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7.27. Brezensuppe, Beten, Gödenzopf (Maria Katharina Aschaber) - Langtext

7.27.1. Groß- und Urgroßeltern, Bewohner von Seniorenwohnheimen und andere Senioren aus dem Abtenauer Becken, aus Bischofshofen und Maria Alm erzählten ihre Kindheitserinnerungen an den Osterfestkreis; Enkel und junge ForscherInnen haben sie aufgeschrieben.

Die Feldforschung wurde von Mag. Maria Katharina Aschaber mit LehrerInnen und SchülerInnen der Hauptschule Abtenau, Volksschule-Bischofshofen-Markt und Franz Moßhammer-Hauptschule in Bischofshofen im Auftrag von Dr. Lucia Luidold im Schuljahr 2002/3 durchgeführt. Anonym abgegebene, nicht verbesserte Aufsätze von SchülerInnen zwischen 8 und 15 Jahren bilden die Grundlage der Analyse des von den Alten Erzählten und den Jungen Aufgeschriebenen.

Der erste Teil dieser Dokumentation setzt sich aus Aneinanderreihungen von Zitaten aus den Nacherzählungen der SchülerInnen zusammen, Verbindendes wurde gekürzt referiert. Aus diesem Puzzle entstand ein allgemeiner Bericht, der ein anschauliches Bild ergibt, wie der Osterfestkreis in dieser Region früher vorbereitet, gefeiert und von Kindern erlebt wurde bzw. wie er heute aus der Erinnerung geschildert wird.

Der Großteil der Erzählenden stammt aus Bergbauernfamilien. Ihre Erinnerungen werden im ersten Teil dargestellt. Den zweiten Teil bilden zwei Aufsätze, in denen Erzählungen älterer Menschen (Marktbürger und Bauern) zusammengefasst wurden, die bereit waren, in ihren Erinnerungen zu graben und davon zu erzählen. Naturgemäß gibt es auch „zugezogene” Großeltern – deren Erinnerungen werden im dritten Teil auszugsweise zitiert. Diese Dokumentation kann als Gegenüberstellung zum Beitrag „Palmbuschengeld und Osternest” gesehen werden.

7.27.2. Großeltern aus Bergbauernfamilien erzählen

7.27.2.1. Fastenzeit

Im Jahreskreis des Kirchenjahres geht dem Osterfest im Frühling die winterliche (kalte und karge) Fastenzeit voran.

„Die Fastenzeit ist die Vorbereitung auf den Tod Jesus Christ. Sie beginnt mit dem Aschermittwoch”, an dem „strenges Fasten angesagt” ist. „Ab diesem Zeitpunkt gab es keine Fleischgerichte mehr bis zu Ostern” und auch „sollten Feste und Tanz vermieden” werden.

In der langen Fastenzeit wurde sehr viel gebetet. Auch wurde in den meisten Familien nur Brot und Suppe gegessen. Getrunken wurde Wasser und Tee ohne Zucker. Nur am Sonntag wurde ordentlich aufgetischt„, in manchen Familien gab es da trotz Fastenzeit „Gulasch, Mus und Krapfen. Aber sie haben keinen Alkohol getrunken, und (...) nichts Süßes gegessen.”

„Früher wurde in der Fastenzeit auch viel mehr gearbeitet als sonst.” „Außerdem wurden in dieser Zeit je nach Witterung die Palmkatzerl geschnitten, damit sie am Palmsonntag noch silbrig und nicht gelb blühend sind.”

7.27.2.2. Palmsonntag

„Der sechste Fastensonntag, der Palmsonntag beendet die Fastenzeit.” „Am Palmsonntag wurde der, der als Letzter aus dem Strohsack hüpfte, der ‚Palmesel‘.“ Es ist der Sonntag, an dem „der Einzug von Jesus in Jerusalem gefeiert wird. Man bindet Palmzweige auf einen Stock und legt dann bunte Holzspäne darauf, dann gehen die Kinder damit in die Kirche und lassen die Palmbuschen weihen.” „Am Palmsonntag kamen alle Kinder mit einem großen Palmbuschen zur Kirche.” „Je größer der Besitz des Bauern ist, desto schöner ist sein Palmbuschen. In der Hoffnung auf eine gute Ernte wird der Palmbuschen auf das Feld und auch [in den] Stall gestellt. Am Palmsonntag mußte jeder einen Palmbuschen tragen. Es gab einen Buschen für das Feld, für den Stall und einen Buschen für das Haus.” „Die Buben stritten sich immer darum, wer den größten Palmbuschen hat. Meist endete es damit, das sie alle gar keinen Palmbuschen mehr hatten. Denn durch das ganze Raufen und schlägern franzten ihre Palmbuschen aus.” „Der Palmträger bekam fürs Palmtragen eine Bretzensuppe und Geld” [vorausgesetzt er brachte nach der Rauferei noch einen Palmbuschen nach Hause]. In Abtenau wurden am „Palmsonntag auch Lebensmittel wie Osterbutter, Osterei, Osterschinken (...) geweiht”.

