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11.3. Karl Adrian: Osterbräuche

Karl Adrian (Ulrike Kammerhofer-Aggermann)

11.3.1. Karl Adrian: Von den Fastenbretzen[4028]

Eine Figur ist seit Jahren aus dem Straßenbilde unserer Stadt verschwunden und das ist der „Bretzenmann“. „Gsott’ne Bretzen“ ertönte seinerzeit der Ruf und in der eisigen Dämmerluft des Morgens stapfte durch den Schnee ein Mann; vor sich trug er einen Weidenkorb, in dem in langen Reihen nebeneinander das beliebte Fastengebäck die Bretzen aufgestapelt waren, in der Rechten hielt er gleich einer Turnierlanze einen langen Stab, daran war Bretze an Bretze gereiht und am unteren Ende verhinderte ein Querholz das Abrutschen des Gebäckes.

Ursprünglich hat das Bretzenbacken erst am Aschermittwoch, an manchen Orten wohl auch schon am Sebastianitag seinen Anfang genommen und dauerte bis zum Palmsamstag, an dem das Bäckerfeuer gelöscht werden mußte. In Salzburg war einst am Kunigundentag, das ist am 3. März, eine Bretzenspende an die Armen Sitte. Besonders in der Fastendult fand dieses Gebäck lebhaften Absatz, kostete doch das Stück ja nur einen Kreuzer, später zwei Heller. Da standen die Bretzenmänner und =buben vom Mitterbacherbogen angefangen an allen Ecken und Enden, soweit die Dult reichte.

Aber auch bei der ländlichen Bevölkerung war die Bretze sehr beliebt. In einem Dorfe des nördlichen Vorlandes war es gebräuchlich, daß die jährliche Osterbeichte nach Ständen und Ortschaften verrichtet wurde, was ungefähr 12 Werktage in Anspruch nahm. Diese Tage, sowie die Ortschaften und Stände, wurden vorher von der Kanzel verkündet. Zuerst kamen von jeder Ortschaft die ledigen Mannspersonen an die Reihe, an einem anderen Tage die ledigen Weibspersonen, hierauf gemeinschaftlich die Eheleute und so ging es in der Weise fort, bis alle Ortschaften daran gekommen waren.

Wer nun aus irgend einem Hause zur Osterbeichte ging, kaufte dann eine beliebige Anzahl Bretzen und verteilte diese bei der Rückkunft unter die Hausgenossen, wovon jedes wenigstens ein Stück, manchmal auch 4 bis 5 Stück erhielt. Diese Gepflogenheit wurde von jedem Beichtenden mit gewissenhafter Genauigkeit eingehalten. Es dürften aber auch 6 bis 7 Stück, vor dem Mittagessen genossen, einem gesunden Menschen den Appetit kaum verdorben haben.

Die Schulbuben, die am Palmsonntag auf hohen Stangen ihre Palmbüsche zur Palmweihe in die Kirche trugen, schmückten diese mit Äpfeln, buntgefärbten Hobelscheiten und einer Anzahl Bretzen. Das sogenannte „Bretzenhakeln“ wurde dann auch sehr stark betrieben, wobei jener Verspieler und auch zugleich Zahler war, dem das gewundene Mittelstück, Kreuz genannt, in der Hand verblieb.

Wollte die Hausfrau eine „Bretzensuppe“ machen, so kaufte sie dazu eigene, ungesalzene Bretzen, diese wurden mit gerösteten Semmelbröseln aufgeschmalzt, das heißt in Schmalz geröstet, um der Suppe Geschmack zu geben. War die Fastenzeit vorüber, so waren auch die Bretzen verschwunden und an ihre Stelle traten die Ostereier.

11.3.2. Karl Adrian: Osterfeuer im Lungau[4029]

Die Osterfeuer sind ein Ausdruck der christlichen Freude über das frohe Ereignis der Auferstehung. Schon in der vorchristlichen Zeit wurde zu Ostern ein Lichtfest gefeiert, indem man zu Ehren der Göttin Ostara hohe Feuerbrände entzündete. Die Kirche nun hat manche Gebräuche, die der vorchristlichen Zeit entstammten, gestattet und sie in ein christliches Gewand gekleidet.

