Am 29. Juli 2001 wurden im Salzburger Freilichtmuseum die Hasenhochalmhütte von der Kalbrunnalm, Weißbach bei Lofer, sowie die Wurfalm und der Futterstall des Oberfurtlehens aus Wald/Pinzgau eröffnet. Die Almen sollen den Besuchern einen Einblick in einstige Lebenswelten geben – Almwirtschaft stellt ja einen wichtigen Teil der Salzburger Kulturgeschichte dar. Sie ist seit alters her eine wichtige Lebensgrundlage der Menschen im Alpenraum. Unter äußerst schwierigen Bedingungen wurden über Jahrhunderte hinweg Almflächen geschaffen, bewirtschaftet und gepflegt. Auch heute noch werden die größtenteils in bäuerlichem Privatbesitz befindlichen Flächen nachhaltig bewirtschaftet, eine Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der charakteristischen Almlandschaft.
Eine Reihe von stein- und bronzezeitlichen Funden legen die Vermutung nahe, dass bereits in prähistorischer Zeit durch wandernde Hirten, die der Stufe der Jäger und Fischer folgten, die Bergweiden oberhalb der Waldgrenze alpwirtschaftlich genutzt wurden. Das Waldland zwischen den erstangelegten Höfen und den älteren Almen ist erst später, in der Zeit des Siedlungsausbaues im 11. bis 14. Jahrhundert, besiedelt worden. Erst im Spätmittelalter entstanden hier durch eine intensive Rodungstätigkeit die vielen „Neubrüche” und die „Schwaigen”, jene grundherrschaftlichen Viehhöfe im Gebirge, die an die Bauern gegen Zins, meist Käse, vergeben wurden. Die Schwaigen waren Dauersiedlungen, die fast ausschließlich auf Viehhaltung basierten und den Grundherren die Möglichkeit erschlossen, auch aus ihrem höchstgelegenen Grundbesitz noch Erträge und Abgaben zu erwirtschaften. Diese neubegründeten Dauersiedlungen, an der oberen Grenze bergbäuerlicher Existenz, bedurften nun wiederum neuer, noch höher gelegener temporärer Weideflächen und Almen, was vielfach zur Rodung des bis dahin noch geschlossenen und viel höher hinaufreichenden Waldgürtels führte. Bis ins 13. Jahrhundert verdichtete sich der Besiedlungsraum und die Almzone wurde ebenfalls vergrößert. Im 18. Jahrhundert war der Besiedelungshöhepunkt in den Almregionen erreicht.[3703]
Die Hasenhochalmhütte ist ein so genannter Rundumkaser, eine völlig einzigartige Entwicklung des Berchtesgadener Landes. Der Ausgangspunkt der Entwicklung war hier das spätmittelalterliche „Hüttl” ein einfacher, urtümlicher Einraumbau. Der Rundumstall entwickelte sich aus an den Traufen nochmals abgestützten Vordächern, unter denen das Vieh, vor Regen geschützt, gemolken werden konnte. Aus diesem gedeckten, aber doch offenen Umgang mit äußeren Stützreihen entwickelte sich der Rundumstall, der den älteren Einhauskern allseits umgibt. Diese Bauform des Rundumkasers findet im gesamten Alpenraum keine Parallele.[3704] Bei der Hasenhochalmhütte gab es leider keine Datierung. Der Vorarlberger Botaniker Klaus Pfeifer führte im Auftrag des Freilichtmuseums eine dendrochronologische Untersuchung durch und bestimmte – durch mikroskopisches Abzählen der Jahresringe und Vergleichen mit einer Basiskurve – das Alter der Alm. Das Holz wurde im Winter 1737 geschlägert, so kann man annehmen, dass die Hütte 1738 gebaut wurde. Die Hütte ist aus Lärchenholz im Rundholzblockbau gezimmert. Bei der Probeentnahme wurden zwei Fichtenstämme festgestellt, welche mit 1459 bzw. 1520 datiert werden konnten. Möglicherweise gab es bereits früher eine Hütte an dieser Fichtenstämme könnten auch von einer anderen aufgelassenen Hütte stammen.