7.27.2.3. Karwoche

Der Palmsonntag „leitet die Karwoche ein, die ‚traurige Woche' wie man sie auch nannte. Sie war auch die Woche in der nach dem Winter wegen der Festvorbereitung sehr viel mehr Arbeit war”.

„In den Tagen vor und während der Karwoche wurde das Haus gelüftet, die Wärme ins Haus gelassen. Aus dem Herrgottswinkel wurden die Tannenzweige entfernt. Am Frühjahrsputz beteiligten sich alle Familienmitglieder – auch die Männer, sie hatten die schwere Schlepparbeit zu leisten.”

„Und deshalb auch die Woche, in der man beim Aufstehen am Morgen auf der Hut sein mußte. Früh auf, möglichst nicht der/die Letzte sein, der/die aus dem Bett hüpft hieß die Devise, sonst heimste man einen Spottnamen ein, den man den ganzen Tag zu hören bekam – aber nicht nur in der eigenen Familie, oder im eigenen Haus – nein auch Nachbarn und Bekannte interessierten sich dafür ‚wer was geworden ist', wer verspottet werden durfte. Natürlich wurde von uns Kindern mit Argusaugen darauf geachtet wer wann aufstand. Arg peinlich wurde es, wenn man öfter der Letztaufsteher war. Es war eine spannende Zeit”.

7.27.2.4. Antalsseier oder "Ontlaseier"

„Eine weitere Besonderheit der Karwoche waren die ‚Ontlaseier', die besonderen Segen und Schutz bringen sollten.”

In Abtenau „mußte an den Kartagen Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag ein [das erste] (Hühner)-Ei [am Morgen] entnommen werden”. „Diese Eier nannte man Antlaseier.” „Die Bauern bewahren [je] ein Antlasei vom Gründonnerstag, vom Karfreitag und vom Karsamstag im Dachboden auf. Diese Eier sollen die Bauersleute vor Unheil schützen. Erst am nächsten Heiligen Abend wurden die Eier zum Kochen verwendet oder wurden am Palmsonntag mit dem Palmbuschen auf das Getreidefeld getragen.”

Im Raum Bischofshofen und Maria Alm wurden sie, um „vor Feuer und Blitz zu schütze[n] über das Dach geworfen, bzw. auf die Pfetten im Dachboden gelegt. Andere stellten ein Gefäß mit in Kalkmilch eingelegten Ontlaseiern auf den Dachboden, die dann zur Weihnachtszeit (zum Kekserlbacken) verwendet wurden. Die Ontlaseier wurden auch im Acker vergraben um Hagel, Dürre und zu viel Nässe abzuwehren. Im Raum Bischofshofen und Maria Alm „galten nur die am Gründonnerstagmorgen gelegten Eier als Ontlaseier”.

In Bischofshofen „galten alle am Gründonnerstag gelegten Hühnereier als etwas ganz Besonderes sie waren ‚Ontlasoa' (Antlaseier). Was der Name bedeutet weiß auch meine Großmutter nicht. Jemandem ein auch am Gründonnerstag gefärbtes Ontlasoa zu schenken war das wohl kostbarste Ostergeschenk, denn dies bedeutete, daß man demjenigen viel Glück und besonders Gottes reichen Segen wünscht, gönnt und davon überzeugt ist, daß es auch so kommen wird (eine fast sakrale Haltung).”

7.27.2.5. Gründonnerstag

„Am Gründonnerstag war am Vormittag Kirche nach ein paar Jahren war die Kirche auf Nacht [am Abend]. Am Gründonnerstag gingen die Ortsbewohner in die Messe. Die Bauern der Umgebung (Ortschaft) trafen sich am Abend und wanderten mit ihren Nachbarn Rosenkranz betend von ‚Gmei' zu ‚Gmei'. ‚Gmei' heißen die kleinen Feldkapellen. Wenn sie heimkamen gab es eine Brezensuppe.” „Oder es versammelten sich mehre Familien der Umgebung am Abend zum ‚Gmaibeten' (schmerzhafter Rosenkranz) und danach gab es eine Bretzensuppe."

7.27.2.6. Karfreitag

Am Karfreitag war das Karfreitagratschen ganz wichtig und sehr beliebt unter den Männern, weil die Glocken nach der Auferstehung nach Rom geflogen sind.” „Ratschen sind aus Holz gemacht und werden von Männern in der Hand gedreht.” „Sie [Kinder, Dienstboten?] sind am Karfreitag in die kleine Kirche gegangen und hatten einen Leib [Laib] Brot bekommen.”

