Als Schützenobrist vertreten Sie 101 Schützenkompanien im Land Salzburg. Worin sehen Sie die Aufgaben und Ziele dieser Vereinigungen?
Die Aufgaben dieser Vereine sind gespalten: Einerseits gibt es die Historischen Schützen, die es schon über 100 Jahre gibt, welche eine alte Tradition weiterpflegen, andererseits gibt es die Prangerstutzenschützen, die ja zum Teil neueren Datums sind – in etwa 30 bis 40 Jahre alt –, welche zum Verschönern der Feste und Feiern in den Orten gegründet wurden, wie zum Beispiel wenn jemand poltert, für das Hochzeitsschießen, für die Begleitung von Beerdigungen etc.
Die Historischen Schützen haben die Aufgabe, die alte Tradition zu pflegen und – so gut es geht – unverfälscht der nächsten Generation weiterzugeben. Das Althergebrachte – was die Vorfahren früher schon gemacht haben – wird weitergegeben, die Geschichte immer wieder aufbereitet und der nächsten Generation erzählt und weitergegeben, weil wenn jemand damit aufhört, weiß die nächste Generation nicht mehr, warum die Schützen eigentlich entstanden sind oder was ihre Funktion ist. Sonst glauben die Leute nur, dass die Schützen dazu da sind, ein Fest zu verschönern oder selbst ein Fest zu veranstalten, aber dass ein Grund auch da ist, die Geschichte von damals weiterzugeben, würde verloren gehen. Zum Beispiel Geschichtliches zu Werfen: Hier war Joseph Struber Landesverteidiger, der 1809 mit Schützen aus Werfen und Umgebung (Hüttau, St. Martin, Lammertal) die Franzosen und Bayern zurückdrängen konnte. Beim Überfall in Oberalm verkleidete sich Struber als Kellner, damit er nicht erkannt wurde. Das sind Dinge, die überliefert werden sollten – das ist auch das Ziel unserer Tradition.
In den letzten Jahren wurden auch neue Schützenkompanien gegründet. Worin liegt der Grund für das Interesse der Jugend?
Ich glaube, dass die Jugend großteils sehr heimat- und pflichtbewusst ist und dass die Jugend in Vereinen vor allem die Geselligkeit und die Kameradschaft sieht und einen sinnvollen Zeitvertreib sucht. Ein Verein betreibt nicht nur ein „Ausrücken“ und „Salven-Schießen“, sondern man kommt auch so zusammen – auf gemütliche Art und Weise, zum Beispiel veranstalten die Struberschützen in Werfen im Winter ein Zimmergewehrschießen, zu dem man sich alle 14 Tage trifft. Das ist eine ganz „lockere Sache“, wo nicht immer nur Schützenmitglieder dabei sind, sondern auch andere Leute kommen und wo es immer eine „Gaudi“ gibt. Ich glaube, dass auch gerade das die Jugend anspricht.
In erster Linie ist die Jugend von der Feuerwehr begeistert und in zweiter Linie ist es die Musik. Durch das Musikschulwerk wird die Jugend ganz stark zum Musizieren begeistert, das „greift“ auch und das spürt man in den Musikkapellen. Auch die Schützen sind gut bedient mit Nachwuchs und Jugend, jedoch nicht so stark wie beim vorher erwähnten Verein, aber es gibt keinen Mangel.
Gibt es auch weibliche Schützen?
Es hat sich nicht durchgesetzt; es gibt aber im Flachgau ein bis zwei Prangerstutzenkompanien, wo auch Frauen dabei sind – doch ich glaube, dass das eher ungewöhnlich ist. Ich glaube, in den historischen Vereinen ist die Frau an der Waffe oder am Gewehr nicht am richtigen Platz. Vielleicht denke ich da ein bisschen verkalkt und veraltet. Es gibt die Marketenderinnen, die sehr wohl einen Verein unterstützen, den Verein durch ihr Dabeisein – durch den Schnapsverkauf – aufwerten. Aus meiner Sicht soll es so bleiben, dass die Frauen für den Aufputz und zur Unterstützung der Kompanie eingesetzt werden, nicht aber dafür, dass sie mit der Waffe in der Kompanie mitmarschieren.
Es gibt keine Vorschriften, dass Frauen nicht dabei sein dürfen, aber ich glaube, das ist eine alteingesessene Tradition, dass das Männersache ist und wenn man schon bei der Tradition bleibt, dann sollte man das auch weiterhin so halten – aber wie gesagt, ich kenne eine Kompanie, wo eine Frau dabei ist, die einen Handböller hat. Wenn man sich das so überlegt, dass eine zierliche Frau eine so schwere Waffe in der Hand hält – ich glaube, das passt einfach nicht.
Der Umgang mit Gewehr und Prangerstutzen ruft in der Öffentlichkeit auch Unmut hervor. Wie gehen Sie mit diesen Vorwürfen um?
