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7.13. Das Pessach-Fest der Juden (Marko Feingold) - Langtext

Pessach ist das Fest, das Juden zum Gedenken an den Auszug aus Ägypten und die Befreiung aus der Sklaverei feiern. Es wird auch Frühlingsfest, Fest der Freiheit oder Fest der ungesäuerten Brote genannt und ist eines der drei Wallfahrtsfeste, die anderen sind Schawout, das Wochenfest, wo den Juden die 10 Gebote und die Thora gegeben wurden und Sukkot, das Laubhüttenfest. Zur Zeit des Tempels pilgerten Juden nach Jerusalem, um dort Opfer darzubringen und die Feste zu feiern.

Das Pessach-Fest beginnt am 15. Nissan[672] - das ist der Tag des ersten Frühling-Vollmondes –, und dauert sieben Tage in Israel und acht Tage in der Diaspora.[673] Warum ein zusätzlicher Tag in der Diaspora gefeiert wird, wird unter anderem so erklärt: Als es noch keine elektronische Kommunikation und auch noch kein Telefon gab, wurde der Beginn eines neuen Monats (Neumond) oder eines Feiertags durch Feuerzeichen weitergegeben. Durch Witterungseinflüsse wie Nebel oder eine dichte Wolkendecke, konnte es vorkommen, dass das Feuerzeichen nicht erkannt wurde. Um jedoch allen Juden auf dem Erdball das Fest anzukündigen, wurde in der Diaspora ein weiterer Feiertag eingefügt. Wie alle jüdischen Feiertage oder Sabbate beginnt der Feiertag am Vorabend mit Einbruch der Dunkelheit und ist an keinen bestimmten Tag der Woche gebunden.

Bevor die Pessach-Feiertage beginnen, muss schon Tage vorher mit den Vorbereitungen begonnen werden. Es muss die ganze Wohnung von gesäuerten und vergorenen Lebensmitteln gereinigt werden, das heißt es muss jede Lade, jeder Kasten und jeder Behälter gesäubert und ausgewaschen werden, um kein Brösel darin aufzubewahren. Kinder dürfen nach der Reinigung des gesamten Hauses oder der Wohnung nur mehr in einem einzigen Raum, zum Beispiel in der Küche, Brot essen und nicht in der ganzen Wohnung mit dem Essen herumlaufen. Das gesamte Geschirr (Töpfe, Teller, Gläser und Besteck) muss gewechselt werden, das heißt das Geschirr, welches das ganze Jahr hindurch verwendet wird, muss an einem separaten Platz gelagert werden, den man während der Pessach-Feiertage nicht betritt.

Über Lebensmittel wie Brösel, Mehl und solche, die Vergorenes enthalten, dürfen Juden während der Feiertage nicht verfügen, weshalb die Chumez-Lebensmittel[674] an einen Nichtjuden verkauft werden. Hier wird ein separater „Kaufvertrag” abgeschlossen. Der nichtjüdische Käufer weiß, dass die Lebensmittel und Waren nach den Feiertagen vom früheren Besitzer zurückgekauft werden.

Am Vorabend des Pessach-Festes (Beginn des 14. Nissan) haben alle Erstgeborenen die Pflicht zu fasten, dies gilt auch für die Personen, die der/die Erstgeborene ihrer Mutter, nicht jedoch ihres Vaters sind. Dies ist zum Gedenken an die letzte der zehn Plagen, die über die Ägypter kam. Der Todesengel kam im Auftrag Gottes und tötete alle Erstgeborenen von Mensch und Vieh, nur an den gekennzeichneten Türen der Israeliten ging er vorüber (siehe Mesusa[675]).

Am Morgen des ersten Pessach-Tages (14. Nissan) dürfen Juden nur bis 9 Uhr Gesäuertes und Vergorenes essen. In Familien mit Kindern werden Säckchen mit Chumez in der Wohnung versteckt, die gefundenen Chumez-Päckchen sind für Kinder eine vergleichbare Freude, wie das Suchen und Auffinden von farbigen Ostereiern. Nach dem Auffinden werden die letzten Chumez-Brösel gesammelt und um ungefähr 10 Uhr verbrannt. Um sicher zu gehen, dass alles Gesäuerte auch gefunden wurde, spricht man Folgendes: „Aller Sauerteig und alles gesäuerte Brot, welches sich in meinem Besitze befindet, das mir ansichtig wurde, oder meinen Blicken entgangen ist, das ich wahrgenommen, und das ich nicht wahrgenommen, das ich weggeräumt, und das ich nicht weggeräumt habe, soll als nicht vorhanden geachtet und dem Staube der Erde gleich sein.”