Das Osterfeuer hat seine christliche Erklärung durch die Kirchengebote bei der Segnung des neuen Feuers erhalten. In den ältesten christlichen Zeiten wurde vor der Kirche das Feuer aus einem Feuerstein geschlagen, von da aus wurde das Licht in die Kirche und aus der Kirche in die Stadt getragen, die dann festlich beleuchtet wurde. Eusebius, der Geschichtsschreiber Kaiser Konstantins, erzählt: „Die heilige Ostervigilie verwandelte er in den hellen Tag, da hohe Säulen von Wachs in der ganzen Stadt errichtet wurden und Fackeln alle Orte erleuchteten.“ Die Osterfeuer unserer deutschen Heimat sollen auch ein Sinnbild der Auferstehung und ein Zeichen der christlichen Freude sein. Dieser schöne Brauch ist in unserem Lande nur im Lungau zu Hause.

Schon am Karsamstag trägt man aus den Gräben und von den Zäunen massenhaft Klaubholz zusammen, um es an einem schön gelegenen Platz aufzutürmen und um die Mitternachtsstunde anzuzünden. Je größer das Osterfeuer, desto größer die Ehre und da wird es kaum einen Bauer oder Häusler geben, der nicht sein Feuer brennt. Falls er sonst nichts hat, trägt er ein Bündel Stroh und den Palmbaum vom Vorjahre hinaus auf sein Feld und setzt beides in Brand. Die Leute können kaum die Mitternachtsstunde erwarten. Schon vorher eilt alles hinaus ins Freie, die Böller werden herbeigeschafft und geladen. Da ertönen die Glockenschläge, die die Mitternacht verkünden, vom Turme. Gleich nach verklungenem 12 Uhr Schlag erdröhnen die ersten Böllerschüsse und allerorts flammen hochauflodernde Osterfeuer, die über eine Stunde ihre bezaubernde Wirkung üben. Hier und dort blitzt es auf und schlägt in mächtiger Flamme empor zum dunklen Nachthimmel; so konnte man in einem Seitental des Gaues, das nicht viel mehr als 500 Seelen zählt, 50 Osterfeuer lodern sehen. Ununterbrochen hört man das Krachen der Böller, bald scharf in unmittelbarer Nähe, bald dumpfdröhnend aus der Ferne. Erst beim Aveläuten um 4 Uhr in der Frühe verstummt das Schießen. Viele Leute ziehen gemeinsam, brennende Kerzen in der Hand haltend, zur Kirche, um vor dem im Kerzenlicht erstrahlenden Auferstehungsaltar vier heilige Rosenkränze und eine Litanei zu beten. So wird im Lungau die Osternacht in frommer Weihe seit der Väter Zeiten gefeiert.

11.3.3. Karl Adrian: Die Langschläfer in der Osterwoche[4030]

Um Ostern zieht der Bauersmann mit Haue und Pflug auf den Acker; es beginnt nun die Feldarbeit. Von Ostern an ist’s bei den Bauern daher wieder zum „Frühaufstehen“. Für „zachaufstehende“ Knechte und solche Mägde, die sich nach der gemächlichen Winterszeit das sommerliche Frühaufstehen schwer angewöhnen, hat man im Pinzgau zur Aufmunterung für die Osterwoche eigene Spitznamen erfunden. Der Palmsonntag ist da der erste kritische Tag. Wer von den Hausgenossen am Palmtag zuletzt aufsteht, der wird „Palmesel“. Das wird aber keiner gern, besonders bei den Kindern ist der Palmesel sehr gefürchtet.

An den drei ersten Tagen der Karwoche mögen die Faulen nach dem Wecken wohl noch ein „Dunkerl“ wagen. Aber am Antlaßpfinstag (Gründonnerstag) muß einer schon beim ersten Rumpler des Weckschlägels aus dem Bett herauskugeln, sonst wird man der „Antlaßkarrn“. Das klingt gar nicht nobel. Am Karfreitag tummeln sich vornehmlich die Weiberleute mit dem Aufstehen; denn „Karfreitagratsch“ mögen sie sich nicht gern betiteln lassen. Vor dem „Tauflappen“ oder vor der „Tauflappin“ am Karsamstag haben Manderleut, Weiberleut und Kinder gleich großen Respekt, die will eben keins abgeben. Der Ostermorgen trägt dem zuletzt aufgestandenen Hausgenossen die Bezeichnung „Osterfähnling“ ein. Das hört sich schon mehr humoristisch an; wohl mit Rücksicht auf den hochfestlichen Charakter des Tages hat man eine mildere Anrede gewählt. Der Ostermontag holt übrigens wieder nach, was am Ostersonntag zu gelinde war. Wer da in der Früh als letzter zur Suppenschüssel kommt, dem schallt es scharf und spitzig entgegen: „Montagtol!“ Der steht so ziemlich im gleichen Rang wie der Tauflapp. Der Faulste am Osterdienstag endlich wird „da Waochönötter“ genannt, was beiläufig so viel heißt, wie „Hintennachfretter“. Wer alles wird vom „Palmesel“ bis herab zum „Waochönötter“, der muß schon ein ganz verstockter Faulmichel sein, so einer lernt das Frühaufstehen überhaupt nimmer und ist reif fürs Schlaraffenland.