Die Hasenhochalmhütte ist traufseitig erschlossen, der Eingang führt also durch den Stall. Das Salzburger Freilichtmuseum stellt die Hütte in einer Zeit vor 1954 dar. In diesem Jahr hörte man auf, auf der offenen Feuerstelle zu kochen, ein kleiner Holzofen erleichterte die Arbeit. Der Keller ist von der ehemaligen Vorratskammer zu begehen und diente stets zum Aufbewahren von Butter. Der kleine Vorratsraum war durch eine Türe mit dem Kaser verbunden. Über dem Keller befand sich eine kleine Kammer, wo andere Vorräte aufbewahrt wurden. Sonst war rund um den Kaser (der Raum, welcher als Wohn- und Wirtschaftsraum diente) der Stall für die Kühe. Der Boden im Kaser war vor 1954 gestampfte Erde, leicht bergseitig ansteigend, erst dann kam der abgestufte Holzboden, sowie der Holzeinbau, der die ehemalige Vorratskammer zu einem Wohnraum werden ließ, und damit Schlaf- und Wirtschaftsraum trennte.
Die langjährige Sennerin Burgi Zörner erinnert sich noch sehr gut an den Almalltag, den sie als junges Mädchen in dem Rundumkaser erlebt hat.[3705] Um 4 Uhr hieß es aufstehen, dann mussten die Kühe geholt und gemolken werden, danach gingen die Kühe wieder ins Freie und man machte die Hütte und das Milchgeschirr sauber. Die Kühe gaben nicht so viel Milch wie heute, trotzdem war das händische Melken der sieben Kühe anstrengend. Außerdem musste die Milch damals auch noch zu Käse und Butter verarbeitet werden. Einen Tag wurde Butter hergestellt, den anderen Käse. Heute kommt ein Milchfahrer von der Molkerei Maishofen direkt zur Alm und holt die Milch in einem Kühlwagen ab.
Die Familie Zörner hat laut Almordnung das Recht, 100 Tage im Jahr ihre Tiere auf der Alm weiden zu lassen, das ist ab Mitte Juni bis ca. zum 20. September. Aufgetrieben wird von allen Almbesitzern auf der Kalbrunnalm am selben Tag, abtreiben kann jeder wann er will. Sind Mensch und Tier heil über die Almzeit gekommen, so findet ein festlicher Almabtrieb mit aufgekränzten Tieren statt. Der Schmuck besteht auf der Kalbrunnalm aus bunter Hobelscharte, die zu kleinen Blümchen gedreht wird.
Als Zeichen der Volksfrömmigkeit fand man auf der Hasenhochalm einen Kräuterbuschen, welcher am 15. August geweiht wurde, eine Figur des Heiligen Josef und ein Marienbild. Der Kräuterbuschen wurde beim Almabtrieb mit nach Hause genommen und am Heiligen Abend den Tieren verfüttert. Heute wird das nicht mehr gemacht, und Frau Zörner glaubt, dass die Tiere das auch nicht mehr fressen würden. Bei Unwettern auf der Alm wurde eine Wetterkerze angezündet und gebetet.