„Am Karfreitag hat man viel gebetet und gefastet”, weil „der Karfreitag ist ein strenger Fasttag wo man natürlich auf Fleischspeisen verzichtet”, „es gab eine Brennsuppe”.

„Am Karfreitag hat der Bauer, die von ihm gefütterte Sau abgestochen und im Vorhaus aufgehängt. Wenn sie viel Speck gab, war sie besonders wertvoll – 4 Finger dick mußte der Speck sein. Den Sauschwanz bekam die Magd – sie hat ihn gebraten und dann gegessen.” „Am Karfreitag hat man die Eier gefärbt.”

Grundsätzlich entsteht der Eindruck, dass viele Familien am Gründonnerstag und am Karfreitag „zu Hause beteten, und am Karsamstag Nachmittag in (...) der Kirche die Auferstehung [mit]feiert[en].”

7.27.2.7. Karsamstag

Die Auferstehungsfeier am Karsamstag mit den begleitenden Ritualen wurde in den letzten 90 Jahren zu unterschiedlichen Tageszeiten – von frühmorgens bis „auf der Nacht” – gefeiert. Die ganz Alten feierten die Auferstehung Christi in aller Herrgottsfrühe, daher auch der alte Spottname „Taflappin” für die, die am Karsamstag der Strohsack nicht ausließ und die dadurch zur Weih- bzw. Taufwasserweihe zu spät kam. „Bei der Auferstehungsfeier geht man in die Kirche und feiert die Auferstehung Christi.” „Etwas selbstverständliches war das.”

In Abtenau fand das „Scheitelbrennen”, „die Scheitelweihe” am Friedhof statt. Es wurde „Feuer geweiht, dann wurden die Scheitel auf Stangen gesteckt und über das Feuer gehalten.” [Die glosenden Scheitel wurden auf den Stangen nach Hause mitgenommen, um im Herd ein gesegnetes Feuer für das kommende Kirchenjahr zu entzünden. Um die Scheiter glosend zu erhalten, wurden sie am Heimweg immer wieder geschwungen.] „Beim Osterfeuer wird [auch] die Osterkerze (...) geweiht.”

Bei der „Auferstehungsmesse (...) wurde auch Weihwasser geweiht und die mitgebrachten Speisen. An diesem Tag hielt der Pfarrer die Auferstehungspredigt.” „Die Auferstehung dauerte ungefähr 3 Stunden.” „In der Kirche war es immer so eiskalt, daß einem die Finger vor Kälte weh taten. Dann nach dem ‚Friergottesdient' wenn man wieder zu Hause war ging es ans Osternest suchen. Natürlich gab es keine Schokolade-Osterhasen oder Schokolade-Eier. Es gab nur selbst bemalte Hühner Eier.” „Es gab keine Geschenke, ein Osterei war schon etwas besonderes.”

„Wenn zu Ostern die Sonne schien waren die Nester immer im Garten versteckt, sonst bei Regenwetter in der Wohnung. Draußen waren sie im Stall unter Bäumen oder im dichten Gras versteckt. Drinnen gab es viele Verstecke zum Beispiel im Bett oder unter der Bank, manchmal sogar im Ofen.”„Die Kinder hatten auch viel Spaß beim Osternest suchen.” „Am Abend hatten sie ein paar Würstl gegessen.”

7.27.2.8. Osterschmuck

„Vor ca. 50 Jahren hat man Osternester und Osterkränze noch gebacken.” „Dann hat man in das Osternest Schokoeier oder einen Schokoladeosterhasen hinein gelegt.” „Den Osterkranz hat man ebenfalls mit Süßigkeiten geschmückt und ihn dann auf die Tür gehängt.” „Wenn man dann die Süßigkeiten herunter gegessen hatte konnte man das Nest oder den Kranz noch zusätzlich aufessen.” „Alte Frauen haben auch Ostereier umhäkelt und sie dann ins Fenster gehängt.”

7.27.2.9. Ostersonntag

„Am Ostersonntag suchten die Kinder ihre Osternester. Es gab meistens nur vier Eier. Danach gings ab zur Ostermesse. Endlich war die Fastenzeit zu Ende und alle freuten sich schon auf den Schweinsbraten, denn es gab nur 2-mal im Jahr Schweinebraten. Nach der [Ostersonntags-]Messe liefen die Kinder aus Radochsber, aus Voglau, aus der Au und aus der Gschwand [in Abtenau] nach Hause, aus Freude über den Schweinebraten,” die „Haubenkrapfen und das Zwetschkenkompott”. Bei einigen Familien wurde am Ostersonntag „zu Mittag (...) ein Lamm” bereitet.”

