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4.27. Sommer der Kunst (Mario Jandroković)

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4.27.1. Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst in Salzburg

Die Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst in Salzburg[184] ist in einem halben Jahrhundert zu einem festen Bestandteil des öffentlichen Lebens der Mozartstadt geworden und setzt im sommerlichen Geschehen prägende Spuren. Mit den Lehrenden und Studierenden aus aller Welt, vor allem aber durch das Begleitprogramm wie Ausstellungen und Vorträge wird Salzburg in dieser Zeit zu einem internationalen Zentrum der Bildenden Kunst.

Heute (2003) kommen gut 400 Teilnehmende aus 35 bis 40 Staaten und allen Erdteilen, um Kurse bei renommierten Professorinnen und Professoren aus der ganzen Welt zu belegen und sich fünf Wochen lang intensiv mit Kunst auseinanderzusetzen. Nicht selten ist von den Kunststudentinnen und -studenten zu hören gewesen, dass sie in den wenigen Wochen weiter gekommen seien als in einem ganzen Jahr Kunstakademie. Die Einrichtung ist aber nicht nur eine Enklave professioneller Kunstschaffender (diese machen einen Anteil von 50 bis 60 Prozent aus), die Studierenden gehören generell allen Berufen und allen Altersschichten (von 17 bis weit über 70 Jahre) an.

Die Sommerakademie ist für viele ein alljährlich wiederkehrendes Ereignis. Einige der Studierenden hatten bereits zu Zeiten Oskar Kokoschkas (zwischen 1953 und 1963) teilgenommen. Auch hunderte kunstinteressierte Salzburger nehmen regen Anteil am Begleitprogramm – den Ausstellungen, Vorträgen und vor allem auch den Schlusspräsentationen der Klassen. Die Sommerakademie wird nunmehr (2003) an drei Orten abgehalten: auf der Festung Hohensalzburg, im Steinbruch Kiefer in Fürstenbrunn und in der Alten Saline auf der Pernerinsel in Hallein.

4.27.2. Oskar Kokoschkas „Schule des Sehens“

Als Oskar Kokoschka (1886–1980) nach dem Zweiten Weltkrieg (1939–1945) aus der Emigration nach Wien zurückkehren wollte, erging es ihm wie zahlreichen anderen Rückkehrern: Er wurde keineswegs mit offenen Armen empfangen. Die einstigen Kollegen an der Akademie wünschten gar nicht, dass der weltberühmte Maler bei ihnen eine Professur antrete.[185] Nicht zuletzt, weil Kokoschka wieder in seiner alten Heimat Fuß fassen wollte, gründete er gemeinsam mit dem findigen Galeristen Friedrich Welz 1953 die Internationale Sommerakademie (für Bildende Kunst) auf der Festung Hohensalzburg. Seine „Schule des Sehens“ sollte nicht Wurmfortsatz des gängigen Akademiebetriebes sein. Er habe nicht vor, Künstler am laufenden Band zu produzieren, schreibt er 1960.[186] Vielmehr wollte er den Teilnehmenden ein individuelles Seherlebnis eröffnen und ihr anschauliches Denken fördern.

Schon damals galt das Prinzip, dass nicht bloß professionelle Kunstschaffende willkommen sind. Nahmen im ersten Jahr 38 Studierende an den Klassen teil (Aquarell: Oskar Kokoschka, Bildhauerei: Uli Nimptsch, Architektur: Werner Hofmann), so waren es 1963, im letzten Jahr der Ära Kokoschka, bereits 326. Heute (2003) reicht das Angebot von Zeichnung über Malerei, Bildhauerei und Druckgrafik bis zu Fotografie, Video und Konzeptkunst (2002: 23 Klassen). Die Räumlichkeiten auf der Festung Hohensalzburg, Inseln besinnlichen Arbeitens im Touristenstrom, waren bald nicht mehr ausreichend. Strengere Sicherheitsvorkehrungen machten es etwa notwendig, dass die Tradition des Bronzegusses von der Festung weichen musste.

4.27.3. Orte der Begegnung[187]

Seit ihren Anfängen hat die Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst in Salzburg zahlreichen markanten Orten außerhalb der Festung Hohensalzburg ihren Stempel aufgedrückt. Ab 1955 fanden in der Lithografischen Werkstatt im Keller der Alten Residenz Sommerkurse statt. Später war die Litho-Werkstatt im Keller des Traklhauses untergebracht. Die Katholische Hochschulgemeinde an der Rückseite der Kollegienkirche, das Firmian-Salm-Haus (wo dann die Juridische Fakultät angesiedelt wurde), der Meierhof des Schlosses Leopoldskron, der Lehrbauhof in der Moosstraße am Fuße des Untersbergs dienten als Quartier der Sommerakademie.

Viele Orte der Stadt sind im Sommer von den Studierenden und Lehrenden nachhaltig geprägt worden. Besonders deutlich wurde der Einfluss der Sommerakademie auf das öffentliche Leben, als die Alte Saline in Hallein zu einem zweiten Standbein der Akademie wurde. Nicht zuletzt können zwei Galerien der Stadt, „Kunstforum“ und „Pro Arte“, alljährlich international renommierte Künstler/innen ausstellen, die auf der Pernerinsel in Hallein unterrichten. Die Sommerakademie prägt auch das Ausstellungsgeschehen in der Mozartstadt.

Gut ein Dutzend Ausstellungen finden jedes Jahr zur Kurszeit statt. Kleinere Galerien wie „Eboran“, „Fotohof“ oder „5020“ stehen ebenso auf dem Programm wie altehrwürdige Einrichtungen, etwa die Residenzgalerie. Die Sommerakademie ist zu einem traditionellen Ort internationaler Begegnungen geworden. Auch deshalb kehren Professoren und Studierende aus aller Welt regelmäßig nach Salzburg wieder.



[184] Salzburg hat zwei Sommerakademien, die gleichermaßen international ausgerichtet sind. Auf die Sommerakademie für Musik an der Universität Mozarteum Salzburg wird in diesem Text nicht eingegangen, sondern auf diejenige für Bildende Kunst.

[186] Brief von Oskar Kokoschka an die „Salzburger Nachrichten“, August 1960. In: [Wally 1993], S. 91–92.

[187] Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf das Ersterscheinungsjahr 2003.

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