Gegessen hat man auf der Hasenhochalm vor allem Produkte aus Käse und Milch, es wurde viel Schmarren und Muas gekocht. Natürlich hat man auch vom Tal Lebensmittel mitgenommen, soweit dies bei einem sechsstündigen Fußmarsch möglich war. Die Käseherstellung auf der Hasenhochalm beschreibt Frau Zörner folgendermaßen: „Wir machten den Sauerkäse, da muss die Magermilch sauer sein, dicksauer, richtig flockig, perlig, dann schöpft man sie ab und ein bisschen Juchten [Molke] kommt noch in den Kessel hinein, dass er nicht anbrennt, dann wird er auf 40–45 Grad erhitzt. Wir hatten keinen Thermometer, wir haben das mit der Hand gemessen, dann wird er wieder abgeschöpft, weil dann geht er hinauf und unten bleibt der Juchten, dann kommt er in ein ‚Kaskarl' hinein, das ist so ein Holzbehälter mit lauter Löchern drinnen, erst wird er aber noch gewürzt, Salz und Pfeffer, da bleibt er dann ein paar Tage drinnen, bis das ganze Wasser draußen und er trocken ist, dann kann man ihn stürzen. Dann bleibt der Käse noch eine Woche bis 14 Tage stehen, je nach Wetterlage. Wenn es immer schlechtes Wetter war, dann sind die Käse nicht so gut geworden. Es ist auch oft passiert, dass einer blau [schimmlig] geworden ist. Was wir nicht verkauft haben, da haben wir Käsebällchen gemacht, der ist zerbröckelt worden und noch einmal in eine Schüssel oder Schafferl gegeben worden, Salz und Pfeffer dazu und das ist dann eine Berchtesgadener Spezialität, die Kasballerl, da werden Kasnocken davon gemacht. Der Käse hat einen Geschmack, nicht weit weg von Parmesan. Heute könnte man sich das gar nicht mehr vorstellen, bei den Hygienevorschriften.”[3706]
Die Kalbrunnalm, ein großes Almgebiet, muss natürlich auch gedüngt und geschwendet werden. Das ist gemeinschaftlich geregelt. Jemand der 12 Kühe auftreiben darf, muss 12 Stunden für die Gemeinschaft arbeiten. Wer 24 Stück Vieh auftreiben darf, muss 24 Stunden für die Gemeinschaft arbeiten. Es gibt auch einen so genannten Almputzer, der das Unkraut mäht und auch Zaunschäden meldet. Die Almen werden heute mit einem Miststreuer gedüngt, noch vor 30 Jahren musste das händisch erledigt werden.
Frau Zörner erzählte, dass heute jede Hütte eine eigene Quelle gefasst hat. Mit Plastikrohren wird das Wasser zur Hütte geleitet. Bis vor ca. 10 Jahren musste die Sennerin auf der Hasenhochalm das Wasser für die Tiere aus einem Graben in der Nähe holen. Die Qualität entsprach aber natürlich nicht der des Quellwassers. Für die Käseherstellung und als Trinkwasser für sich selber, musste es die Sennerin ebenfalls mit einem Kübel von einer Quelle hertragen. Das war bei den Steilhängen Schwerstarbeit. Abends kamen immer einige junge Sennerinnen von der Kalbrunnalm zusammen, man hat gesungen, vielleicht auch gestrickt und geplaudert. Frau Zörner erinnert sich noch sehr gerne an diese Zeit, denn es war stets sehr lustig.
Heute ist jeder mit dem Auto auf der Alm und es hat sich das Leben individualisiert. Man ist nicht mehr so aufeinander angewiesen, weil man nicht mehr wie früher 5–6 Stunden ins Tal gehen muss, sondern eigentlich täglich mit dem Auto ins Tal fahren könnte. Frau Zörner betont aber auch den Vorteil, denn wenn sich eine Kuh verletzt, kann man viel leichter Hilfe holen. Früher versuchte man mit allerlei Heilkräuter zu helfen oder es musste umständlich ein Tierarzt verständigt werden, der dann auch erst zu Fuß auf die Alm gehen musste. Bis wirklich Hilfe da war, vergingen oft Tage. Oft war es dann schon zu spät. „Gerade wenn das Wetter sehr schlecht war, oder ein Tier wirklich krank wurde, war man als junge Sennerin doch sehr alleine gelassen, man hat oft geweint”, erinnert sich Frau Zörner. Gefürchtet hat sie sich alleine auf der Alm nie, auch wenn die Blitze noch so eingeschlagen haben.
In ihrer neuen Hütte hat Frau Zörner alle technischen Möglichkeiten, von der SAT- Schüssel bis zum E-Herd, der Melkmaschine und einem Hochdruckreiniger. Außerdem bleibt ihr der 5–6-stündige Fußmarsch vom Hasenlehen in der Ramsau bis zur Hochalm erspart, denn sie kann mit dem Auto bis vor die Hütte fahren. Und sie ist sehr froh darüber, obwohl sie auch gerne auf die Zeit der schweren Almarbeit zurückblickt, in der es trotz aller Entbehrungen ihrer Meinung nach viel weniger hektisch zuging.