„Am Nachmittag des Ostersonntags wurde ‚Eier [Antlasseier] weggeschmissen [auf die Felder gebracht]', ‚spazierengegangen', ‚Vesper gefeiert' und ‚miteinander gebetet'. Verwandte und Geschwister trafen sich – man hat sich ‚zusammengesetzt und gefeiert'”. „Jedes Kind bekam von seinem Göd einen Osterzopf auch Gödenzopf genannt.” „Nicht die Geschenke waren etwas Besonderes, sondern der Glaube war das Wichtigste zu Ostern.”

Der Zeitpunkt des Osternestersuchens und der Inhalt der Nester haben sich im Laufe der Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts sehr verändert und waren bei den jüngeren Großeltern schon von Familie zu Familie verschieden. Ein Beispiel: „Am Tag vor dem Ostersonntag versteckten die Eltern den Kindern Schoko- und Ostereier im Garten. Am Ostersonntag in der Früh kamen die Kinder heraus, suchten ihrer Süßigkeiten und aßen sie auf.”

7.27.2.10. Ostermontag

In Abtenau wurden „am Ostermontag” „beim Abendessen” „die Ostereier gepeckt” und „dann wurde [zu Hause auf den Bauernhöfen] getanzt. Der Bub ist zu seinem Dirndl gegangen, auch er hat von seiner Freundin ein Osterei bekommen. Später sind sie dann gemeinsam tanzen gegangen.”

7.27.2.11. Ostereierpecken

„Schwer zu erwarten war für uns Kinder das Eierpecken mit den Ostereiern aus den Osternesterln, die wir von den Gödenleuten und den Eltern bekamen. Alle möglichen Tricks beim Halten bzw. beim Pecken (Zustoßen) der Eier wurden angewendet, ging es doch darum die Ostereier zu vermehren, und möglichst nicht zu verspielen, denn das kaputte Ei bekam der mit dem stärkeren Ei, dessen Schale durchs Pecken nicht eingetuscht wurde. Die Auswahl der Ostereier, mit denen gepeckt wurde war eine große Entscheidung – es durfte nicht zu schön gestaltet sein, weil die behielt man sich noch zum Anschauen und Herzeigen, aber es mußte stark sein, sollte eine dicke Schale und keinen Sprung, auch nicht den feinsten Haarriß haben. Das mußte ein geübter Eierpecker erkennen. ‚Kopf oder Oarsch' lautete die Frage, sogleich wurden die Eier in die richtige Richtung gedreht und dem Gegner dargeboten, oder zum Angriff vorbereitet. Man hielt möglichst viel Fläche von dem Ei in der hohlen Faust verborgen, einerseits um dem Angreifer (dem Pecker) wenig Angriffläche zu bieten, andererseits um den Angriff zu lenken, denn es machte einen großen Unterschied, ob der Schlag der feindlichen Eispitze auf die eigene Spitze, den Kopf bzw. den Oarsch, oder auf die Flanke traf. Das Ei ist auf an den Polen stärker, aber ganz hinterhältige Eierpecker nutzten eine nicht geschützte Eierseitenwand zu einem schnellen seitlichen Hieb mit ihrer Spitze aus. Außerdem sollte die eigene Faust die Spannung der Eierschale verstärken und den Schlag dämpfen. Beim Angriff auf das dargebotene Ei war die Geschwindigkeit, die Wucht des Stoßes aber ganz besonders der Überraschungseffekt wichtig – weil wenn der Gegner den Angriff noch nicht erwartete, schützte er das Ei nicht genügend. Aber allzu oft nützten auch diese Vorsorgen und Tricks gar nichts. Die Sieger mampften genüßlich ihre vermehrten Ostereier, während die Verlierer möglichst gleichgültig zuschauten, um sich nicht als schlechte Verlierer zu verraten. Manchmal war es besser das Eierpecken ‚zu verschieben' bis man die Ostereier selbst gegessen hatte, dann waren sie einem sicher, besonders wenn die Schale als nicht stark genug erkannt wurde.”

7.27.3. Junge ForscherInnen fassen die Erzählungen der Älteren zusammen

7.27.3.1. Ostern früher

„Eine Bekannte meiner Mutter erzählte mir von Ostern in der Nachkriegszeit in Bischofshofen: In der Fastenzeit fanden keine Hochzeiten statt. Außerdem wurden in dieser Zeit je nach Witterung die Palmkatzerl geschnitten, damit sie am Palmsonntag noch silbrig und nicht gelb blühend sind. Wer eine Palmkatzerlweide sein Eigen nannte versorgte Jahr für Jahr die Nachbarschaft und Freunde mit den Palmzweigen (wie ein Ritual). Den Tag an dem das Osterschwein für den Festbraten abgestochen wurde, weiß ich nicht mehr genau – jedenfalls vor dem Osterputz.”

