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Das richtige Maß zwischen Tradition und Fortschritt (Heinrich Christian Marckhgott)

HR Dr. Heinrich Christian Marckhgott, Landesamtsdirektor von Salzburg, hat am 26. Jänner 2005 ein schriftliches Statement an die Herausgeberinnen übermittelt.

Als oberster Beamte des Landes sind Sie für das „Funktionieren“ des Amtes der Landesregierung verantwortlich. Wie lassen sich in der heutigen Gesellschaft Wirtschaftlichkeit und eine zeitgemäße Unternehmenskultur bei einer Gebietskörperschaft umsetzen?

„Verwaltung“ ist ja nichts anderes als die Administration von Regeln für das Zusammenleben einer Gesellschaft; wurden früher diese Regeln von einem Herrscher vorgegeben, gibt sich die Gesellschaft diese Regeln – im Wege ihrer gewählten Parlamentarier auf Bundes- und Landesebene – selbst. Genauso wie sich eine Gesellschaft wandelt, mit ihrem Wertegefüge, ihren Traditionen, Bräuchen und Konventionen, so verändert sich naturgemäß auch die Verwaltung: Die Transformation vom Obrigkeitsstaat zur Bürgergesellschaft verändert auch die Verwaltungsstrukturen von Grund auf: Parameter wie Bürgerfreundlichkeit, Servicefunktion, wirtschaftlicher Ressourceneinsatz, Deregulierung, usw. haben längst in den Landesdienst Eingang gefunden und prägen als Selbstverständlichkeit eine zeitgemäße Unternehmenskultur. Die Bürger müssen im gesellschaftlichen Zusammenleben auf Rechtssicherheit und Kontinuität vertrauen können. Deshalb lege ich Wert darauf, dass diese Transformation der Verwaltung nicht „revolutionär“, sondern „evolutionär“ in vielen kleinen – oft auch fast unmerklichen – Schritten vor sich geht.

In der Vergangenheit war der Beamte der stilgeübte Vertreter des Staates in Sprache, Amtstracht und Verhalten. Heute gilt der Beamte als Dienstleister der Bevölkerung. Was halten Sie im Leitbild des Landes Salzburg heute für notwendig?

Das Eine schließt das Andere nicht aus: Auch als Dienstleister hat der Beamte selbstverständlich stets korrekt und sachkundig zu agieren, auch wenn eine Amtstracht oder Uniform nur mehr in wenigen Verwaltungsbereichen – etwa im Exekutivdienst – vorhanden ist. Das freundliche, korrekte und sachkundige Auftreten und Agieren gegenüber den Bürgern ist daher im Leitbild des Salzburger Landesdienstes an zentraler Stelle festgeschrieben. Dieses Leitbild wurde im Rahmen des großen Projekts zur Verwaltungsmodernisierung „Landesdienst 2000“ grundlegend überarbeitet und den Bedürfnissen einer modernen Bürgergesellschaft angepasst. Wir brauchen uns heute als Verwaltung in vielen Bereichen vor niemandem, auch nicht vor der Privatwirtschaft zu verstecken. Allerdings darf auch nicht verschwiegen werden, dass eine Verwaltung nicht nur aus Servicetätigkeiten besteht. In manchen Bereichen müssen wir auch mit staatlichen Zwangsmitteln und Strafen agieren, um unserem gesetzlichen Auftrag nachzukommen. Aber auch hier ist die Regel „Der Ton macht die Musik“ für eine moderne Verwaltung eine Selbstverständlichkeit geworden.

Sie haben in Ihrer Funktion als Landesamtsdirektor den Vorsitz über die wissenschaftliche Kommission des CD-ROM-Projektes „Bräuche im Salzburger Land“ übernommen. Welche Bedeutung haben Bräuche und Traditionen für Sie persönlich?

Das Generalthema dieses CD-ROM-Projektes „Bräuche im Salzburger Land“ ist in seiner Vielschichtigkeit faszinierend: Nicht nur der Jahresfestkreis und der gesamte Lebenslauf von der Geburt bis zum Tod wird in seinen Traditionen und Ritualen, sondern auch gesellschaftliche Randerscheinungen und Verschneidungen mit anderen Kulturen werden beleuchtet und auch neue Entwicklungen werden dargestellt. Die Mitwirkung von Wissenschaftern und Praktikern aus den verschiedensten Bereichen geben Gewähr für eine Bearbeitung aus allen möglichen Blickwinkeln. Aus meiner früheren Funktion als Bezirkshauptmann des Flachgaues in Salzburg habe ich selbst in vielfältiger Weise unsere Traditionen und Bräuche erlebt und dabei erfahren, wie viel sie den Menschen gerade in unserer schnelllebigen, oft auch oberflächlichen Zeit bedeuten: Sie geben unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern – und auch mir – vielfach Halt und Heimat im besten Sinn dieses Wortes. Vieles im Verhalten wird erklärbar aus Überlieferung und Tradition. Das daraus erfließende Wertebewusstsein ist das beste Fundament für Offenheit und Aufgeschlossenheit neuen Entwicklungen gegenüber; es ist gleichzeitig aber auch der beste Schutz vor der Gefahr, Bewährtes vorschnell über Bord zu werfen und Neues kritiklos zu übernehmen. Und hier schließt sich der Kreis zur Verwaltung, die ja ebenfalls auf Kontinuität ausgerichtet ist und das richtige Maß zwischen Tradition und Fortschritt finden muss, um ihren gesellschaftlichen Grundauftrag, nämlich das Zusammenleben in der Gemeinschaft bestmöglich zu regeln, gut erfüllen zu können. Daher war es mir ein wichtiges Anliegen, in der wissenschaftlichen Begleitung dieses Projektes mitzuarbeiten!

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