Die Wurfalm war eine Grundalm und gehörte dem Bichlbauern aus Wald im Pinzgau. Sie wurde laut Datierung in der Pfette im Jahr 1746 gebaut. Die Almhütte ist im Kantholzblockbau gezimmert und das Dach mit Legschindeln gedeckt, welche mit Steinen beschwert sind. Das Innere der Hütte gliedert sich in Vorhütte, Schlafstube, Kaskammerl und Keller. In der Vorhütte befand sich die Feuerstelle, die Wasserrinne, der Butterrührkübel, ein Hackstock, das „Kaskarl“[3707] mit einem Auffanggefäß für die Molke, einem Hackstock neben der Feuerstelle und einem großen Tisch in der Ecke zwischen Kellerfalltüre und Außenwand. An Geschirr hatte man neben einigen Eisenpfannen nur Holzschüsseln, ein paar Holzteller, (meistens wurde aber aus der Pfanne gegessen) Holzlöffel und ein paar Häferl. Neben der Türe zum Kaskammerl stand auch eine Mehltruhe, in die man später das Kraftfutter hineingab. Hinter der Falltüre waren an der Außenwand Werkzeuge für die Bergmahd aufgehängt, wie Streusensen und Rechen.
In der Schlafstube befand sich bis ca. 1960 der große Ofen, darüber ein „Obenaufbett” – ein Bett das direkt über den Ofen gebaut war -, auf dem man in kälteren Tagen gerne lag. Dahinter stand noch ein großes Bett und gegenüber im Eck war wiederum ein Bett. An der Außenwand zwischen zwei Fenstern stand ein kleiner Tisch, mit einem aufgehängten Sterbekreuz darüber. Auch beim großen Bett war in der Ecke ein Herrgottswinkel, rechts daneben hing ein großer Wandschoner, links zwei Bilder. An den beiden Außenwänden ging etwa 25 cm unter der Decke ein Regal über die ganze Länge. Zwischen dem großen Bett und dem Ofen befanden sich hölzerne Zapfen, wo man Kleidung aufhängen konnte.
An Zeichen der Volksfrömmigkeit fand man in der Wurfalmhütte die zwei Kruzifixe in der Schlafstube, und in der Vorhütte war unter dem Dach ein geweihter Palmbuschen hineingesteckt, der nur aus Palmzweigen und bunten Krepppapierbändern bestand. Bei einem Unwetter verbrannte man ein paar Palmkatzerl, um die Hütte vor einem Unglück zu schützen.
Außen war der größte Teil der Hütte mit Brennholz zugeschlichtet. Die Scheiter waren rund einen halben Meter lang und wurden zum Einheizen des Ofens verwendet. Rechts vor der Hütte befand sich ein Hackstock. Auch neben der Feuerstelle stand ein solcher, um jederzeit Kleinholz zum Anheizen machen zu können. An der Giebelseite unter dem Dach wurden Fichtenäste hineingesteckt um den Wind zu brechen. Wahrscheinlich um Schäden zu vermeiden, aber auch um das pfeifende Windgeräusch zu verringern.
Der Bichlbauer[3708] bewirtschaftete rund um die Alm mehr Weidefläche als um seinen Bauernhof, weshalb die Tiere von Ende Mai bis Ende September und dann von Allerheiligen bis Weihnachten auf der Alm waren. Zu Allerheiligen trieb man sie noch einmal auf, sie konnten natürlich nicht mehr weiden, sondern wurden mit dem über den Sommer gemähten Heu gefüttert. Es war einfacher, die Tiere zum Heu zu treiben, als das Heu zu den Tieren zu tragen (Prinzip des Futterstalls). War besonders viel Heu vorrätig, hat man die Tiere im nächsten Jahr schon Anfang Mai aufgetrieben, damit sie vorher im Stall das Heu vom letzen Jahr fraßen. Der Almabtrieb lief unspektakulär ab, die Tiere wurden nicht einmal geschmückt. Herr Hollaus meinte, dass das ja nicht nötig war, weil auf dem Weg von der Alm zu ihrem relativ hoch gelegenen Hof die Tiere sowieso niemand gesehen hätte. Geschmückt wurden nur die, die auf der Straße im Tal unten getrieben wurden. Für die Familie selber hatte der Almabtrieb keine Bedeutung. Es war eine Arbeit wie jede andere. Eine Straße wurde zum Bichlbauernhof erst 1969 gebaut, vorher war nur ein einfacher Fuhrweg, der oft z. B. durch Tauwetter und Regen sehr in Mitleidenschaft gezogen war.
