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Gebaute Gastlichkeit (Bernhard Tschofen)[405]

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Prädikat „alpin“

Die Moderne hat den Alpen nicht nur den Ruf eingetragen, eine besondere Landschaft zu sein, in der sich Natur und Kultur gegenseitig bedingen, sondern auch eine „alpine Architektur“. Auf dem Gebiet des Hausbaus und der Hausforschung ist der Begriff des „Alpinen“ bereits im 19. Jahrhundert[406] für Kulturelles benutzt worden. Die bauliche Realität des Alpenraums im 20. Jahrhundert steht im Zusammenhang mit einer mehr als hundert Jahre zurückreichenden Debatte der Hausforschung und Architektur.

Die Tourismusarchitektur ist ebenso wie die Tourismuskritik Bestandteil des Reisens. Die Tourismuskritik lässt den Blick von abgenutzten Landschaften auf neue Destinationen richten. Weiters lässt sie neue Praktiken und Stile entstehen, die als kulturkritische Antwort auf gängige Formen verstanden werden wollen. Das verbindet die als „Anders Reisen“ benannte und am Anfang der inzwischen erfolgreichen Marke „Sanfter Tourismus“ stehende Idee der Alternativbewegung mit der stilbildenden Form des Alpentourismus. Das „Alpine“ ist nicht im Gegensatz zur Moderne zu verstehen, sondern ist eine soziale und historische Gleichzeitigkeit zu ihr.

In welchem Verhältnis stehen nun Tourismus, Architektur und Kultur zueinander? Welche Auswirkungen hat die veränderte Rolle des Tourismus in gegenwärtigen Alltagen für Tourismus und Freizeit in den Alpen? Welche Möglichkeiten einer Architektur in den Alpen sind heute gegeben?

Tourismus und Alltag[407]

In einem zumindest zwei Jahrhunderte währenden historischen Prozess wurden an die Alpen Bilder und Werte herangetragen, die sie bis heute zu Identitätsressourcen machen.

Die Rituale des Landschaftsgebrauchs (Wandern, Seilbahnfahren etc.) haben dazu beigetragen, dass aus schönen Landschaften nationale Landschaften wurden. Tourismus ist keine Angelegenheit der Ferienzeit mehr, Tourismus bestimmt Wochenenden und Feierabende und lagert sich zunehmend in alltägliche Konsumgewohnheiten ein.

Wir werden immer öfter und immer kürzer zu „Touristen“ und konsumieren „formatierte Kultur“ (sei es in der Autobahnraststätte, im neuen Museum und auch zuhause, wo uns die Produkte touristischer Logik und Ästhetik umgeben). Auch die sanft gewendete Tourismusindustrie setzt auf diese Tendenz und trägt dazu bei, die eigene Umwelt touristisch zu sehen. Ein Umstand, der im „Tourismusland Österreich“ Tradition hat.

Architektur für Tourismus und Freizeit[408]

Das Konzept „Regionalität“ ist nicht gegen die Modernisierung gerichtet. In seiner Suche nach dem „Besonderen im Eigenen“ ist es ein Zeichen erfolgter Globalisierung. Vorstellungen vom Alpinen durchdringen heute weite Bereiche des Alltags und bestimmen das Leben in ihnen.

Architektur ist mehr als eine „ästhetische Konstruktion“ und Tourismus nicht nur „sieben Tage Vollpension“. Architektur beginnt dort, wo gestalteter Raum zum Auslöser von Erfahrungen und zum Gegenstand kulturellen Handelns wird. Bauten für Tourismus und Freizeit sind nicht nur Ausdruck bestimmter Kulturkonzepte und ästhetischer Orientierung, sondern strukturieren zugleich Wahrnehmung.

Die Qualität der neuen Tourismusarchitektur macht dies sichtbar. Die im „Internationalen Jahr der Berge“ (2002) mit dem Staatspreis für Tourismus- und Freizeitarchitektur ausgezeichneten Objekte (Innsbrucker Bergiselschanze, Arlberger „Hotel Anton“) sind dafür Beispiele. Diese Bauten verbindet, dass sie auf Entwicklungen in Gesellschaft und Kultur eingehen. Dahinter steht kein Lebensstil oder Tourismus, den es vielleicht so bereits gar nicht mehr gibt. Neues Bauen für Gäste in den Alpen kann auch durch die Neuordnung von Bestehendem qualitätsvoll sein.



[405] Kurzfassung von Ilona Holzbauer und Melanie Lanterdinger auf Basis des Beitrags: [Tschofen 2004b].

[406] Vgl. die Beschreibungen, Zeichnungen, Dokumentationen, die auf „Alpenreisen“ von den Reisenden angefertigt wurden.

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