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Die Stille-Nacht-Prangerschützen Arnsdorf (Franz Oberascher)

Franz Oberascher, Schützenhauptmann der Stille-Nacht-Prangerschützen Arnsdorf, Hauptschullehrer, gab Marina Wimmer am 18. Juni 2003 in Salzburg ein Interview.

Die Traditionsschützen treten in der Hauptsache bei festlichen Anlässen auf. Welche Rolle kommt Ihnen in diesem Rahmen zu?

Meine Rolle in diesem Rahmen heißt, ich habe als Schützenhauptmann diese festlichen Anlässe zu organisieren, ich weiß im Vorhinein aufgrund der kirchlichen Feste und Abläufe, aufgrund des Planes der Salzburger Volkskultur und der kameradschaftliche Kontakte mit den Nachbarvereinen, was auf uns Schützen bezüglich Ausrückungen zukommt und wozu wir dann höchstwahrscheinlich eingeladen sind. Also erstens einmal der große Punkt: ich organisiere den groben Ablauf.

Im Weiteren berufe ich Sitzungen ein, wir haben einen Ausschuss. Bei diesen Sitzungen wird dann konkretisiert, wo wir auftreten, ob wir mit dem ganzen Verein oder nur mit einer Abordnung auftreten und was, je nach Anlass, hier Besonderes zu tun ist. Der festliche Anlass wird meistens definiert sein, sei es ein Schützenfest, sei es ein besonderer Anlass im Rahmen des Vereines, zum Beispiel eine Hochzeit, es kann auch das Gegenteil sein, wozu eben im Vorhinein nicht gerufen wird, nämlich ein Begräbnis, oder auch ein Geburtstagsschießen, Anlässe im Kirchenjahr, oder Sonstiges, das aufgrund von Feierlichkeiten einberufen wird.

Bei Schützenfesten, die ja mindestens ein Jahr vorher bekannt sind, ist unser Verein komplett anwesend. Je nachdem wie weit das entfernt ist, organisieren wir einen Bus und fahren dort in Schützentracht hin: mit Taferlbub, Fahne, Marketenderinnen – von denen wir vier haben – und eben Hauptmann/Stellvertreter und die Mannschaft. Wir haben auch noch ein Pulverfass mit einem Pulverfassträger. So rücken wir aus, melden uns dort bei der Kompanie, die das Fest einberufen hat, beziehen unsere Festtagsmascherl oder Anhänger, je nachdem, und nehmen am Festzug teil: mit Begrüßung, dann der Festakt, wo wir mit oder ohne Musikkappelle dabei sind und es ist vom Veranstalter geregelt, wie wir beim Festakt mitwirken.

Kleinere Feste, zum Beispiel Hochzeiten, werden von uns durch den so genannten Weckruf eröffnet. Der ist ja geregelt: ab 6 Uhr in der Früh wird der Bräutigam, oder falls die Braut auch unterstützendes Mitglied ist, auch die Braut, von uns Schützen durch eine Abordnung – rund sechs bis zehn Leute – geweckt. Meistens wird man dann in die Stube zu einem kleinen Frühstück hineingebeten, man unterhält sich, es ist immer relativ interessant in der Früh schon zu erzählen. Man schießt um 7 Uhr wieder, bleibt eventuell, wenn es noch gewünscht wird, noch eine Stunde und schießt um 8 Uhr noch einmal, um das Brautpaar in den Jubeltag zu entlassen. Heiratet ein aktiver Schütze, wird dann auch noch vor bzw. nach der Brautmesse geschossen, auch wenn das in einer anderen Gemeinde passieren soll – wir verabreden uns im Vorhinein mit den Behörden, dass die nicht vor den Kopf gestoßen werden.

Bei einem Begräbnis eines aktiven oder unterstützenden Mitgliedes gehen wir mit, und wenn von der Musikkapelle der „Kamerad“ gespielt wird bzw. „Eine Reise“ beim Ablassen des Sarges ins Grab, geben wir drei Schüsse von außerhalb des Friedhofes ab, mit entsprechendem Abstand zu den Trauergästen, aber doch noch in einer Entfernung, dass alle das klar und deutlich hören.