Die Zeit bis zum Abend dient den Vorbereitungen des Seder-Abends. Seder[676]bedeute „Ordnung” und dieser Abend ist durch eine ganz bestimmte Ordnung gekennzeichnet. Als erweiterten Begriff versteht man unter Seder auch den häuslichen Dienst während der ersten beiden Pessach-Abende; aber auch die Schüssel, die in der Mitte des Tisches mit allen Beilagen steht, wird als Seder bezeichnet. Meist feiert man dieses Fest nicht allein oder im engsten Familienkreis, sondern mit Verwandten, Freunden und Gästen. Das Fest beginnt, während die männlichen Mitglieder in der Synagoge sind und die Hausfrau die Kerzen für den Feiertag entzündet.

Seit undenklichen Zeiten steht das Pessach-Fest im Mittelpunkt des religiösen und nationalen Bewusstseins des jüdischen Volkes. Diese Nacht ist reich an Ereignissen und Erlebnissen und verbindet die Vergangenheit mit der Zukunft. Das Beisammensitzen an einem Tisch vereint Juden aller Schichten und aufgrund des Wunders des Auszugs aus Ägypten wird uns die Entstehung als Volk bewusst.

Der Seder-Abend besteht aus Geboten der Torah[677] und aus unzähligen Bräuchen, die an besondere Ereignisse und Erlebnisse in der Vergangenheit erinnern sollen. Der Hausherr oder der Leiter des Seder-Abends hat an diesem Abend sein weißes Sterbegewand an, das auch das Obergewand des Priesters war. Der Gedanke an den Tod ist an diesem Abend weit entfernt. Im Gegenteil, es soll sehr feierlich zugehen. Der Sessel ist mit weichen Kissen gepolstert, denn in Freiheit können wir es uns bequem machen und uns anlehnen; als Sklaven mussten wir aufrecht auf harten Steinen sitzen. Am festlich gedeckten Tisch haben sich neben den üblichen Tellern, Bestecken und Gläsern folgende Zutaten zu befinden: Mazzot – das ungesäuerte Brot, eine Schale mit Salzwasser und eine besondere Serviette für den Afikoman[678]. Weiters sind ein Knochen, ein Ei, Bitterkraut, Charosset und eine Erdfrucht auf einem speziellen Seder-Teller.

7.13.1. Jedes Nahrungsmittel hat seine besondere Bedeutung:

  1. Mazzot – das ungesäuerte Brot – beim Seder ist Mazza[679] weniger ein Nahrungsmittel als vielmehr ein Symbol, das zum Ritual gehört. Der Auszug aus Ägypten musste sehr rasch geschehen, deshalb konnte der Teig nicht säuern.

  2. Knochen – an diesem soll sich kaum noch Fleisch befinden. Seit der Zerstörung des Tempels darf kein Opferdienst mehr gehalten werden, deshalb steht auf dem Tisch auch kein Pessachlamm, sondern liegt der Knochen als Symbol auf dem Teller.

  3. Ei – dieses symbolisiert die Fruchtbarkeit, es wird aber auch als Symbol der Trauer gesehen.

  4. Bitterkraut – meist wird Kren verwendet, der durch seine Schärfe die Tränen in die Augen treibt. Das Essen des Bitterkrauts soll uns an die Bitterkeit während der Unterdrückung in Ägypten erinnern.

  5. Charosset – die Mischung aus klein gehackten Nüssen, Äpfeln, Rosinen, etwas Zimt, Zucker und ein wenig Wein soll durch ihre lehmartige Farbe an Ton erinnern. Denn im 2. Buch Mose steht: „... die Ägypter zwangen die Kinder Israels unbarmherzig zum Dienst und machten ihnen das Leben sauer mit schwerer Arbeit in Ton und Ziegeln ...”.

  6. Erdfrucht – es werden Erdäpfel und/oder Radieschen gereicht.

Um jedem Teilnehmer das Gebot des Lesens über den Auszug aus Ägypten in der richtigen Form zu ermöglichen, erhält jeder eine Hagada,[680] ein Büchlein in dem alle Gebete und Vorschriften in der richtigen Reihenfolge angelistet ist. In der Torah heißt es: „An diesem Tag erzähl deinem Sohn: das geschieht für das, was der HERR an mir getan hat, als ich aus Ägypten auszog”.