„In den Tagen vor und während der Karwoche wurde das Haus gelüftet, die Wärme ins Haus gelassen. Am Frühjahrsputz beteiligten sich alle Familienmitglieder – auch die Männer, sie hatten die schwere Schlepparbeit zu leisten. Aus dem Herrgottswinkel wurden die Tannenzweige entfernt.”

„Der Palmbuschen war bei uns ganz einfach, Palmkätzchenzweige wurden mit einem bunten Band (wenn vorhanden) zusammengebunden. Ein Kind trug ihn zur Weihe in die Kirche – zu Hause wurde ein Teil davon dann hinter das Kreuz, ein Teil auf einen Dachtram und ein Teil auf das Feld gesteckt. Der Palmesel der Familie wurde von den Familienmitgliedern immer wieder daran erinnert, daß er verschlafen habe. Es war nicht angenehm. Man nahm sich vor nicht noch mehr ähnliche ‚Titel' in den nächsten Tagen einzuheimsen.”

„Am Gründonnerstag horchten wir aufmerksam auf das letzte Läuten bevor die Glocken nach Rom flogen und bis zur Auferstehung durch die Karfreitagratschn ersetzt wurden. Ich kann mich nicht erinnern Karfreitagratschn außerhalb der Kirche je gehört zu haben. Ein Erwachsener, auf jeden Fall die Kinder gingen am Nachmittag in die Kirche. Am Gründonnerstag begann das Fasten der Osterwoche – wir aßen nur Grünes, meist Spinat auch Brennesselspinat mit Kartoffeln. Und, ganz wichtig, ab Gründonnerstag mußte wieder jeder versuchen morgens als erster aus dem Bett zu springen, sonst wurde man ‚Etwas', was man am Gründonnerstag wurde weiß ich nicht mehr. Es war nicht besonders ehrenvoll die Titel der Langschläfer der Kar- und Ostertage einzuheimsen, da es ja viel Arbeit gab. Der Spott war einem den ganzen Tag sicher. Auch die Ostereier wurden an diesem Tag gefärbt, teils wurden die gekochten Eier in bunte Ostereierfarben gelegt, oder die besonders schön werden sollten wurden mit besonder[e]m Papier, auf dem ein Abzugbild spiegelverkehrt drauf war eingewickelt, dann in zerschnittene alte Seidenstrümpfe eingebunden und in siedendes Wasser gelegt. Das Auswickeln war besonders spannend – es mußte große Vorsicht walten damit das Abzugbild nicht verrutschte. Eine weiter[e] Möglichkeit Eier besonders zu schmücken war das Einwickeln in Zwiebelschalen oder Kräutern mit den ersten Frühlingsblumen. Diese Eier wurden wieder in Seidenstrumpffetzterl (wenn vorhanden) oder in kleine weiße Stoffstückchen eingebunden. Eigentlich war das immer ein großer Wettbewerb zwischen den Frauen, ja zwischen den Familien, wer die schöneren und phantasievoller geschmückten Eier hatte. Meine Großmutter zeichnete so lange ihre Augen besser waren auf die Ostereier ihrer liebsten Verwandten Motive von deren Haus oder Garten – die Beschenkten freuten sich immer sehr – die Eier wurden Jahrelang als kostbarer Schatz gehütet.”

„Außerdem galten die am Gründonnerstag gelegten Hühnereier als etwas ganz Besonderes. Sie waren ‚Ontlasoa' (Antlasseier). Was der Name bedeutet weiß auch meine Großmutter nicht. Jemandem ein auch am Gründonnerstag gefärbtes Ontlasoa zu schenken war das wohl kostbarste Ostergeschenk, denn dies bedeutete, daß man demjenigen viel Glück und besonders Gottes reichen Segen wünscht, gönnt und davon überzeugt ist, daß es auch so kommen wird (eine fast sakrale Haltung).”

„Am Karfreitag wurden die Langschläfer ‚Karfreitagratschn' – dieser Titel erschien mir immer am schlimmsten. Zu Mittag gab es immer Fisch mit Kartoffel und Spinat. Nachmittags um 15.00 Uhr wurde des Todes Jesu Christi am Kreuz gedacht, da mußte das Bisquitosterlämmchen, der Ostergermzopf und die Osternester (auch für die vielen Godenkinder meiner Eltern) schon gebacken sein. Anschließend gings wieder ab in die Kirche zum Kreuzweg. Ich empfand es immer ganz schauerlich wenn vor die Kirchenfenster die schwarzen Trauertücher heruntergelassen wurden. Die Kreuze und Heiligenbilder waren ohnehin schon mit lila Tüchern verhüllt. Ich erinnere mich wie erleichtert und voller Freude ich mich immer fühlte, wenn am Karsamstag während der Auferstehung die Glocken wieder zu läuten begannen und die Trauertücher hochgezogen wurden.”