Geburtstagsschießen heißt, wir melden uns bei dem entsprechenden Jubilar an. Falls er oder sie uns einlädt, kommen wir meistens gegen Abend zu ihm, schießen ein Lauffeuer, wobei die Faustregel heißt: Pro zehn Lebensjahre ein Schuss. Das ist meistens verbunden mit einem gemütlichen Beisammensitzen und einer Ansprache des Hauptmannes und Übergabe eines Geschenkes von großem ideellem Wert. Falls die politische Gemeinde zu Jubiläen, Eröffnungen, Besuchen einberuft, wie vor kurzem als der Erzbischof Alois Kothgasser Arnsdorf besucht hat, weil es heißt, dass es seit Erzbischof Arn Brauch ist, dass ein Erstantrittsbesuch nach Arnsdorf zur Marienwallfahrt stattfindet – sind wir auch hier ausgerückt und haben ihm gratuliert und ihm unsere Ehre mit einem Lauffeuer erwiesen, auch auf Wunsch der politischen Gemeinde.

An eigenen Festen, die wir veranstalten, gibt es fast jedes Jahr ein Dorffest in Arnsdorf. Letztes Jahr haben wir einen Adventmarkt gemacht in Zusammenarbeit mit dem „Michael Haydn Chor“, der uns ein Konzert in der Kirche gesungen hat, wir haben den Adventmarkt veranstaltet, ich habe ein paar adventliche Lesungen gemacht.

Die Schützen sind vereinsmäßig organisiert und nehmen oft Aufgaben für die Gemeinschaft wahr – wo sehen Sie besondere Möglichkeiten für die Schützen, sich in einem Dorf zu engagieren?

Da gibt es eine Menge. Gemeinschaft ist auch, wenn wir mit Leuten zusammensitzen, um Hochzeit, Geburtstag oder Ähnliches zu feiern. Wir versuchen auch vom Verein aus immer wieder Brücken zu schlagen und die Dorfgemeinschaft zu schmieden. Zum Beispiel fallen immer wieder im Dorf für die Allgemeinheit Anschaffungen an – oft im kirchlichen Bereich, gelegentlich auch im weltlichen. Im kirchlichen Bereich – nachdem ja Lamprechtshausen und nicht Arnsdorf das Gemeindezentrum ist – sind wir eingeladen worden, uns auch am Ankauf einer neuen Kirchenorgel zu beteiligen. Wir haben uns mit einer eigenen Veranstaltung (Adventmarkt) engagiert und einen großen Teil des Erlöses für die Kirchenorgel gespendet. Ebenso mit ähnlichen Unterstützungsaktionen haben wir uns auch bei unserer eigenen Kirche in Arnsdorf für die Kirchenrenovierung beteiligt. Ich möchte hier ein Beispiel erwähnen, auf das ich sehr stolz bin: Die Stille Nacht Prangerschützen haben 1999 eine Schützenkapelle erbaut, wobei mit Hilfe des Amtes der Salzburger Landesregierung ein Plan erstellt wurde, einer der aktiven Schützen einen Grund zur Verfügung stellte und wir in Eigenregie diese Kapelle erbauten, sie im Rahmen des Erntedankumzuges segnen ließen und wir seither dort jedes Jahr mindestens einmal eine Maiandacht feiern, sie ist eine Fixstation beim Fronleichnamsumzug, steht ungefähr 100 Meter vom Dorfzentrum entfernt, ist von jedem einzusehen, wird von uns gehegt und gepflegt und bereichert meiner Meinung nach das Dorfgeschehen und -leben.

Auch symbolische Akzente haben wir gesetzt: wir haben für besondere Personen, die sich in unserem Verein verdient gemacht haben, Bäume gesetzt. Ursprünglich eine Schützeneiche, die genauso alt ist wie unser Verein (24 Jahre) im Dorfzentrum. Wir haben einige Bäume gesetzt, einmal für unseren Mentor und Hauptgründer Oberschulrat Sepp Aigner, der 1990 verstorben ist und unsere „Ahnenmutter“, die Hofratswitwe Paula Ruprecht, auch inzwischen verstorben. Also wir haben Bäume gesetzt, die das Antlitz des Dorfes mitprägen und angenehm wirken.