7.13.2. Am Tisch geschieht nun Folgendes:

  • Der erste Becher Wein wird eingeschenkt und der Segensspruch über den Wein gesagt: „Gelobt seist du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der die Frucht des Weinstockes schafft”. Man trinkt den ersten Becher und lehnt sich linksseitig in den Sessel. Das Anlehnen bedeutet Freiheit; als wir Sklaven in Ägypten waren, durften wir nur auf Schemeln sitzen und diese boten keine Möglichkeit zum Anlehnen.

  • Jeder Teilnehmer am Seder wäscht sich die Hände.

  • Der Hausherr, der den ganzen Abend die Zeremonie leitet, nimmt die Erdfrucht (Erdapfel und/oder Radieschen), taucht sie in die bereitgestellte Schüssel mit Salzwasser, sagt den Segen „Gelobt seist du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der die Erdfrucht schafft” und verzehrt sie, ebenso machen es die Teilnehmer.

  • In die besondere Serviette werden drei Stück Mazzot gelegt. Die mittlere bricht man und bewahrt den größeren Teil auf, diesen Teil nennt man Afikoman.

  • Die verbliebenen Mazzot werden hochgehoben und der Tischgesellschaft wird mitgeteilt: „dieses ist das armselige Brot, das unsere Vorfahren im Lande Mizrajim[681] (Ägypten) gegessen haben. Wer hungrig ist, komme und esse mit uns; wer bedürftig ist, komme und feiere das Pessachfest mit uns. Dieses Jahr hier, künftiges Jahr im Landes Israel; dieses Jahr Knechte, künftiges Jahr freie Leute.”

  • Der zweite Becher Wein wird eingeschenkt, für Kinder wird Traubensaft gereicht.

  • Nun kommt der Höhepunkt für den oder die jüngste/n Teilnehmer/in dieses Abends, er oder sie darf an den Ältesten oder Hausherren vier Fragen stellen:

    1. In allen anderen Nächten können wir Gesäuertes und Ungesäuertes essen, in dieser Nacht nur Ungesäuertes?

    2. In allen anderen Nächten können wir allerhand Kräuter essen, in dieser Nach nur bittere Kräuter?

    3. In allen anderen Nächten brauchen wir nicht ein einziges Mal einzutunken, in dieser Nacht zweimal?

    4. In allen anderen Nächten können wir essen, frei sitzend oder angelehnt, in dieser Nacht sitzen wir alle angelehnt?

  • Der Älteste und die Tischgesellschaft beantworten nun diese Fragen:

    Einst waren wir Knechte des Pharaoh in Mizrajim, da führte uns der Ewige, unser Gott, heraus von dort, mit starker Hand und mit ausgestrecktem Arme. Die Kinder Israels mussten rasch ihre Häuser verlassen, so konnten sie den Sauerteig nicht mitnehmen. Die Bitterkräuter sollen uns an die bittere Zeit der Sklaverei erinnern. Das Eintunken in Salzwasser soll uns an die vielen vergossenen Tränen erinnern. Das Anlehnen soll uns daran erinnern, dass wir einst Sklaven waren, doch jetzt als freie Menschen, dürfen wir bequem und angelehnt sitzen.

  • In der Hagada wird von den Rabbinen Elieser, Jehoschua, Elasar, Akiva und Tarphon berichtet, wie sie eine Nacht lang über den Auszug aus Mizrajim diskutierten.

  • Eine Belehrung für vier verschiedene Kinder oder Personen wird gegeben:

    Der Weise sagt: was sind die Vorschriften, die Gesetze und die Rechte, welche der Ewige, unser Gott, euch einst verordnet hat? – Diesen belehre über die Grundsätze des Pessach bis zum Satz: man beschließe nicht das Pessachopfer mit einem Nachtische.

    Der Böse sagt: wozu soll euch dieser Gottesdienst? Euch, nicht auch ihm. Wenn er sich selbst von der Gemeinde ausschließt, so leugnet er die Hauptsache. Nun, so mache auch du ihm die Zähne stumpf, und antworte ihm: – Dieses hat der Ewige mir getan beim Auszug aus Mizrajim. Mir, nicht ihm; denn wäre er dort gewesen, wäre er nicht erlöst worden.

