber was mit Grund u. Wahrheit ist

oder schert Euch aus dem Haus

Vorleifer 31

Und wer weis war ihr für Teifl seid

wol gar von gemeinen Stand

wen ihr sonst kein verrichtung habt

das ist önk wol a Schand

went dös noch mit uns streitn wölt

so geht um Euren König auch

Der König muss das Urtheil sprechen

das ist ein Alter Brauch

Hölngsanter 32

Ja das ist a recht Rädensart

auf dos hab ich schon gewart

in aller Eil da wierd er kommen

mit freiden will ich gehen drum

Euer Königliche Majestät

ich (tu) dich bitten schön

dos du duast einher gehn

es ist der Grosse Nikolaus

der Wil uns Jagen aus den Haus

es lebet unser König

u. seid im Unterthenig

(Nun steigert sich das Spiel zum Höhepunkt der Erscheinung Luzifers, dem alsbald der Erzengel Michael im Streitgespräch gegenübertritt.)

Schutzengl 33

ganz beherzt u. mit Verthrauen

mögt ihr den Luzifer anschauen

fürchtet Euch nicht vor seiner Gstalt

zu Schahden hat er keine Gwalt

liebste Kinder seit nur still

weil ich Euch beschützen will.

Luzifer 34

Verfluchte Leit was fangt ihr an

Das ich heit kom von Höllen Thron

mein Herz von Zorn aufbrennen dut

Ja meine Rache verlangt Christenblutt . . . . (8 Verse)

(So geht es weiter bis zur formelhaften Wendung, mit der er seine Person vorstellt.)

wen ihr wölt wissen wer i bin

i bin ein König auf dortn hin

ein König auf den högsten Thron

ihr seid Alle mein Unterthan

komts nur her reichts mit die Hand

u. macht euch all mit mir bekant

seht an mein Gstald mit lust u. Freid

die ihr mich einst anschaut in der Ewigkeit.

Michael 35.

O Grosser Fürst der Teifel Scharr

was ist das für ein Pracht

Ja ich Allein bin auch im Stand

zu stürzen deine Macht,

weist du nicht wie es gewesen ist

gedenk einmal zurück

Das ich dich überwunden hab

in einem Augenblück

Die Hoffart ist die Schuld daran

hat dich ins Elend bracht

von Himml bist du ausgeschlossen

von Heiligen aln veracht

ob du schon ein König bist

in der grausamen Gestalt

kein Mensch kanst du Schahden nicht

du hast keinen Gwald

Luzifer 36

Es braucht sonst keinen Gwald

es ist genug meine Teifls Gstald

den in der Hölle haben wier

kan uns kein Mensch anschauen hier

ihr wolt mich gern zu schanden machn

aber ich las mir kein Wort nicht schaffen

was ich sag das muss auch sein

den ich bin Herrscher ganz allein

Gesanter aus der Höll kom her zu mir

auf der Stöll kum herein in dieses Haus

zeig mir den grossen Nikolaus

Hölngsanter 37

Ihr Königliche Majestet

ich wil diers sagen bald,

das ist der grosse Nikolaus

wol in der Lumpensgstalt

er sagt er sei von Himml kum

das sieht man in schon an

Er hat ja schon das Gwantl drum

es kriachn d Leis davon.

u. der Nasn hat er an Bünnenschwarm

Das Hönig rint heraus

Das Wax hat er in Augen dort

das ist ja schier a Graus

u. das sol sein Bedienter sein

geh schaugt in nur recht an

i glaub er hat die Wassersucht

es driaft schön staht dafon

disen wen uns nöt betriagt

hu i schon öfter gseng

ist alezeit mit den Schinter gang

wan im ist a Ross Todt gleng

man darf sonst Rödn gar nit vil

sie habn an grosn Gwalt

sie habn mich aus dem Hause gejagt

bis i hab bekum zu kalt

Michl 38 Verfluchter Fürst der Teufelsscharr was ist das für ein gespöt Das dös uns zu Schanden macht da Glauben wier Ja nöt sag nur an du Höllensgeist du Feind der Fünsternis sag an was du haben wilst was dein begehren ist.

Luzifer 39

Mörkt auf ihr Jungen u. ihr Alten

ihr Völker in diesen Leben

jetzt wil ich reden von der Sünd und Schant

Do geht jezt so stark in schwung

so wol bei Alte als wie bei Jung

bei der Hoffart wil ich fangen an

die mich hat bracht vom Himmelthron

wegn der verfluchten Hoffarts Sünd

hab ich das Höllenfeier angezünt

es ist wol ein schönes Gwant

für den gemeinnen Bauernstand

von Flek u. harben allerhant

wen mans schon theuer zahln muss

so hat man Geld in überflus . .. . . . .