Im sozialen Bereich versuchen wir, wo es Schwierigkeiten im Dorf gibt, zu vermitteln. Nachdem Arnsdorf immer von bäuerlicher Bevölkerung geprägt war und das „Bauernsterben“ auch in unserem Dorf fortschreitet und wir erahnen können, welcher Bauernhof in nächster Zeit vereinsamt sein wird, reden wir mit diesen Leuten und versuchen Brücken zu schlagen und über Alternativen zu diskutieren und versuchen so das Dorfleben nicht erlahmen und ermatten zu lassen. Wir stellen eben traurigerweise fest, wäre die Schule nicht mehr, dann … – es wird ja immer noch im alten Schulhaus unterrichtet, dort wo Franz Xaver Gruber die Stille Nacht komponiert hat. Es fällt immer mehr weg, was die Leute im eigenen Dorf zusammenbringt: kein Kaufhaus mehr, kein Schmied, kein Tischler, keine Käserei, das ist Geschichte und Vergangenheit. Von vier Gasthäusern existiert nur mehr ein einziges, es fehlt also an Plätzen, wo die Leute kommunizieren und das Tagesgeschehen mündlich austauschen können und wir Schützen liefern auch hier Gelegenheit, dass die Leute eben miteinander reden. Also der soziale Aspekt ist eine besonders wichtige Aufgabe für die Gemeinschaft, den auch wir Schützen wahren möchten.

Was sind Ihre persönlichen Motive, im Verein dabei zu sein?

Im Gründungsjahr 1979 bin ich da mit hinein gerutscht. Ich wurde als ganz junger Lehrer gefragt, daran teilzunehmen. Und weil ich immer schon Teil vom Dorf war und im Dorf aufgewachsen, auch in der Nähe des Dorfzentrums wiederum ein eigenes Haus gebaut habe und eben mehr oder weniger nie aus dem Dorf herausgekommen bin – obwohl ich weit gereist bin, bin ich immer ein Arnsdorfer geblieben, hatte ich meine Interessen immer für die Vereine des Dorfes, eben auch bei den Schützen weiterhin festgehalten. Ich bin seit dem Gründungsjahr bei den Schützen und seit dem Gründungsjahr engagiert im Vorstand: zunächst ein paar Jahre als Schriftführer-Stellvertreter, seit Beginn auch als Chronist und von 1989 bis 94 war ich Hauptmann und seit 1999 bin ich wieder Hauptmann, also einmal möchte ich antworten: „Die Ämter im Verein“. Das ist aber nicht direkt die Antwort, es kann nicht das Amt mich festhalten, sondern es gibt mehrere Gründe: die Gründe liegen darin, dass ich die Beziehung zu den Leuten aus dem Dorf aufrechterhalten will, denn das ist nicht so einfach. Wenn ich jetzt eine Statistik vor mir habe: im Gründungsjahr 1979 waren es fast lauter junge Burschen aus dem Dorf. Inzwischen sind diese damals jungen Burschen verstreut und nur noch relativ wenige wohnen im Dorf bzw. in der eigenen Gemeinde. Und gerade die Schützen, was für mich auch so wichtig ist, bleiben aber Arnsdorf – egal was für einen Beruf sie wählen – treu. Für mich ist das eine Genugtuung und es freut mich, dass ich beitragen kann, dass diese Gemeinschaft, auch wenn sie räumlich auseinander liegt, eine Gemeinschaft bleibt.

Ein weiterer Grund: ich bin viel mit Schriftlichem beschäftigt, auch durch meinen Beruf als Deutschlehrer, ich führe die Chronik im Verein, was nicht nur eine Arbeit, sondern auch eine Freude ist. Besonders, wenn man wieder anfängt zu blättern. Meine Güte, damals vor 15 Jahren, wie haben die Leute ausgeschaut, was haben wir unternommen, was ist Lustiges vorgefallen. Das erfüllt mit Freude. Wenn man sehr viele Sachen auch lenken kann, damit die Jungen nicht zu schnell einsteigen und das Schießen nicht allein im Vordergrund steht, sondern eben der Brauch des Schießens gesehen wird, dass Erfahrene ihre Erfahrungen einbringen, dass man vermittelt, dass Jung und Alt eben zusammenkommen und hier noch allerhand bewirken kann im Verein. Ich habe auch meine Familie immer miteinbezogen und habe auch immer Rückendeckung durch meine Frau erhalten, die auch sehr viel Verständnis für das Unterwegssein aufbringt.

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