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Die Rechtsentwicklung des Vereinswesens (Manfred König)[486]

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Früheste Vereinsbildungen

Vereine als freiwillige, körperschaftlich organisierte Verbindungen mehrerer Personen zur Erreichung eines gemeinschaftlichen Zwecks gibt es seit früher Zeit. Rechtsgeschichtlich belegbar sind sie für das heutige Österreich erst im römischen Kaiserreich. Bereits nach dem Zwölftafelgesetz (Hauptquelle des Privatrechts der altrömischen Periode – um 450 v. Chr.) war die Vereinsbildung für jeden nicht gesetzwidrigen Zweck erlaubt. Im Zuge der Romanisierung kam das römische Privatrecht auch in den österreichischen Alpenländern zur Anwendung.

Diese Privatrechtsentwicklung, die auch für das genossenschaftliche Zunft- und Vereinswesen des Mittelalters bedeutend war, wurde von deutschen, römischen und kanonischen Rechtssystemen beeinflusst. Unter dem Druck äußerer Verhältnisse, wie ländliche Wirtschaftsverfassung und Kolonialisierung, kam es auch im mittelalterlichen Österreich zur Bildung verschiedenartiger Genossenschaftsformen.

In der neuzeitlichen Rechtsentwicklung (ab ca. 1500) erfolgte die juristisch genaue Ausgestaltung dieser genossenschaftlichen Organisationsformen. Gefördert wurde dies durch den Anspruch der erstarkten Obrigkeit, den Schutz des Einzelnen durch die Genossenschaft entbehrlich zu machen, um die Entstehung und Tätigkeit von Gemeinschaften und Personenvereinigungen aller Art staatlich zu kontrollieren.

Vereinsverbote und Normierungen

Als Folge zunehmenden staatlichen Misstrauens gegenüber Vereinigungen befassten sich die ältesten vereinsrechtlichen Vorschriften in Österreich mit den geheimen Gesellschaften. Ein allgemeines Verbot aller geheimen Gesellschaften findet sich im „Hofdekret vom 27. April 1801“, vorrangig erlassen zur Unterbindung bestimmter politischer Bestrebungen und Vereinigungen.

Die Entwicklung des Vereinsrechts in Österreich war vom Konzessionssystem bestimmt und beherrschte die Vereinsgesetzgebung bis 1867. Es wurde nur kurz unterbrochen durch das Kaiserliche Patent von 1849, das die Ausübung des sofort zugestandenen freien Vereinigungs- und Versammlungsrechtes nach dem Anmeldesystem regelte. Erst das Vereinsgesetz (VG) vom 15. November 1867 ersetzte das bisher geltende Konzessionssystem für die nicht auf Gewinn gerichteten Vereine entgültig durch das Anmeldesystem.

Historisch hängt das österreichische Vereinsrecht eng mit dem Versammlungsrecht zusammen. Beide Grundrechte gehören zu den Errungenschaften der liberalistischen Bewegungen des 19. Jahrhunderts.

Vereinsentwicklung im 20. Jahrhundert

Nach dem Wandel der Staatsform Österreichs von der Monarchie zur Republik galt das öffentliche Recht gemäß Beschluss der Provisorischen Nationalversammlung vom 30. November 1918 weiter, wobei Ausnahmeverfügungen für die Vereinsfreiheit aufgehoben wurden. Mit der Verschärfung der wirtschaftlichen und politischen Krise in Österreich und dem Verfassungsbruch von 1933/34 kam es zur ständestaatlichen Verfassung von 1934 und somit zu erheblichen Beschränkungen der Grundrechte und damit auch der Vereinsrechte. Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich wurden die Grundfreiheiten des Vereins- und Versammlungsrechtes vollständig aufgehoben.

Die Unabhängigkeitserklärung Österreichs (27. April 1945) brachte auch in menschenrechtlicher Hinsicht einen Neubeginn. 1951 wurde das Vereinsgesetz 1867 mit Kundmachung der Bundesregierung als „Vereinsgesetz 1951“ wiederverlautbart und wiederholt novelliert. Im Jahr 1996 wurde von einer interministeriellen Arbeitsgruppe ein Entwurf zu einem gänzlich neuen Vereinsgesetz vorgelegt. Dieser Reformentwurf ist am 1. Juli 2002 als Vereinsgesetz 2002 in Kraft getreten. Von ebenfalls zentraler Bedeutung für die innerstaatliche Grundrechtsordnung Österreichs war 1958 der Beitritt zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK).

Mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union am 1. Jänner 1995 entstanden beim österreichischen Vereinsrecht auch Anknüpfungspunkte zum europäischen Recht. Insbesondere wirtschaftliche Aktivitäten von Sportverbänden unterliegen dem Gemeinschaftsrecht. Nur ausschließlich ideelle Vereinstätigkeiten sind von der Anwendung europäischer Rechtsnormen grundsätzlich ausgenommen.



[486] Kurzfassung von Ilona Holzbauer

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