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Die „Lamplwallfahrt“ heute auch „Lieferinger Bittgang“ genannt, dürfte die älteste aufrechte Pfarrwallfahrt nördlich der Alpen sein. Sicher ist sie die Einzige, die unmittelbar auf die mittelalterlichen Kreuztrachten aus dem 14. Jahrhundert zurückgeht. Die Lieferinger, deren Ort bereits 788/790 in den Quellen aufscheint, setzen damit seit 1930 ungebrochen eine Tradition ihrer einstigen Mutterpfarre Siezenheim fort.
Vermutlich nach der großen Pest um 1350 begannen die Kreuztrachten (= die dem Vortragekreuz folgenden Pfarrvölker) aus dem Umland mit dem Besuch der Salzburger Hauptkirchen. Die Kreuztracht der Großpfarre Siezenheim ist bereits für 1376 nachgewiesen. Auch die Angehörigen der Siezenheimer Filialkirchen wie Liefering nahmen an der Wallfahrt teil, bei der schon bald ein Lamm für Stift Nonnberg mitgeführt wurde. Das Stift übernahm nämlich (schon vor 1400?) die Dacherhaltung der Siezenheimer Kirche, obwohl diese dem Domkapitel zugehörte. Der wechselweise behauptete und bestrittene Zusammenhang zwischen dem an Nonnberg gelieferten Zehent und der Kirchendachdeckung war mehr als ein halbes Jahrtausend Anlass für Auseinandersetzungen zwischen der Stiftsverwaltung und den Siezenheimern, die ab 1929 den Wallfahrten fernblieben.
Da die Siezenheimer ihre damals 650 Jahre alte „Lamplwallfahrt“ ab 1929 nicht mehr durchführten, setzte Liefering (erst Filiale und ab 1929 Expositur Siezenheims, seit 1940 eigene Pfarre) ab 1930 die Tradition als Lieferinger Bittgang fort. Dieser findet bis heute großen Zuspruch und beginnt jeweils am 1. Mai in Mülln, wo man sich einst mit den Siezenheimern getroffen hatte. Durch das Gstättentor geht es über den Herbert-von-Karajan-Platz und an den Festspielhäusern vorbei zunächst zum Dom, dann nach St. Peter und schließlich auf den Nonnberg. Vor dem Dom werden die Lieferinger nach einem alten, für keine andere Pfarre geltenden Privileg beim Erscheinen ihrer Prozessionsfahnen mit der großen Bischofsglocke empfangen.
Hatten die Lieferinger zunächst auf das Mitführen eines Lammes – als ursprünglich Siezenheimer Angelegenheit – verzichtet, so führten sie Ende der 1950er-Jahre wieder ein Jungtier mit, konnten damit die Siezenheimer aber nicht zur neuerlichen Teilnahme bewegen. Ab 1965 brachten sie den Nonnbergfrauen anstelle des Lammes einige Kilogramm Kaffee. In den 1980er-Jahren wurden zweimal Lämmer mitgenommen. Ab dem Jahr 2000 will man etwa alle fünf Jahre wieder ein Lamm bringen. Das 2000 übergebene Lamm wurde in einem Schafstall am Abersee (Wolfgangsee) untergebracht.