„Ein ganz besonderes Erlebnis war das Ostergrab mit den bunt leuchtenden Kugeln auf dem abgetreppten Holzrahmen. Die Bauernschützen in Schützenuniform mit Gewehr hielten am Grab rund um die Uhr Ehrenwache. Das bunte Licht in dem abgedunkelten Raum war sehr geheimnisvoll – mir kam immer vor, daß die Kirche das Grab war. Am Karsamstag wurde man als Langschläfer 's ‚Ontlasgoan'.”

„Die Kartage waren voller Mysterium und Spannung – wir Kinder konnten die Botschaft ‚Halleluja Christus ist erstanden' sicher nicht in der Tragweite erfassen, aber die Auferstehungsfeier war so beeindruckend, daß wir erleichtert und glücklich waren. Ja und dann kam das Spannendste der Ostertage – der Osterhase (auch als wir so ab ca. 8 Jahren schon nicht mehr daran glaubten ließen wir den Eltern den Glauben an unser Nichtwissen). Das Nesterlsuchen war schon etwas wunderbares. Die Spannung des Suchens allein war schon schön. Im Nesterl waren Eier, meist auch ein Schokoladehase, Ostereierzuckerl und manchmal Mannerwafferl.”

„Am Ostersonntag standen wir so früh auf, daß sich das Nesterlsuchen (hoffentlich bei Schönwetter im Freien) und das Frühstück locker vor der 10.00 Uhr Messe ausging. Ich erinnere mich, daß ein Verwandter, der ebenfalls im Familienhaus wohnte wie ein Ritual jeden Ostersonntagmorgen als Morgengruß ‚So ein wunderbarer Ostersonntagmorgen' sagte – er ist lange schon tot, aber jeden Ostersonntag denke ich daran.”

„Am Ostersonntag fuhren wir immer zu den Großeltern und den ‚Jungen' und den Godenkinder (meinen Cousins) im ‚Dahoam' meiner Mutter. Die Familie war mit einem Korb bei der Speisenweihe. Wir trafen uns am Beginn des (einstündigen Weges) zum Bergbauernhof. Sehr hungrig geworden freuten wir uns auf's Essen vom ‚Gweichtn' – ein Stückerl Ei mit Salz, ein kleines Stückerl Schinken auf einem Butterbrot. Zu Mittag gab es alle Jahre den besten Schweinsbraten der Welt mit mitgebratenen Kartoffeln, ‚Radi, warmen Kartoffelsalat und Rohna'. Wir freuten uns über dieses Essen, an dem alle Mädchen mithelfen mußten (Radi reiben, Kartoffel und Zwiebel schneiden, Rohna schneiden, Tisch decken). Wir durften so lange essen als etwas da war. Ich kann mich nicht erinnern, daß jemals etwas übrig geblieben ist. Die große Rein wurde immer noch mit Brot sauber ausgetunkt. Nach dem Essen bekam jeder von uns von der Großmutter ein gefärbtes Ei geschenkt. Nicht versteckt, sondern feierlich überreicht (Ontlasoa!). Die Großmutter begab sich zur Mittagsruhe, die Frauen setzten sich zu einem Plauscherl auf die Hausbank, wir Kinder räumten die Küche auf und die Männer begannen Karten zu spielen, oder wenn der Boden schon trocken war gingen sie ‚Platten stechen'. Am Nachmittag pirschten wir Kinder immer in unser nun wieder schneefreies Spielrevier (Anger, Frei, der kleine Bach) und pflückten Schlüsselblumen als Tischschmuck für den Nachmittagskaffee, immer zum Missfallen unserer Großmutter – ‚'s erste Impenfuata reißt ma o'. Am Nachmittag tischte meine Tante den Osterzopf, die Osterbutter und Kaffee mit Schlagobers auf. Schlagobers gab es bei uns ebenso wie Schweinsbraten nur am Christtag und am Ostersonntag. Heute noch habe ich innere Schwierigkeiten wenn es an einem normalen Tag Schlagobers gibt. Ja und der geheime Wettbewerb wer in seinen Zopfenstücken mehr Rosinen bekommt – Rosinen waren so wunderbar süß und Süssigkeiten gab es nur ganz, ganz selten. Die Osterbutter war der Stolz meiner Verwandten. Sie hatten einen ganz besonders schönen Fo[r]mmodel, der nur zu den heiligen Tagen und zu ‚sein' oder ‚ihren' Tag (Namenstag) verwendet wurde. An allen fünf Seiten waren geschnitzte Heilzeichen (der Auferstandene, Muttergottes, obendrauf die Sonne, die beiden anderen Seiten weiß ich nicht mehr). Jedenfalls waren die Schnitzereien sehr filigran und das gewisse Etwas war immer sozusagen ob die Bilder auch makellos zu sehen waren, ob die Butter gelungen war. Meine Mutter brachte ihren vier Godenkindern (Mädchen) zu Ostern immer je ein Sackerl Ostereierzuckerl, ein kleines Schokoladehäschen, eine Tafel Milka- Schokolade und selbstgenähte Unterwäsche (Hosen und Hemden). Die Süßigkeiten legte sie zusammen mit drei Eiern in das Germzopfnest (Gödenzopfzest), welches sie auf die Unterwäsche legte und ebenfalls jedem Kind überreichte. Worauf die Kinder, ‚donk sche Goddi' sagten – kein Wort vom Osterhasen. Zu Weihnachten nähte sie ihnen jedes Jahr Nachthemden, zum Schulschluß nähte sie ihnen Sommerkleider oder Kleiderschürzen. Am Abend gingen wir den steilen Weg wieder hinab und fuhren nach Hause. Ich spüre den frischen Frühlingsabendwind jetzt noch im Gesicht – das war immer ein besonderer Tag.