(Er schilt nun auf die „Neie Modi“ in Deutschland, ein seit dem 17. Jahrhundert öfters wiederkehrender Vorhalt, auf Geiz und Weiberherrschaft, Völlerei und Üppigkeit – in Bußpredigtmanier, – vermahnt zu Christenlehr und Beichte, die ohne Reue unwirksam sei.) ...

(48 Verse)

wen der Priester über Euch das Kreitz duat machn

fang ich an hinter Euch zu lachn

ich zieh heraus ein grossn Strick

u. bint önk aufs Neie damit

Jezt wo ist hier ein einziger Mann

der mir etwas widersprechn kan

wers nöt wil glaubn der komt zu mir

ich wil in Schwören meine Zepter hier.

(Der Höllengesandte stellt ihm im 40. bis 43. Auftritt (66 Verse) eine Jungfrau und einen Jungherrn vor, die mit – widerlichen – Vorhalten von Luzifer abgekanzelt werden; dieser läßt die Aufzählung der Höllenstrafen folgen und eine volkstümliche Formel zur Erläuterung der Ewigkeit:)

wen die Ganze Weld

mit lauter Hirsch (d. i. Hirse)währ angeihlt

u. aller Jahr ein Vöglein kam u. ein Körnlein in Schnabl nam

u. alsdann wier verdamten wurden

erlöst von der Höllenpein

so würden wier zufrieden sein.

(34 Verse)

(Seine Vermahnung nimmt im 44. Auftritt der Erzengel Michael auf und verheißt das Paradis mit volksliedhafter Wendung.)

die Blümlein blühen noch so schön

als wie bei Frühlingszeit

die Vöglein singen Tag und Nacht

mit grosser Lust und Freid . . (4 Verse)

6.6.2.2. Ein Totentanz-, Jedermanns- oder Weltenspiel?

Mit diesen letzten Versen, der Verteidigung der Menschen durch den Seelenführer Sankt Michael und seinem erneuten Sieg über Luzifer, hätte das Nikolausspiel einen sinnvollen Schluss gefunden. Man kann sich das Beschenken der Zuschauer durch Sankt Nikolaus und seine Begleiter und den Auszug der Spieler aus dem Haus vorstellen.

Der folgende Textteil könnte eine Erweiterung des Spieles durch eine zugefügte, andere Handschrift sein. Besteht im vorhergehenden ersten Teil des Spieles eine barmherzige Grundhaltung, welche die Erlösung von Strafe und Höllenqual durch Einsicht ermöglicht, so ist der zweite Teil ganz anders gelagert. Nach dem Sieg des Todes werden die Akteure, trotz Einsicht und Reue, nicht erlöst und dem Satan übergeben – eigentlich eine ganz und gar unchristliche Lösung, die der Lehre der Kirche widerspricht.

Arthur Haberlandt vermutet in den folgenden Szenen Reste eines mittelalterlichen Totentanzes. Das ist ebenso möglich wie eine Weiterentwicklung dieser Szenen über ein Jedermannspiel oder Ähnliches. Die Szenen stellen einerseits die Macht des Todes dar, andererseits aber belehren sie über die Pflichten der natürlichen Stände und den Nutzen der Befolgung von gesellschaftlichen Pflichten und Kirchenlehren. In diesem Sinne hätten die Szenen auch in einem katechetischen Nikolausspiel ihren Platz, wie es der Barockzeit entspringen könnte. Als weitere Überlegung könnte man noch fragen, ob ein dazwischengeschalteter Autor aus dem Volk ältere Szenen um die Figuren aus dem Nikolausspiel erweitert hat. Dabei könnte er, um das Stück zu dramatisieren, die Übergabe der Schuldner an den Teufel eingefügt haben.

Vorleifer 45

Grosser Bischof hör mich an.

Vor der Thür draust steht ein Alter Mann

ich thu dich höflich bitten u. fragen

Ob ich nicht herein darf laden

Kom herein du Alter Greis

Du hast zu kalt was ich schon weis

Greis 46

Ja freilich ist mir vil zu kalt

Achzig Jahre bin ich schon Alt

Ich muss leben in grosser Noth

Das liebste wäre mir der Todt

Luzifer 47

Alter Glatzkopf was machst du da vor der Thür

Musst di alles ersehen und dagugn

u. hast den Todt schon auf den Rugn.