    Der Einfältige sagt: was ist das? So sprich zu ihm: – Weil mit starker Hand uns der Ewige aus Mizrajim, dem Sklavenhause, herausgeführt hat.

    Mit dem, der nicht zu fragen versteht: mit dem eröffne du das Gespräch, denn es steht geschrieben: – du sollst zu deinem Sohne an diesem Tage sagen: dieses geschieht wegen dessen, welches der Ewige mir getan, als ich aus Mizrajim zog.

  • Man erzählt die Geschichte – mit nur 70 Personen sind unsere Voreltern nach Mizrajim gekommen und nun hat der Ewige unser Gott uns fast den Sternen am Himmel an Zahl gleich gesetzt. Die Kinder Israels wurden zu einem Großen Volke, das beweist, dass sie sich in der Fremde durch eigene Gebräuche ausgezeichnet haben. Die Mizrim aber behandelten uns übel, bedrückten uns und legten uns schwere Arbeit auf. Wir schrieen zum Ewigen, dem Gott unserer Vorfahren, und der Ewige erhörte unsere Stimme, denn er sah unser Elend, unsere Mühseligkeit und unser Drangsal.

  • Der Ewige führte uns aus Mizrajim heraus, mit starker Hand, mit ausgestrecktem Arme, mit großen furchtbaren Taten, durch Zeichen und Wunder. Der Ewige führte uns aus Mizrajim heraus, durch keinen Engel, durch keinen himmlischen Abgeordneten; sondern der hochgelobte Heilige war es selbst in eigener Majestät und Herrlichkeit, der in dieser Nacht das Land Mizrajim durchzieht und dort selbst alle Erstgeburt vom Menschen bis zum Vieh schlug.

Es werden die zehn Plagen (Blut, Frösche, Ungeziefer, Wilde Tiere, Pest, Eiterbeulen, Hagel, Heuschrecken, Finsternis, Erschlagen der Erstgeborenen) aufgezählt. Man taucht den kleinen Finger in das Glas mit Wein und für jede Plage wird ein Tropfen des Weins auf eine Serviette getropft.

Viele Wohltaten kamen vom Ewigen über uns. Es werden 14 Beispiele aufgezählt, die ALLEINE für die Kinder Israels genug gewesen wären:

  • hätte Er uns nur aus Mizrajim herausgeführt, doch über die Mizrim keine Strafgerichte verhängt

  • hätte Er auch über sie Strafgerichte verhängt, doch ihre Götter davon verschont

  • hätte Er auch über ihre Götter Strafen verhängt, doch ihre Erstgeborenen nicht erschlagen

  • hätte Er auch ihre Erstgeborenen erschlagen, doch uns ihr Vermögen nicht gegeben

  • hätte Er uns auch ihr Vermögen gegeben, doch ohne für uns das Meer zu spalten

  • hätte Er auch für uns das Meer gespalten, doch uns nicht trocken durch dessen Mitte geführt

  • hätte Er uns auch trocken durch dessen Mitte geführt, doch unsere Verfolger nicht hinein versenkt

  • hätte Er auch unsere Verfolger hinein versenkt, doch unseren Bedarf in der Wüste nicht so reichlich vierzig Jahre uns zugeteilt

  • hätte Er auch unseren Bedarf in der Wüste reichlich vierzig Jahre uns zugeteilt, doch uns nicht das Mana[682] genießen lassen

  • - hätte Er uns auch das Mana genießen lassen, doch uns nicht den Sabbath[683] geschenkt

  • hätte Er uns auch den Sabbath geschenkt, doch uns nicht zum Berge Sinai hingeführt

  • hätte Er uns auch zum Berge Sinai hingeführt, doch uns nicht die Torah gegeben

  • hätte Er uns auch die Torah gegeben, doch uns nicht in das Heilige Land gebracht

  • hätte Er uns auch in das Heilige Land gebracht, doch uns nicht den Tempel seiner Wahl erbaut

Man hebt eine der Mazza hoch, fragt und beantwortet folgende Fragen:

Warum essen wir diese Mazza? – Weil der Teig unserer Vorfahren, nicht Zeit hatte zu säuern, da der Ewige und hochgelobte Heilige sich ihnen offenbarte und sie erlöste; sie backten von dem Teige, den sie aus Mizrajim mitgenommen, ungesäuerte Kuchen, denn er blieb ungesäuert, da sie aus Mizrajim herausgetrieben wurden und sie sich weder aufhalten noch sonst eine Reisekost besorgen konnten.