„Am Ostermontag gab es zu Hause nicht nur Nudelsuppe, herrliche und ganz seltene Wiener Schnitzel mit Butterkartoffel und oben erwähnte Mehlspeisen sondern für mich das größte ‚den ersten Häuptelsalat aus Mutters Mistbeetl'. Ich kann mich nicht erinnern jemals einen besseren grünen Salat mit warmen Kartoffeln gegessen zu haben als an den Osterfeiertagen meiner Kinderzeit. Es war der Ehrgeiz jeder Hausfrau zu Ostern des erste ‚Häuptl' heraus zu schneiden.”

„Der Nachmittag verging mit Verwandtenkaffee und spielen. Am Dienstag nach Ostern, dem letzten Ferientag mußte noch schnell die Schulaufgabe gemacht werden. Den Abschluß von Ostern bildete der Weiße Sonntag an dem in meiner Kinderzeit immer Erstkommunion war. Die Kirche war schön geschmückt, die ersten Bankreihen mit weißen Tüchern und Blumensträußerln wie bei einer Hochzeit hergerichtet. Am Weißen Sonntag wurde man als Langschläfer ‚Faules Osterei'. Nebenbei bemerkt wurden an diesem Sonntag die noch vorhandenen Ostereier in Scheiben auf den grünen Salat gelegt. Danach lebte man auf die nächsten Feiertage (freie Schultage) hin.”

7.27.3.2. Als Ostern noch aufregend war!

Eine Zusammenfassung von Erzählungen mehrerer Befragter im Alter zwischen 80 und 92 Jahren aus Abtenau, Bischofshofen und Maria Alm.

Der sechste Fastensonntag, der Palmsonntag beendet die Fastenzeit. Er leitet die Karwoche ein, die „traurige Woche” wie man sie auch nannte. Sie war auch die Woche, in der nach dem Winter wegen der Festvorbereitung sehr viel mehr Arbeit war. Und deshalb auch die Woche, in der man beim Aufstehen am Morgen auf der Hut sein musste. Früh auf, möglichst nicht der/die Letzte sein, der/die aus dem Bett hüpft, hieß die Devise, sonst heimste man einen Spottnamen ein, den man den ganzen Tag zu hören bekam – aber nicht nur in der eigenen Familie oder im eigenen Haus – nein, auch Nachbarn und Bekannte interessierten sich dafür „wer was geworden ist”, wer verspottet werden durfte. Die Kindern achteten mit Argusaugen darauf wer wann aufstand.