Greis 48

Schau schau wia der Nahr schreit

Zum sterbn bin i ja wol bereit

O lieber Todt kom abisl behent

U. mach mei Leben a End

Todt 49

Ja mein Freund auf dein begehrn

wil ich mich zu dier her kehren

Aus ist dein Lebenszeit

Heit must du in die Ewigkeit

Greis 50

Ja sterben wil i nit glei gar

verstest den gspass go koan du Naar

i habs ja ni aso gemeint

geh wek von mir du Menschensfeint.

Todt 51

Kein schritt wil ich von Dier weichen

Dein Angesicht mus heint verbleichen

Ich habs selbst gehört ja schon

Das ein Alter Mensch noch ligen kon

Greis 52

I hab mir dahoam a Weibl gnohma

U. das wird a bald a Kind bekuma

Und wan das Kind koan Vatta hat

War um mi a völlig schahd

Todt 53 Alter Narr sei nit so blint Ich frage nicht nach Weib und Kind Ich frag nur nach dier Alein U. wan ich kom so mus es sein

Greis 54 Zum sterben hab ich noch keine zeit i hab ja noch kein Richtigkeit was i aufgebn hu u. was i schuldig bin ja wan i iatz sturb war alles hin

Todt 55

Ein Richtigkeit wil ich dier schon machn

Das Geld must du den Erben lassen

Dein Leib ist für die Würmer bestelt

Die Seele mus in die andere Weld

Greis 56

Wen nicht mer nutzt so bit i schön

las mich zufor erst Beichtn gehn

Ich wil bekommen in aller Eill

geh sötz die auf die Ofenbank derweil

Todt 57

Kein Sakrament solst du Empfang

Warum bist du zufor nie Beichtn gang

es ist ein gemeiner brauch

Wie man lebt so stierbt man auch

Greis 58

I hab ein Haus ganz ohne Schulden

Pahrgeld auch vil Tausent Gulden

Dises alles wil ich dier geben

Wen du mich heint noch last leben

Todt 59

Ich frage nicht nach deinem Geld

Du must heint noch von der Weld

Ich wil koan spass nit machn

Kanst du Weinen oder Lachen

Greis 60

Wen ich muss sterbn o Traurigkeit

Wie wierds mir gehn in der Ewigkeit

Ich fürcht mich von der tieffen Höll

Verschone doch meiner Armen Seel

Todt 61

Ich hab dier Zeit gelassen in überfluss

Das du dich solst wenden zu der Buss

Jezt ist es einmal vil zu spaht

Zu hoffen hast du keine Gnad.

Greis 62

Jezt wen es nun geht zum End

Mach ich zufor ein Testament

Der Erde schenk ich meinen Leib

Dem Teifl meine Seel verschreib

Todt 63

Dises geht mich als nichts an

Du bist schon selbst die Schuld daran

Ich mach keinen prozes daraus

Liebste Leit weichet aus . . .

Bedienter 64

O König von der Höchsten Macht u. Ehren

Wie stets mit den Alten Mann

Dier ist alles unverborgen

Sag uns wie ist er gestorben

Bischof 65

Wie dieser Mensch gestorben ist

Da haben wier keinen Grund

Er kan sich noch bekehret haben

In der leztten Stund

Die Uhrtheile kan man nicht ergründen

Die Gott beschlossen hat

Es lebt ein Mensch oft tief in Sünden

Erlangt zuletzt noch Gnad

Luzifer befiehlt Seele und Leib zusammenzuführen, der Greis klagt, er sei zur Hölle vermaledeit. Luzifer bestätigt das Urteil und befiehlt den Teufeln mit der Seele durch die Lüfte zu fahren, der Schutzengel mahnt die Leute zur Buße, der Bischof befiehlt Luzifer, den Eltern ein „Beispiel“ vor die Augen zu stellen, „das sie sehn was sie zu erwarten haben In der Höll, wen sie ihre Kinder schlecht erziehn wöln“.

