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Der Autor stellt – ausgehend von seiner 1966 aus Jugoslawien nach Schwarzach im Pongau eingewanderten Familie – unter „Mehr zum Thema“ eine Geschichte der Zuwanderungen in den Pongau dar.
Schon im Zuge des Eisenbahnbaus kamen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts viele Menschen aus dem Raum der Habsburgermonarchie in den Pongau. Damals herrschte noch großes Misstrauen gegenüber allem Fremden. Und das, obwohl die Volkszählung von 1869 nur 4,5 % Fremde auswies, davon nur 0,35 % aus Ländern außerhalb der Monarchie. Einige von ihnen siedelten sich auf Dauer an.
Ab 1941 bis 1950 kamen mehr als eine halbe Million Flüchtlinge nach Salzburg, darunter viele so genannte „Volksdeutsche“, für die neue Wohnsiedlungen errichtet wurden. Die nächste Welle kam in den 1960er Jahren im Zuge des Wirtschaftswunders in erster Linie aus Tito-Jugoslawien, aber auch aus der Türkei. Viele dieser Menschen wollten nur wenige Jahre hier arbeiten und wurden schließlich doch dauerhaft ansässig.
Damals war der Pongau noch traditionell bestimmt, die „global codes“ waren noch nicht eingedrungen. So entstanden neue Formen des Miteinanders, die auch Punkte der Reibung durchmachen mussten. Die Zuwanderer pflegten teils ihre eigene Kultur weiter, teils akkulturierten sie sich, teils brachten sie neue Kommunikations-, Musik- und Speisesitten in die Region ein.
Die Eltern des Autors kamen 1966 aus Jugoslawien nach Österreich und fanden Arbeit in einer Süßwarenfabrik in Schwarzach im Pongau. Sie kamen in eine gänzlich andere Welt, in der sie nur für einige wenige Jahre „Zwischenstopp“ einlegen wollten und letztendlich doch ansässig wurden – ein Beispiel für viele Migrantenschicksale in den 1960er- Jahren. Ende der 1960er-Jahre zog das Ehepaar nach Bischofshofen. Der heute bevölkerungsreichste Ort des Pongaus gewann ein Jahrhundert zuvor durch den Eisenbahnbau an Bedeutung. Die Einwohnerzahl stieg beträchtlich. In diesen frühen Jahren waren vor allem die Wohnungen Treffpunkte der Geselligkeit. Es wurden ausgelassene Feste gefeiert, die jedoch für kleinere Reibungspunkte mit der Nachbarschaft sorgten.
In den späten 1960ern waren die Eroberung exotischer „Kulturen“ oder von deren kulinarischen Spezialitäten noch nicht weit gedrungen. Kebab, Pizza und Hamburger waren für den Großteil der Bevölkerung in Bischofshofen noch unbekannt. Inzwischen sind die verschiedenen Volksgruppen gemeinsam alt, die ursprünglichen Migranten sind zu „Alteingesessenen“ geworden und tragen aktiv zum Gemeindeleben bei. Der zugewanderte Kaminkehrermeister Adolf Pokorny zum Beispiel gründete in den 1920er-Jahren eine Bauernkapelle, von der das älteste Volksmusikdokument des Landes Salzburg auf Tonträger stammen soll.
Als in den 1990ern Kriegsflüchtlinge aus dem umkämpften Jugoslawien kamen, waren auch diese für die früheren Einwanderer wieder fremde Eindringlinge, an die man sich erst gewöhnen musste.