7.27.3.3. Spottnamen für Langschläfer in der Karwoche bzw. den Ostertagen:

Am Palmsonntag wurde der, der als Letzter aus dem Strohsack hüpfte, der „Palmesel”. Am Gründonnerstag wurde der am längsten Schlafende das „Ontlasgoan” und hatte sich die Spottsprüche „Antlasgoan ist zornig woarn, hot's Horn valohrn” oder „Antlasgoarn ziagt am Horn” anzuhören. Der Ontlasgoan ist ein sehr primitiver Karren armer Leute mit zwei durch einfache Bretter verbundenen Rädern und langen Stangen zum Ziehen (gezogen wird der Karren von Menschen). Am Karfreitag wurde der am längsten Schlafende die „Karfreitagratschn”. Am Karsamstag wurde derjenige, der zu spät aufstand und zu spät zur Osterwasserweihe (Taufwasserweihe während der Auferstehungsfeier) in die Kirche kam, die „Taflappin”. Am Ostersonntag wurde der am längsten Schlafende der „Osterpfladerling” oder das „Osterlampei”. Am Ostermontag wurde der am längsten Schlafende der „Montagsstier”. Am Dienstag nach Ostern wird der am längsten Schlafende der „Nochinötter” – das ist jemand, der (im kommenden Jahr) immer hinten dran sein wird. Am Mittwoch nach Ostern wurde der am spätesten Aufstehende der „Hehnertrogauslecka”. Am Weißen Sonntag, dem ersten Sonntag nach Ostern, wurde der Längstschläfer das „faule Osteroa”.

Eine weitere Besonderheit der Karwoche waren die am Gründonnerstagmorgen gelegten „Ontlaseier” (Antlasseier), die besonderen Segen und Schutz bringen sollten. Sie wurden um „vor Feuer und Blitz zu schützen” über das Dach geworfen bzw. auf die Pfetten im Dachboden gelegt. Sie wurden auch im Acker vergraben, um Hagel, Dürre und zu viel Nässe abzuwehren.

„Schwer zu erwarten war für uns Kinder das Eierpecken mit den Ostereiern aus den Osternesterln, die wir von den Gödenleuten und den Eltern bekamen. Alle möglichen Tricks beim Halten bzw. beim Pecken (Zustoßen) der Eier wurden angewendet, ging es doch darum die Ostereier zu vermehren, und möglichst nicht zu verspielen, denn das kaputte Ei bekam der mit dem stärkeren Ei, dessen Schale durchs Pecken nicht eingetuscht wurde.”

„Die Sieger mampften genüßlich ihre vermehrten Ostereier, während die Verlierer möglichst gleichgültig zuschauten, um sich nicht als schlechte Verlierer zu verraten. Manchmal war es besser das Eierpecken „zu verschieben” bis man die Ostereier selbst gegessen hatte, dann waren sie einem sicher, besonders wenn die Schale als nicht stark genug erkannt wurde.”

„Eine große Freude und Überraschung waren die verzierten Ostereier, sie wurden gedreht, gewendet, hergezeigt und bewundert. Neben dem Gewinnen beim Eierpecken war das ‚Bekommen des schönsten Eis' ebenso wichtig. Es gab mehrere Möglichkeiten Ostereier zu verschönern und jede Hausfrau hatte dafür ihre Vorlieben. Wir bevorzugten die Ätz-Eier. Mittels Säure wurden auf der Oberfläche der bunt gefärbten Eier Ostersymbole oder Anderes gezeichnet, das dann weiß hervorstach."

7.27.3.4. Zugezogene Großeltern - Ostern in Italien

„In Verdi (Italien) findet am Ostersonntag in der Früh eine Prozession durch den Ort statt. Vor Ostern kann man große Schokoladeneier mit einer Überraschung kaufen. Diese werden an die Kinder verschenkt. Eine Tradition ist [es eine Art] Kuchen ‚Colomba (Taube)' in Taubenform zu kaufen. (3)”

7.27.4. Resümee

Viele alte Menschen sind der Meinung, dass „die Osterzeit nach der ernsten, triesten [weil auch kalten] Fastenzeit spannend und aufregend schön war.” Einige der älteren Leute glauben, dass die „Osterbräuche so ziemlich gleich geblieben sind”. Die Erinnerungen sind teils sehr subjektiv und manchmal ziemlich unterschiedlich und verworren, so dass sehr viele Befragungen nötig waren, um einen „roten Faden” durch die Bräuche des österlichen Festkreises zu knüpfen.

Geprägt sind die Erinnerungen durch die karge Kost und Kälte während der Fastenzeit; den Stolz und den Spaß am Palmsonntag beim Palmtragen und der Hoffnung auf Belohnung für einen heil heimgebrachten Palmbuschen; die Erkenntnis wie nahe Vergnügen und Schande beim Brauch der Spottnamen in der Karwoche beieinander sind; das „Gmeibeten” in der Gemeinschaft, die Brezen- und die Brennsuppe in Abtenau; das Spinatessen und das Hell-Werden beim Auferstehungsgottesdienst; das Essen vom „Gweichtn” in Bischofshofen; das Frieren in der Kirche; die Aufregung rund um die Osternester und die Herrlichkeit des österlichen Schweinsbraten usw.; das Eierpecken, der Gödenbesuch mit dem Gödenzopf; und ganz allgemein die Sorge um das Heil und das Abwenden von Unglück durch Brauchhandlungen im österlichen Frühjahr.

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