Warum essen wir dieses Moraur?[684]Weil die Mizrim das Leben unserer Vorfahren verbitterten. Sie verbitterten ihr Leben durch schwere Arbeit in Lehm und Ziegeln und allerlei Arbeiten auf dem Felde, ja allen ihren Arbeiten, die sie ihnen mit Strenge auferlegten.

In jedem Zeitalter ist der Mensch verpflichtet, sich vorzustellen, er sei selbst mit aus Mizrajim gezogen; denn es heißt: Du sollst deinem Sohn an diesem Tage sagen: darum geschieht dieses, weil Gott mir wohlgetan, als er mich aus Mizrajim führte. Nicht unsere Vorfahren allein hat der hochgelobte Heilige erlöst, sondern er hat auch uns mit ihnen erlöst; daher heißt es: auch uns hat er von dort weggeführt, um uns in das Land zu bringen, welches er unseren Urvätern zugeschworen hat.

Man hebt den Becher mit Wein hoch und sagt:

Gelobt seist du, Ewiger unser Gott der Welt, der du uns selbst mit unseren Vorfahren aus Mizrajim erlöst hast und uns diese Nacht erreichen ließest, um an derselben zum Andenken Mazza und Moraur zu essen. O mögest du, Ewiger, unser Gott und Gott unserer Vorfahren, uns auch andere Fest- und Feiertage in Frieden erreichen lassen, zur Freude an der Auferbauung deiner Residenz, zur Wonne an dem dir geweihten Dienst, um daselbst zu genießen von den Mahl- und Festopfern, deren Blut zur Begnadigung wieder die Wände deines Altars berührt, um die dann dankerfüllt ein neues Lied anzustimmen ob unserer Erlösung und ob unserer Befreiung. Gelobt seist du, Ewiger, der Israel erlöst hat.

Man spricht den Segensspruch über den und trinkt den zweiten Becher linksseitig angelehnt aus. – „Gelobt seist du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der die Frucht des Weinstockes schafft.”

Man wäscht sich nochmals die Hände, sagt den Segensspruch über die Mazza: – „Gelobt seist du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der aus der Erde Brot hervorbringt.”

Man bricht die Mazza und sagt: – „Gelobt seist du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der uns durch seine Gebote geheiligt und uns befohlen hat, Mazza zu essen.”

Man nimmt ein Stückchen Mazza und ein wenig Bitterkraut (geriebenen Kren) und sagt: – „Zur Erinnerung an das Heiligtum, wie Hillel[685] tat: so tat Hillel zur Zeit, als noch der heilige Tempel bestand; er umwickelte nämlich Mazza mit Moraur und aß beides zusammen, um die Schrift zu erfüllen: mit ungesäuertem Brote und bitteren Kräutern sollen sie es essen.” (hier wird erstmals von einem Sandwich gesprochen).

Man isst ein gekochtes Ei, das man in Salzwasser taucht und erst anschließend kann mit dem Essen des Nachtmahls begonnen werden. Im mitteleuropäischen Raum wird meist Hühnersuppe mit Mazza-Knödelchen als Vorspeise, gekochtes Rindfleisch und Huhn mit Erdäpfel-Puffer und Gemüse als Hauptspeise und Kompott und/oder Charosett[686] als Nachtisch gegessen. Nach dem traditionellen Essen wird vom Ältesten der Tischgesellschaft der Afikoman verteilt.

Mit dem Afikoman verbinden Kinder und Jugendliche meist angenehme Erinnerungen. Zwischen dem Teilen der mittleren Mazza, dem Weglegen oder Beiseitelegen des Afikoman und dem Genuss desselben nach dem Essen, liegt sehr viel Zeit. Man steht mehrmals vom Sessel auf und geht sich die Hände waschen, d.h. der Leiter des Seders kann nicht immer den Afikoman beaufsichtigen. Kinder und Jugendliche versuchen immer wieder, den Afikoman an einem anderen Ort zu deponieren. Wenn der Afikoman verteilt werden soll und er nicht auffindbar ist, erbitten Kinder einen lang gehegten Wunsch und nach der Zusage durch den Vater geben die Kinder das Versteck des Afikomans bekannt.