Meistens hatten drei Bauern aus Tirol ihre Tiere über den Sommer bei der Wurfalm eingestellt, weil diese selber keine so große Almfläche besaßen. Oft waren 80 Tiere auf der Alm, rund 10–15 Melkkühe, viel Jung- und Galtvieh sowie Schweine. Eigene Tiere waren es meist ca. 25. Die Familie Hollaus mit neun Kindern sperrte noch in den 1940er und 1950er Jahren Ende Mai den Bauernhof zu und zog mit den ganzen Hühnern und Schweinen auf die Alm. Sie schliefen im Futterstall, im Heu, während die Almhütte dem Senner vorbehalten blieb. Bis 1948 bewirtschafteten fremde Senner als „Saisonarbeiter” die Wurfalm, dann übernahmen Kinder der Familie Hollaus die Sennerei. Der Senner hatte die Aufgabe Käse und Butter herzustellen. Die Familie Hollaus selber hat sich eher um das Mähen, Schwenden und Düngen der Almwiesen gekümmert, was an den Steilhängen Schwerstarbeit bedeutete und somit jede Hand gefragt war. Das Heu wurde am Kopf getragen. Man hatte eine rupfene „Heukappe” auf, damit es nicht so juckte und stach und man die Haare voll Heu hatte und balancierte den einfach mit einem Strick zusammengebundenen Heuballen. Das brauchte einige Übung, mancher konnte es besser, mancher schlechter. Auch der Mist zum Düngen musste am Rücken getragen und händisch ausgebracht werden.
Herr Hollaus stand während seiner 18 Jahre als Senner immer um 4 Uhr morgens auf. Die Tiere waren über Nacht draußen und mussten erst einmal eingefangen werden, was oft mühsam war, weil sie sehr verstreut weideten. Dann wurden sie gemolken, händisch natürlich. Auf der Alm aß man selbst Erzeugtes, und ein paar Lebensmittel hat man mitgenommen. Die Bäuerin musste auch regelmäßig zum Hof hinunter gehen, um Brot zu backen, weil es auf der Alm keinen Backofen gab. So aß man in der Früh meist Butterbrot, Milch und Milchsuppe. Eine häufige Speise war das „Melkermuas” aus Mehl und Butterschmalz, und die Kaspressknödel, aber auch verschiedene „Nidei”[3709] und Kasnockn. Man hat auch immer ein paar Lebensmittel mit hinauf genommen, vor allem Kartoffel, aber auch manchmal ein Stück Speck. Gekocht und gekast wurde auf der offenen Feuerstelle. Getrunken hat man Wasser und Milch. Bis 1970 wurde auf der Wurfalm Käse erzeugt, anschließend wurde nur mehr die Milch abgeliefert, weil das Kasen nicht mehr rentabel war. Der fertige Käse wurde bis in die 1940er Jahre im Kaskeller, der mit einer Falltüre zugänglich war, eingelagert. Dieser Keller war sehr niedrig, weshalb man neben der Stube eine Kaskammer mit etlichen Regalen einrichtete und den Keller nicht mehr nützte. Oft ließ man über den Winter ein paar in Holzfässern maussicher verstaute Käselaibe auf der Alm, damit man im Frühjahr gleich etwas zu Essen hatte, wenn man auf die Alm kam.
Erst 1991 baute sich die Familie Hollaus ein Kraftwerk um durch den Strom die Arbeit zu erleichtern. Beleuchtet wurde die Almhütte bis 1991 mit Petroleumsturmlaternen und mit Gaslaternen. Fließwasser gab es in der Hütte solange sich Herr Hollaus erinnern kann, gespeist von der eigenen Quelle, die so viel Wasser hatte, dass man rechts der Hütte einen Laufbrunnen, vor allem für die Tiere hatte, und zwischen Feuerstelle und Stubenwand war noch einmal ein Wassereinlauf in die Hütte. Herr Hollaus und auch seine Frau sind froh, dass es heute technische Erleichterungen in der Almwirtschaft gibt, vor allem den Strom, den sie ja erst seit 1991 auf der Alm haben, möchten sie nicht mehr missen.
