Die Zeit der Wintersonnenwende war seit den Kulturen der Antike und vermutlich schon davor ein Anlass zu besonderen Feiern. Bei den Römern wurden am 17. Dezember die Saturnalien zu Ehren des Gottes Saturnus gefeiert, der besonders in der frühen Republikszeit (5.–3. Jahrhundert v. Chr.) als ein Gott des Ackerbaues Bedeutung hatte. Das ursprünglich rein agrarische Fest wurde 217 v. Chr. völlig erneuert und entwickelte sich rasch zum größten römischen Volksfest, bei dem das Gastmahl für die Götter immer mehr in den Hintergrund trat.
Stattdessen nahmen die Saturnalien Züge eines Karnevals an, der einen Tag und eine Nacht dauerte. Bemerkenswert ist, dass es zu einem allgemeinen Rollentausch kam, an dem auch die Sklaven teilnahmen. Diese wurden, obwohl sie ansonsten nach römischem Recht als res (Sachen) angesehen wurden, von ihren Herren bedient. Noch im 4. und 5. Jahrhundert, als das Christentum eine führende Rolle übernahm, wurden die Saturnalien nachweislich im ganzen Römerreich gefeiert.
Zudem feierten die Römer am 25. Dezember den Geburtstag des Gottes Sol Invictus (die unbesiegbare Sonne). Dieser Kult war wiederum vom Kult des Sonnengottes Mithras beeinflusst, der aus dem Vorderen Orient kommend sich auch in der römischen Armee großer Beliebtheit erfreute und sich durch die Mobilität der römischen Soldaten rasch im gesamten Reich verbreitete. Es gehörte zu den typischen Merkmalen der römischen Religiosität, „ausländische“ Gottheiten rasch zu integrieren, sofern sie nicht dem allgemeinen Wertekanon widersprachen. Letzteres galt in erster Linie für den Eingottglauben der Juden und Christen, der mit dem Kaiserkult nicht vereinbar war.
Die Germanen in Nordeuropa begingen zur Zeit der Wintersonnenwende ihr Julfest – ein Name, der sich bis heute in der skandinavischen Bezeichnung für Weihnachten erhalten hat. Die Belege zu einem vorchristlichen Julfest sind insgesamt spärlich und widersprüchlich. Es scheint aber, dass es sich dabei eher um ein Fruchtbarkeitsfest, bei dem man Bier für ein gutes Jahr opferte und trank, als um ein Wintersonnenwendefest handelte.
Die Zusammenhänge mit dem christlichen Weihnachtsfest dürften eher sekundär sein, zumal es zunächst regional verschieden zwischen November und Jänner gefeiert worden sein dürfte. Nach dem isländischen Dichter Snorri Sturluson (13. Jahrhundert) hätten norwegische Könige erst im 10. Jahrhundert das Julfest mit dem Weihnachtsfest zusammengelegt. Da es sich beim Julfest um ein rein skandinavisches Phänomen handelt, ist zudem weitgehend auszuschließen, dass es die mitteleuropäischen Weihnachtsbräuche maßgeblich beeinflusst haben könnte.
Das christliche Weihnachtsfest war zunächst nicht einheitlich: Erstmals 335/337 ist es für Rom am 25. Dezember bezeugt, doch dauerte es mehrere Jahrhunderte, bis sich dieser Termin in der westlichen Kirche allgemein durchsetzte.
Am wahrscheinlichsten, wenn auch nicht völlig gesichert, ist die Hypothese, dass mit diesem Festdatum das römische Geburtstagsfest des Sonnengottes Sol Invictus ersetzt werden sollte. Christus als die „wahre Sonne“ sollte die heidnischen Gottheiten ablösen.
Die Feier der Saturnalien bis in die Spätantike ist im bayerisch-österreichischen Raum nördlich der Alpen anzunehmen, der Kult des Mithras/Sol Invictus ist auch archäologisch vielfach belegt. Beide Vorstellungen dürften somit auch nach der weitgehenden Absiedlung der römischen Bevölkerung am Ende des 5. Jahrhunderts n. Chr. in der einen oder anderen Form weitergelebt haben.
Der angelsächsische Missionar Bonifatius (auch Winfried) – der „Apostel der Deutschen“ – berichtet im 8. Jahrhundert, dass bei den Alemannen, Baiern und Franken das neue Jahr nach heidnischem Brauch mit rituellen Gastmählern, Tanz und gotteslästerlichen Liedern begrüßt würde. Die Frauen trugen dazu „nach heidnischer Sitte“ Amulette und Bänder an Händen und Füßen.
Die Religiosität des frühen Mittelalters (ca. 500–900 n. Chr.) ist allgemein von der Vermischung christlicher Bräuche mit vorchristlichen aus dem römischen oder germanischen Bereich gekennzeichnet. Immer wieder finden sich in den frühmittelalterlichen Quellen, vor allem in den Lebensbeschreibungen (Viten) der Heiligen, Berichte über das Zusammentreffen christlicher und vorchristlicher Bräuche. Heidnische und christliche Bevölkerung nebeneinander ist etwa durch die von Eugippius im Jahre 511 verfasste Lebensbeschreibung des heiligen Severin für das Kastell Cucullis (Kuchl) belegt.
