Das Aperschnalzen, ein Brauch des Alpenvorlandes, wird als vorchristlicher Brauch gedeutet. Über die Entstehung gibt es unterschiedliche Auffassungen. Die geläufigste Meinung ist, dass es um das Winteraustreiben gehe. Durch Lärm sollen die bösen Mächte der Finsternis und Kälte vertrieben werden. Manche Bauern wiederum glauben an einen Fruchtbarkeitsbrauch. Durch lautes Peitschenknallen solle die unter tiefer Schneedecke schlummernde Saat zu neuem Leben erweckt werden.[176]
Über das Aperschnalzen gibt es 1730 einen Hinweis[177], und zwar aus Gois. Im Jahre 1829 wurde in Bayern wegen Ruhestörung sogar ein richterliches Schnalzverbot erlassen. Belegt ist auch, dass zu Ehren des Erzherzogs Ludwig Viktor je eine Bauern-, Burschen- und Schulknabenpasse aus Siezenheim 1911 auf der Schlosswiese in Klessheim geschnalzt hat. 1928 schlossen sich die Muntigler Schnalzer, deren Jugend auch während des Ersten Weltkriegs aktiv war, zu einem Verein zusammen.[178]
Geschnalzt wird in Ortschaften beiderseits der Grenzflüsse Saalach und Salzach, und zwar zwischen Weihnachten und der Fastenzeit. Eine besondere Bedeutung kommt dabei dem historischen Rupertiwinkel zu. Auf dem Wiener Kongress wurden Stadt und Land Salzburg mit 1. Mai 1816 endgültig Österreich zugesprochen. Die Kornkammer des alten Erzstiftes Salzburg, nämlich die Pfleggerichte Waging, Tittmoning, Teisendorf, Laufen und Staufenegg, blieben bei Bayern und bilden seither den bayerischen Teil des Rupertiwinkels. Die Schnalzervereinigung, welche die Interessen der Aperschnalzer vertritt, anerkennt nur Schnalzergruppen, die ihren Sitz im Rupertiwinkel haben. Geschnalzt wird mit der sogenannten Goaßl. Sie besteht aus einem Holzstiel und einem Hanfseil, das sich nach außen verjüngt und mit schwarzem Pech eingelassen wird. Eine Goaßl misst im Regelfalle dreieinviertel Meter. Am Ende der Goaßl wird der Bast befestigt. Durch eine schnelle Richtungsänderung entsteht der Knall.
Geschnalzt wird in kleinen Gruppen, die man Passen nennt. Eine Schnalzerpasse besteht meist aus neun Mann (immer eine ungerade Zahl), die zwei Durchgänge schnalzen. Der sogenannte Aufdreher leitet das Schnalzen mit einem Ruf wie „Aufdrahdi, oani, zwoa, drei, dahin geht’s“ ein. Daraufhin schnalzen nacheinander alle neun Mann. Als letzter wird der kräftigste Bursche zum Draufschnalzen eingeteilt. Pro Durchgang schnalzt jeder Mann neun- oder elfmal. Die Passen legen darauf Wert, dass Buben mit Schuleintritt schnalzen können. Die Teilnahme von Mädchen ist „ent“ und „herent“ im Kommen.
Einmal im Jahr, und zwar eine Woche vor dem Faschingssonntag, treffen sich die Passen zum „Rupertigau-Preisschnalzen“. An dieser Brauchtumsgroßveranstaltung beteiligen sich ca. 2000 aktive Schnalzer aus Salzburg und Bayern. Sieben Preisrichter aus Bayern und Salzburg beurteilen die Leistung jeder Passe. Sie hören die Schnalzer, dürfen sie aber nicht sehen, um niemanden bevorzugen oder benachteiligen zu können. Bewertet wird nach gleichmäßigem Takt und der Lautstärke. Sie haben dabei auf die häufigsten Fehler – den „Zwicker“, den „Zicker“, den „Pfaucher“, den „Pfergizer“ und den „Murks“ – Bedacht zu nehmen. Die beste und die schlechteste Bewertung bleiben jeweils unberücksichtigt.
Einer „Dämonenaustreibung“ gleich hört sich der Generalpasch an, der den Abschluss eines jeden Gemeinde- und Rupertigau-Preisschnalzens bildet. Das Besondere daran ist, dass alle Teilnehmer gleichzeitig schnalzen.