Nach dem Genuss des Afikomans darf an diesem Abend nichts mehr gegessen werden. Man schenkt den dritten Becher Wein ein und spricht das Tischgebet nach dem Essen. Man trinkt den dritten Becher Wein linksseitig angelehnt aus, gießt den vierten Becher ein und einen zusätzlichen Becher Wein für den Propheten Elijahu (Elias). Nun wird die Eingangstüre geöffnet und man sagt Folgendes: „Gieße deinen Grimm über die Völker aus, die dich nicht kennen; über die Reiche, die deinen Namen nicht anrufen; sie haben Jakob verdorben und seine Wohnungen vernichtet; gieße deinen Zorn über sie aus; dein brennender Grimm treffe Sie! Verfolge sie mit Wut und vernichte sie unter dem Himmel des Ewigen.”

Man schließt die Türe und sagt das Hallel-Gebet[687] – eine Lobpreisung Gottes. Abschließend werden verschiedene Verse des Dankes gesprochen und gesungen. Der vierte Becher Wein wird linksseitig angelehnt getrunken und die letzten Segenssprüche werden über den Wein wie für alle lieblichen Gaben des Feldes gesprochen. Die letzte Bitte dieses Seder-Abends wird an Gott gerichtet: „Dieses Jahr hier – das kommende Jahr im aufgebauten Jerusalem”. In der Diaspora wird am nächsten Abend ein zweiter Seder-Abend in der gleichen Form gefeiert.

An jedem der acht Pessach-Tage wird während des Gottesdienstes ein anderer Abschnitt aus der Torah vorgelesen: erster Tag – 2. Buch Mose 12, 21; zweiter Tag – 3. Buch Mose 23; dritter Tag – 3. Buch Mose 13, 2; vierter Tag – 2. Buch Mose 22, 24; fünfter Tag – 2. Buch Mose 34, 1; sechster Tag – 4. Buch Mose 9, 2; siebter Tag – 2. Buch Mose 13, 14; achter Tag – 5. Buch Mose 15, 16. Am achten Tag gedenken wir auch mit einem speziellen Gebet all unserer Verstorbenen. Allen Abschnitten gemeinsam ist, dass sie sich immer mit dem Auszug aus Ägypten befassen und weiter mit den Speisevorschriften für dieses Fest.



[672] Nissan: 7. Monat im jüdischen Mondkalender (März/April).

[673] Diaspora: „Zerstreuung”, Bezeichnung für das Leben der Juden außerhalb Israels.

[674] Chumez: vergorene Lebensmittel, die während der Pessachfeiertage für den Verzehr verboten sind.

[675] Mesusa: Kapsel mit Texten aus dem 5. Buch Mose, die an der rechten Seite am Türpfosten befestigt wird „Du sollst sie auf die Türpfosten deines Hauses und in deine Tore schreiben” (Dtn. 6,4 –9 und Dtn. 11,13–21).

[676] Seder: „Ordnung”, Zeremonie bei der Tafel am Pessach-Abend, auch die Schüssel für die Zutaten, die an diesem Abend benötigt werden.

[677] Torah: das sind die 5 Bücher Mose (Genesis, Exodus, Levitikus, Numeri, Deutoronomium).

[678] Afikoman nennt man den größeren Teil einer gebrochenen Mazza, der für den Abschluss des Sedermahls aufbewahrt wird.

[679] Mazza: Mazzot (pl.), Mazzes (jidd.) – ungesäuertes Brot.

[680] Hagada: Erzählung vom Auszug der Kinder Israels aus Ägypten.

[681] Mizrajim: hebr. Name für Ägypten.

[682] Mana, auch Manna, „Brot vom Himmel”. Bestimmte Nahrung der Israeliten bei ihrem Zug durch die Wüste.

[683] Sabbath: Samstag

[684] Moraur: hebr. Bitterkraut (verwendet wird Kren).

[685] Hillel, ein bedeutender biblischer Gelehrter, der ungefähr vom Ende des 1. Jahrhunderts bis zum Anfang des Jahrhunderts n. Z. in Babylonien lebte.

[686] Charosett – eine Mischung aus kleingehackten Nüssen, geriebenen Äpfeln, Rosinen, ein wenig Honig, Wein Zimt.

[687] Hallel: „Lobet den Namen des Herrn”, hier Ps. 115 und 116.

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