Im Salzburger Freilichtmuseum stellt der Futterstall des Oberfurtlehens die typologische Ergänzung der Wurfalm dar. Beide Objekte stammen aus Wald/Pinzgau. Der Futterstall der Wurfalm ist dem Stall des Oberfurtlehens sehr ähnlich, konnte aber nicht abgetragen werden. Futterställe sind eine Besonderheit des Oberpinzgaues. Der Grund für die Errichtung von Futterställen ist, dass der Transport des Heus zum Hof und des Mistes zu den Wiesen nicht zu bewältigen gewesen wäre, da man keine Maschinen oder Seilwinden zur Verfügung hatte. Alle Lasten mussten auf dem Rücken getragen werden, was bei den Steilhängen des Pinzgaues Schwerstarbeit bedeutete.
Beim Futterstall des Oberfurtlehens ist das Dach mit Legschindeln gedeckt, welche mit Stangen und Steinen beschwert wurden. Laut Datierung stammt der Bau aus dem Jahr 1887. Der Stall ist im Blockbau gezimmert, das Fundament bestand aus Natursteinen, die auf der Wiese gesammelt worden waren. Der Futterstall besteht aus zwei Geschossen. Im unteren war das Vieh untergebracht. Um der Kälte nicht zu viel Einlass zu gewähren, gab es nur wenige kleine Fenster. Gehackte Kanthölzer verwendete man dort, wo die Tiere untergebracht waren, damit es nicht durchzog. Die Fugen der eng aneinanderliegenden Holzblöcke wurden mit Moos abgedichtet. Die Tiere standen eng aneinandergedrängt, besonders Schafe sorgten für Wärme im Stall. In das obere Geschoss führte eine enge Treppe, die so genannte Futterstiege, sie war in der Mitte oder im hinteren Teil des Raumes angeordnet. Im mit Rundhölzern gezimmerten Obergeschoss wurde das Heu gelagert.
Der Stall stand im steilen Gelände, wodurch man das Heu über die Hochtenne ebenerdig in das Obergeschoss bringen konnte. Selten konnte man hier mit einer Maschine zufahren. Das Obergeschoss wurde aus Rundlingen errichtet und war zur Durchlüftung des Heus besser als heutige Ställe, das Heu konnte teilweise noch feucht eingebracht werden. Das Innere bestand aus einer durchgehenden, mittigen Tenne mit Zwingbrett, wovon die Hälfte des vorderen Teils zum Dreschen verwendet wurde. Das Holz der Dreschtenne wurde besonders dicht gezimmert, damit keine Körner verloren gingen. Von der Tenne aus wurde zu beiden Seiten das Heu abgeworfen und gelagert. An der Vorderseite ist ein Gang (Balkon) angebracht, der zum Trocknen des Getreides diente, erreichbar von der Tenne aus durch die Gangtür. Getreide getrocknet wurde nur beim „Hoamstoi” der sich unmittelbar beim Hof befand. Jungvieh wurde auch mit Getreide gefüttert, aber nie mit dem kostbaren Roggen. Altes Vieh bekam nur Heu und Wasser. Getreide wurde nie im Stall gelagert. Im Sommer war das Vieh auf den Almen. Das Gras auf den Hängen, welches von den Bauern gemäht wurde, diente als Winterfutter. Die Tiere wanderten im Oktober von der Alm zum „Hoachstoi”, wenn das Futter dort aufgefressen war zum „Mitterstoi” und dann zum „Hoamstoi”, im Mai wieder auf die Alm.