218 Passen (78 Jugendpassen, 140 allgemeine Passen) haben 2020 am 67. Rupertigau-Preisschnalzen teilgenommen. Die begehrte Wandergoaßl ist an die allgemeine Passe Siezenheim II gegangen.
In Salzburg wurde das erste Preisschnalzen 1936 in Maxglan durchgeführt. Die ersten Preise – Passensieger und lautester Schnalzer – gingen damals nach Viehhausen. Die besten Ergebnisse bei einem Rupertigau-Preisschnalzen wurden bis dato (2020) in den Jahren 1986 und 2001 erzielt. Schnalzerpassen aus Gois (1986) und Siezenheim (2001) haben von 200 möglichen Punkten je 196 erhalten. Als Preise gibt es Urkunden und Bierkrüge. Der Siegerpasse wird darüber hinaus für ein Jahr die begehrte „Wandergoaßl“ (Siegespreis) übergeben. Früher ist der Wettbewerb nicht so ernst genommen worden wie heute. Wichtig war vielmehr der Brauch, in einer anderen Ortschaft zu schnalzen und damit das eigene Können zu zeigen, was meistens einen oder mehrere Doppelliter Bier einbrachte.
Zur Erhaltung des Brauches wie der Pflege des Aper- oder Faschingsschnalzens wurde die Schnalzervereinigung Rupertiwinkel gegründet. Dem Verein stehen derzeit (2020) als erster Vorstand Rudi Roider aus Kirchanschöring und als zweiter Vorstand Toni Langwallner aus Viehhausen vor. Im Flachgau und in der Stadt Salzburg gibt es Schnalzergruppen in Anthering, Bergheim, Gois, Liefering, Loig, Maxglan, Muntigl, Siezenheim, St. Georgen, Steindorf, Viehhausen und Wals. Letztere ist mit sechs allgemeinen Passen und zwei Jugendpassen der mitgliederstärkste Schnalzerverein.
In Loig gibt es eine „Schnalzerkapelle“ (1987) und in Saaldorf wurde 1988 der „Schnalzerbrunnen“ eingeweiht. 1993 wurde den Aperschnalzern eine Sonderbriefmarke gewidmet. 2013 wurde das Element Aperschnalzen im historischen Rupertiwinkel in das Österreichische Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen. Aktuelles zum „Rupertigau-Preisschnalzen“ gibt es auf Schnalzen.de.
„Schnalzts her mit der Goaßl,
daß’s tuscht und daß’s kracht,
ziahgts aus und schlagts drein
vo der Fruah bis auf d’Nacht!
Weckts’s Lebm wieder auf iatz,
lockts d‘Sunn wieder her,
auf daß’s net z’spat apert,
daß’s aufbricht, de Gfrer.
Weil noh is der Winter
der Herr über d‘Welt,
schaun d‘Eiszapfn füra,
liegn d‘Schneegwahn am Feld.
Z’Dreikini(g) hebt’s an schon
in Anth(e)ring und Wals,
in Loig entn schnalzn s‘,
z‘ Max(g)lan und in Gois.
Und gach hallt’s nand zruckauf
vom Boarischn ent,
vo Oanring und Perach,
vom Rupertigau drent.
Han eahn siebane, neune
oder elfe, oan Pass,
in Siaznhoam paschn s‘,
in Saaldorf und Straß.
‚Dahin geht’s!‘, so hört ma-r
an Aufdrahrer schrein,
de oan‘ schnalzn nache,
der Baß hintndrein.
Fünf Klafter meßt d‘Goaßl,
da braucht’s schon a Schmalz,
a Kraft wia der Deixl,
dann kracht’s und dann hallt’s.
Und d’Habergoaß schickn s‘nand
ah noh auf d’Roas,
stößt da(r) d’Hörndln gegen d‘Haxn,
und d’Leut hamd eahn‘ Gschpoaß.
Und geht eahn nand d‘Luft aus,
de Pascher, auf d‘Läng,
dann holn s‘eahn von Faßl
a Bier, und net z’weng.“[179]
[176] Anm. der Redaktion: Widergegeben werden hier ausschließlich die Meinungen der Brauchausübenden selbst.
[177] [Zinnburg 1972], S. 90
[178] Das Aper= oder Faschingsschnalzen. Zeitungsartikel (ohne Angaben) aus der Sammlung Engelbert Rehrl.