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Das Lied nimmt im Brauch die zentrale Vermittlerrolle der ihm jeweils zugrunde liegenden religiösen oder weltlichen Vorstellungs- und Ideenwelt, der sozialen Anliegen, der emotionalen Ausdrucksbedürfnisse, der Inhalte spezifischer regionaler oder überregionaler Traditionen wahr. Es lassen sich an ihm Tradition und Innovation, Bewahrung und Verlust, Reaktivierung, Anpassung oder Neuentwicklung ablesen.
Einerseits werden sehr lange Überlieferungen in strengen Formen gepflegt („Ölberg- und/oder Leiden-Christi-Singen“ in Großarl), andererseits werden alte Liedtraditionen mit Neuschöpfungen verknüpft – z. B. das von Tobi Reiser d. Ä. (1907–1974) begründete Salzburger Adventsingen[146]. In der Faschingszeit entsteht mit der Vermischung von Volks- und Kinderliedgut, alten und neuen Schlagern wie Regionalliedern ein Liedgut, das auch außerhalb des Faschings gesungen wird.
Ein Strukturwandel zeigt sich in den Inhalten und Gattungen des Brauchliedes. Überlieferte Texte werden der Sprache unserer Zeit angepasst, auch Kontrafakturen unterlegt. Neue Gattungen bilden sich heraus (z. B. die Fangesänge in den Sportstadien). Überraschend ist das große Interesse in der Bevölkerung – auch bei Jugendlichen – für alte Brauchgesänge. Das Lied hat als Kommunikationsträger im Brauch seine besondere Stellung und rückt in der kommunalen, regionalen und überregionalen Kulturarbeit ins Bewusstsein.