Es gibt immer Leute, die gegen irgendetwas sind, aber ich appelliere an die Schützen, dass sie es mit Vernunft machen. Wenn man zum Beispiel ein Hochzeitsschießen macht, muss man ja nicht unbedingt zwei Stunden nur schießen, sondern ich glaube, man kann das auch mit Vernunft machen und dann kann man das den Leuten auch erklären, dass das Brauchtum ist und nicht nur ein reines „Ballern“ – es gehört dazu, dass man schießt, man wünscht ja jemanden etwas. Wenn man eine Ehrensalve schießt, dann entweder zu Ehren Gottes, wenn es im kirchlichen Sinne ist oder wenn ich jemandem zum Geburtstag schieße, dann wünsche ich diesem alles Gute. Man muss das alles im Positiven sehen und nicht nur im Negativen: Es „kracht“ nicht nur, sondern hat auch einen Sinn.
Genauso hat das Hochzeitsschießen einen Sinn, aber – da muss man sagen – nur bis zu einem bestimmten Punkt. Wenn man das maßlos betreibt, ist das auch nicht in meinem Sinn und das ist genau der Punkt, bei dem die Leute verärgert werden. Wenn ich zum Beispiel jemanden zur Hochzeit schieße, dann möchte ich damit die besten Wünsche ausdrücken. Das kann man ja auch um sechs oder sieben in der Früh machen und nicht um fünf in der Früh, da ist die Vernunft der Schützen gefragt. Im Innergebirge gibt es nur Gewehrschützen, mit dreißig bis fünfzig Personen, die einen Schuss – eine Salve – abgeben, und dann ist die Sache erledigt. Das Hochzeitsschießen gibt es bei uns nicht – wenn eine Hochzeit ist, dann schießt man eine oder zwei Ehrensalven für die betreffende Person, aber das ist zum Beispiel überhaupt nicht vergleichbar mit den Prangerstutzen. Wenn man mit Vernunft an die Dinge herangeht, glaube ich, dass es keine große Diskussionen in der Öffentlichkeit geben wird.
Sie sind ein leidenschaftlicher Jäger. Was fasziniert Sie an der Jagd?
Ich bin ja Bürgermeister in Werfen, was eine sehr zeitaufwendige Beschäftigung ist und zusätzlich habe ich noch die Schützen, die auch sehr viel Zeit in Anspruch nehmen – zum begeisterten Jäger reicht meine Freizeit nicht. Die Jagd ist einfach ein super Ausgleich zu den anderen Beschäftigungen, bei denen man immer Kontakt zu anderen Personen hat und bei Festen oder bei Sitzungen dabei ist. Doch wenn man auf die Jagd geht, hat man die heilige Ruhe – man hört die Vögel pfeifen und singen, kann dabei richtig abschalten und die Seele baumeln lassen.
Wenn man heute „Jagd“ hört, darf man nicht so sehr ans Schießen denken – das ist meine Meinung. Ich glaube, das Beobachten und der Anblick des Wildes ist eine wunderschöne Sache und gibt einem Kraft, dass man die anderwärtigen Tätigkeiten mit einer Freude weiter macht. Auflagen bei der Jagd liefert der Abschussplan, der von der Bezirksbehörde vorgeschrieben wird und in diesem Rahmen muss man das Wild erlegen. Der gezielte Abschuss dient dazu, dass Waldschäden verringert werden – die Jagd ist gleichzeitig auch Hegen.
Schießen und Füttern ist für mich untrennbar miteinander verbunden, wobei mir das Hegen sehr viel mehr gibt als wenn ich etwas schießen muss. Man schießt das Wild, weil es dazugehört, man ist auch stolz, wenn man das erlegte Tier dann zur Trophäenschau bringt – das gehört auch dazu. Jedes Stück, das man schießt, ist ein eigenes Jagderlebnis, das im Gedächtnis hängen bleibt; es ist auch immer interessant, wenn man seine Stücke anschaut und darüber nachdenkt, was man dabei erlebt hat.
Ich habe das große Glück, dass ich durch meinen Beruf in andere Reviere eingeladen werde, und das ist für mich das Schönste an der Jagd. Man hat einen Jäger an seiner Seite, beobachtet noch viel mehr, weil man einen Fachmann dabei hat, der einem noch bessere Erklärungen geben kann bezüglich der Jagd. Vor einem Monat hatte ich ein Traumerlebnis bei der Hahnjagd in Dienten – da schießt man gar nicht gern: Vor mir waren vier Hähne, die balzten – ein wunderschöner Anblick, bei dem ich eine Stunde lang nicht geschossen habe aufgrund des Anblicks. Natürlich wurden sie erlegt, bevor sie abschwirrten. Das Erlebnis vorher war aber eigentlich viel schöner als das Schießen danach. Den Hahn lässt man sich natürlich ausstopfen und hängt ihn an die Wand – aber das Erlebnis an sich war traumhaft.