Als Rupert um das Jahr 696 nach Salzburg kam, musste er zunächst die Örtlichkeiten von heidnischen und synkretistischen (heidnisch-christlichen) Elementen säubern. Die vom Verfasser der Lebensbeschreibung, der Gesta Hrodberti, gewählten Ausdrücke (exstirpare = austreiben, purificare = reinigen, renovare = wieder herstellen) machen deutlich, dass Rupert auf offensichtlich aus der Spätantike bestehende christliche Heiligtümer zurückgreifen konnte, die im Laufe des 6. Jahrhunderts von heidnischen und Mischkulten überlagert worden waren.
Wie ein Aufeinandertreffen von christlicher Missionstätigkeit und christlich-heidnischen Mischbräuchen ausgesehen haben mag, lässt sich gut aus den Lebensbeschreibungen der Heiligen Columban und Gallus rekonstruieren. Die im Folgenden geschilderten Begebenheiten spielten sich im frühen 7. Jahrhundert in Bregenz ab, doch sind sie durchaus auch auf den Salzburger Raum zur Zeit Ruperts übertragbar. Zum einen traf Columban Heiden und Christen um ein Bierfass versammelt, die dem germanischen Gott Wotan ein Trinkopfer darbrachten. Das Trinkgelage einigte offenbar.
Erzürnt brachte der Heilige mit seinem Atem das Fass zum Zerspringen, worauf sich die abtrünnigen Christen und die Heiden zum christlichen Glauben bekannten. Zum anderen hatten die Heiden in der spätantiken Aureliakirche zu Bregenz ihre Götterbilder anstelle der christlichen aufgestellt. Columban ging in diesem Fall hart vor und warf die heidnischen Götterbilder in den Bodensee, kam aber deswegen immer mehr mit den lokalen Machthabern in Konflikt.
Neben Kultstatuen (Idolen) sind mitunter auch vorchristliche Masken und Verkleidungen in den frühmittelalterlichen Quellen belegt, doch lässt sich aus den spärlichen Hinweisen kein klares Bild der ideengeschichtlichen Ursprünge ableiten. Offensichtlich war deren Verwendung an bestimmte heidnische Kalenderfeste gebunden, die sich trotz der Christianisierung erhalten hatten.
Erst mit der Entstehung des geistlichen Spieles im 10. Jahrhundert erhielt das Tragen von Masken eine neue, in den christlichen Kontext eingebettete Funktion. Gerade der apotropäische (Unheil anwehrende) Charakter von teufelsartigen Figuren spielt dabei eine große Rolle, egal, ob es sich dabei um Umzüge handelte oder um Skulpturen auf mittelalterlichen Kirchendächern.
In der älteren Literatur wurde das Tragen von Masken bei Umzügen zu bestimmten Festtagen – z. B. zu Weihnachten, Neujahr oder Fastnacht – zum Teil aus vorchristlich-germanischen Bräuchen des frühen Mittelalters hergeleitet. Diese Hypothesen sind heute weitgehend aufgegeben.
Einerseits liegen zwischen der vorchristlichen Zeit und den ersten eindeutigen Belegen, etwa für Perchtenumzüge, viele Jahrhunderte ohne schriftliche oder bildliche Quellen dazu, andererseits sind die Quellen aus dem Frühmittelalter bei genauerer Betrachtung meist sehr wenig präzise, was das Aussehen der Masken, deren Funktion und den Zeitpunkt ihrer Verwendung betrifft.
Zudem sind sprachliche Ableitungen oft sehr vage Hypothesen und mit großer Vorsicht zu genießen: So versuchten die Gebrüder Grimm und andere, die Perchten vom Zeitpunkt ihres Auftretens, der „Perchtennacht“ (althochdeutsch giperahta naht, um 1000 erstmals belegt), herzuleiten, womit die Nacht der Erscheinung Christi (meist der 6. Jänner) gemeint sei.
Verwendete Literatur
[LexMA 1980] Auty, Robert; Angermann, Norbert; Bautier, Robert-Henri (Hg.): Lexikon des Mittelalters. 9 Bde. München [u. a.] 1980–1998.
[LThK 1993] Buchberger, Michael (Begr.); Kasper, Walter [u. a.] (Hg.): Lexikon für Theologie und Kirche. 11 Bde. 3. Aufl. Freiburg im Breisgau [u. a.] 1993–2001.
[Kleiner Pauly 1979] Ziegler, Konrat [u. a.] (Hg.): Der Kleine Pauly. Lexikon der Antike in fünf Bänden. Auf der Grundlage von Pauly’s Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft. München 1979.
[Reallexikon Altertumskunde] Reallexikon der germanischen Altertumskunde. 35 Bde. 2. Aufl. Berlin 1968/73–2007.