Luzifer 71

Hört nur ihr verdamten Leit

Die ohne Reu gestorben sind

Eure Bänder sind zerscheelt

Ihr seit auf freien Fuß gestelt

Gesanter auf der Stöll

geh hin in die tieffe Höll

Da wierst du treffen an

ein Vatter u. Verdamten Sohn

Diese führe von der Höll herauf

u. bring sie her in dieses Haus

Vater 72

Ach weh mit Armen Vatter hier

Kein Mensch kein jetzt helfen mir

ich muß da stehen in Spott und Schand

U. bin in Ewigkeit verdamt.

Sohn 73

Verfluchter Vatter wegen dein

muß ich jetzt leiden große Pein

Ich las Dir nie kein Ruh u. Rast

Weil du mich so schlecht erzogen hast

Vater 74

Ich hab dich erzogen mit großer Müh

Ich hab für dich gesorgt spat u. früh

Ist das dein Dank Verfluchter Sohn

Das ich Dier sofill zu gut gethan

Sohn 75

Du hast gesorgt auf dieser Weld

Das ich bekom vil Gut u. Geld

was nützt mir das in der Ewigkeit

O Vatter sei vermaledeit

Vater 76

Ist das die Liebe ist das die Threu

Die der Sohn den Vatter Schuldig sei

Ich hab dich geliebt gar Allezeit

bis ich bin kum in die Ewigkeit

Sohn 77

Gar vil nützer währ es mir

mein Vatter war ein Tigerthier

so wär ich nie kein Mensch genant

Und wär auch kein Höllenbrant

Vater 79 (?)

Sohn 79

Du hast mir das Leben frei gestelt

weil du mich nie hast straffen gwölt

Du hast mir alles durch die Finger gsehn

wer wurde nicht den Ihrweg gehn.

Vater 80

O du Vermaledeiter Sohn

ist das nun mein verdienter Lohn

das ich sofill Tag u. Nacht

in Kreiz u. leiden hab zugebracht

Sohn 81

Den Lohn will ich dier geben schon

bei mir verlangst du kein Parton

du hast kein Fried u. auch kein Freid

in der ganzen Ewigkeit

Vater 82

Verfluchte Stund da ich geboren

verfluchte Zeit da ich der Tauf geschworen

verflucht bist du verfluchtes Kind

du bist Ursach meiner Sünd

Sohn 83

Dein Fleisch wil ich dier von Peinen Reissen

u. wil damit die Draken speisen

Dein grauer Kopf mus heit verbrant

unds Messer durch den Leib gerant.

Vater 84

Blinde Eltern spigelt euch

die da zugegen sind

was ihr zugewarten habt

dort in der Ewigkeit

ich bin auch gewesen auf der Welt

hab sonst kein Sünd volbracht

nur die verfluchte Kinderzucht

hat mich hierher gebracht

Höllgsanter 85

Vatter mach dich auf derweil

Jetzt must du fort in aller Eil

geht nur Eillents geschwint

das in der Höll nicht vergebens brint

Luzifer 86

Wer ist da draußen vor der Thür

bist du ein Gespenst so kom herfür

wo bist du her wo wilst du hin

weist du nicht das ich der Gspenster König bin

Weib 87

Was wil man mich für ein Gspenst ansehn

so muß ich wol einner gehn

i hab mir lange nicht gethraut

i bin a alti Weiber Haut

Luzifer 88

Alti was ist dein begern

du kanst dich glei weiter schern

geh nur auf der Stell zurück

sonst zerhau ich dich zufil Tausend Stück

Weib 89

Gu Gu wia dea Staar schreit

zum Sterben bin i schon bereit

i hab gebetet Tag u. Nacht

Das Gott mein Leben a Ende macht

Todt 90

Bist du jetzt hier du altes Weib

mach dich gefaßt jetzt ist es Zeit

ich mach den garaus heit mit dier

Du must auch jetzt Gschwint fort mit mier

Weib 91

O mein Gott war i heint woß wo

kaum schau i eina bei der Thür

ist scho wida der Boadlkroma da

auf dich hab ich wol gar nicht gedacht

i hab ja nur an gspaß gemacht

Todt 92

Auf dein spaß paß ich nicht auf

wie auch auf deinen Lebenslauf

hast List u. trug u. als probiert

Ja was dich jetzt zum Tode führt

Weib 93

Geh nur hin zu meinen Mann

Auf der Offen Bank wierst du in treffen an

den konst du schüassn alle Tag

Das i mir oum an andern schaun mag

Todt 94

Jäsis hast noch nicht genug du Alte H...

hast hundert gehabt in einner Schnur

Drum must jetzt fort mit Leib u. Seel

Ich führe dich jezt in die Höll.

Weib 95

Merkurus ist mein Planet

alwo ein hohes Alter steht

zum zeichen hab ich den Stier

Das büachl hab ich schon bei mir

Todt 96

Planetn hin Planetn her

Die Weld siehst Du bald nimmer mehr

Jetzt Teilf komt u. helfet mir

Gericht u. Höll hast vor der Thür.

Weib 97

Ich glaub diers gern mein lieber Todt

ach ja dein Redn macht mich nicht Roth

über länger oder kurz ist alles dein

Drum schaust du gar so Pfiffig drein.

(Ende des aufgezeichneten Textes)

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