11.3.4. Karl Adrian: Osterei und Weihbutter[4031]

Das Osterei erfreut sich in allen Kreisen der Bevölkerung, ob Stadt oder Land, einer großen Beliebtheit. In manchen Bauernhäusern des Vorlandes beläuft sich die Zahl der Eier, die um die Osterzeit hart gesotten werden, wohl an zwei= bis dreihundert. Diese werden dann auch zugleich gefärbt, manchmal auch beschrieben oder sonst mit allerlei Ornamenten versehen. Die ersten gefärbten Eier erhalten die Palmenträger am Palmsonntag, jeder 3 bis 4 Stück, die übrigen Hausleute je ein Stück. Dann werden am Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag wie am Ostersonntag Eier unter die Kinder und Dienstboten verteilt. Am Gründonnerstag soll auch ein Osterei in einen Ameisenhaufen vergraben werden, dessen geheime Wirkung man nach der Anschauung der Leute mit der Abwendung des Hagelschlages in Verbindung bringt.

Jeder Dienstbote des Hauses, sei es Knecht oder Magd, bekommt 12 Stück Ostereier. An den Ostertagen gehen die Patenkinder in das Haus ihrer Tauf= oder Firmpaten, dort erhält jedes 6 Ostereier und ein kleines Geldgeschenk. Kommen mit den Patenkindern auch noch Begleiter ins Haus, so erhält von den letzteren jedes 3 bis 4 Eier; ebensoviel werden Freunden und sonst gut Bekannten, die zufällig ins Haus kommen, gegeben. Jeder Arme, der während der Ostertage bei einem Hause um ein Almosen bittet, erhält zwei Eier.

Manche tragen ein geweihtes Ei hinaus, gehen in die Mitte des Feldes und vergraben es dort mit dem frommen Wunsche, daß alles Mißgeschick, besonders das Hagelwetter, davon abgewendet werden möge. In der gleichen Weise werden oft auch Eier auf die Hausdächer gelegt. Daß es auch verschiedene Eierspiele gibt, davon soll an anderer Stelle erzählt werden.

Zur Weihe der Ostereier am Morgen des Ostersonntages verwendet man besonders gerne jene Eier, die von den Hennen am Gründonnerstag gelegt wurden. Nebst diesen werden auch noch Brot, Salz, Butter, Selchfleisch und Kren zur Weihe in die Kirche gebracht. Beim Mittagessen bekommt dann jedes ein Ei, ein Stückchen vom Fleisch und geweihtes Osterbrot als Ostergabe. Ein sehr schöner Brauch, in dem sich besonders die Freundschaft und der Familiensinn offenbart, ist das „Weihgeah“ im Lungau. Am Ostermontag kommen die „Weihgeahra“, Godenkinder, Verwandte, gute Bekannte zu dem Bauern, von dem sie schon früher geladen wurden. Dort erhalten sie das Weihessen, Braten, Kaffee und Kuchen. Was sie nicht aufessen, tragen sie in einem Tüchel eingebunden als „Weihpackl“ mit nach Hause.

Besonders liebt man es, die Butter in kunstvolle Gebilde umzugestalten, und es erregt unsere Bewunderung, wenn man sieht, wie so ungefüge Hände so geschmackvolle Sachen zustande bringen. Kunstfertig formt man hübsche Figuren, das Christkindl auf einem Polster ruhend, die Flucht nach Ägypten, das Osterlamm auf einem Buch, Hühner und Walfische, zumindest schmückt man den goldgelben Butterknollen mit dem schönsten Hochzeitssträußchen. Besonders berühmt ist in dieser Beziehung der Lungau. Dort baut man gleich ganze säulengetragene Tempel aus Butter auf, deren Spitze von dem auferstandenen Heiland gekrönt wird. Verschlungenes Krauswerk und mit Buttermerkel eingedrückte Darstellungen zieren die Seite. Beim festlichen Mittagsmahl am Ostertage kommt diese Butter als prangendes Schaustück auf den Tisch, um später dann verzehrt zu werden.



[4028] [Adrian 1924], S. 98–99.

[4029] [Adrian 1924], S. 111–113.

[4030] [Adrian 1924], S. 113–114.

[4031] [Adrian 1924], S. 114–115

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