Die Platzierung der Ställe erfolgte je nach Notwendigkeit. Herr Josef Stöckl, der Altbauer des Oberfurtlehens, hatte direkt beim Hof keinen eigenen Stall. Die Tiere waren im 50 Meter entfernten Futterstall, „Hoamstoi” genannt, untergebracht. Der Futterstall musste einem Straßenbau weichen, deshalb konnte er in das Freilichtmuseum übertragen werden. Die Anzahl der Ställe richtete sich nach dem Viehbestand. Manche hatten, wie die Besitzer der Wurfalm, nur einen Stall neben dem Bauernhof und einen bei der Alm. In den Ställen wurden Rinder, Jungrinder, Schafe und Ziegen untergebracht. Der Pinzgauer Futterstall des Oberfurtlehens war ein reiner Zweckbau und deshalb fehlt auch jeglicher Schmuck am Bau.
Herr Stöckl, Altbauer vom Oberfurtlehen, berichtete von seinem Tagesablauf: „Am Abend wurde auf der Tenne Futter für die Tiere hergerichtet. Jedes Rind bekam einen ‚Futterbuschn', der zur Hälfte aus ‚Vormahd' [1. Schnitt] und zur Hälfte aus ‚Kroamahd'[3710] [2. Schnitt] bestand. Schafe bekamen nur Vormahd. Am nächsten Tag, zeitig in der Früh, wurden die Tiere gemolken und gefüttert. Die ‚Futterbuschn' wurden die enge Futterstiege hinabgetragen und den nahe beieinander stehenden Tieren, deren Hinterteile in Richtung schmaler Gang standen, vorgelegt. Die Milch wurde in ‚Buckelholzbitschn' zum Hof transportiert [30 bis 40 Liter pro Tag] und verarbeitet. Um ca. halb 8 Uhr wurden die Tiere zum nächstgelegenen Wasser getrieben und der Stall ausgemistet. Die Tiere mussten oft lange Wegstrecken auf Schnee und Eis bis zum Wasser zurücklegen. Schwierig war es auch, wenn die Wasserstelle tiefer im Tal lag und die Wiesen schon saftiger waren, die Tiere danach wieder zurück in den Futterstall zu bringen. Sie wollten natürlich die saftigen Wiesen abgrasen. Das Wasser wurde über hölzerne Brunnrohre in einen Lärchentrog geleitet, darüber befand sich ein Holzdach auf vier Säulen [‚Brunnstubn']. Der Brunnen fror Gott sei Dank nie ein. Der Mist wurde vor dem Stall, neben der Tür, aufgeschichtet und im Frühling auf die Wiesen ausgebreitet. Es gab kein Stroh zum Einstreuen zu kaufen, so wurden im Wald Reisig, Stauden, Moos gesammelt, klein gehackt und beim Stall auf einen Haufen gerichtet [‚Woadstroh'].”[3711]
Ein herzlicher Dank gilt den ehemaligen Besitzern der nunmehrigen Museumsobjekte, Frau Burgi Zörner, Herrn Josef Hollaus und Herrn Josef Stöckl, die sich Zeit genommen haben, auf die zahlreichen Fragen im Rahmen des Aufbaues der drei Almgebäude im Salzburger Freilichtmuseum Antworten zu geben.
[3702] In gekürzter Form erstveröffentlicht unter:[Gaurek 2002].
[3703] Vgl. [WernerP 1981].
[3704] Vgl. [WernerP 1981], S. 70.
[3705] Interview der Autorin mit Burgi Zörner, Austragbäuerin und langjährige Sennerin auf der Hasenhochalm, am 13. Juni 2000 sowie am 7. Juni 2001.
[3706] Interview der Autorin mit Burgi Zörner, Austragbäuerin und langjährige Sennerin auf der Hasenhochalm, am 13. Juni 2000 sowie am 7. Juni 2001.
[3707] Ein Kaskarl ist ein Holzgefäß, in dem der Käse ausrinnen konnte. Es ist an der Unterseite mit Löchern versehen. Meist stellte man darunter ein Auffanggefäß für die Molke, welche als Schweinefutter Verwendung fand.
[3708] Interview der Autorin mit Herrn Josef Hollaus, Bichlbauer, langjähriger Senner auf der Wurfalm, 14. Februar 2001.
[3709] Eine Art von Nudeln.
[3710] Das Wort, welches von „Mahd“ kommt, wird häufig auch als Grummet oder Krummat geschrieben.
[3711] Interview von Mag. Silvia Peterbauer mit dem Altbauern vom Oberfurtlehen, April 1997.