„Singen gehört zum Weihnachtsfest wie zu kaum einem anderen festlichen Anlass im Jahreskreis. Weihnachtslieder – gemeinsam mit der Familie am Heiligen Abend gesungen – zählen vielleicht zu unseren frühesten Kindheitserinnerungen. Gerade in der Advents- und Weihnachtszeit mag uns die verbindende Kraft des Singens wieder besonders bewusst werden.“ Der Cover-Text der CD „Weihnachten – Volkslieder zum Mitsingen mit alpenländischen Sängern und Musikanten“[1669] drückt deutlich die starke emotionelle Verbindung zur Weihnachtszeit und dem in diesem Zusammenhang immer noch selbstverständlich verankerten Singen aus.
Die Gelegenheiten zum gemeinsamen Gesang sind heute vielerorts rar geworden, was an vielen unterschiedlichen gesellschaftlichen Entwicklungen liegen mag. Vielleicht ist auch die Lust, sich selbst auszudrücken, häufig der Angst gewichen, sich lächerlich zu machen. Was sich aber offensichtlich bewahrt hat, ist diese unbestimmte Sehnsucht nach einem stimmungsvollen Weihnachtsfest – und dazu braucht es Lieder. Nur: Wo kann man diese bekommen, wer gibt Auskunft über unbekannte Strophen, wer kann sie vorsingen oder so weitergeben, dass sie nachsingbar werden? Um den Zugang zur Musik zu erleichtern, eröffnete das Steirische Volksliedwerk 1991 das erste „Büro für Weihnachtslieder“. Die Idee hat Anklang gefunden, sodass auch in Salzburg 1996 das Salzburger VolksLiedWerk[1670] im Petersbrunnhof ein „Adventliederstandl“ während der Adventzeit eröffnet hat.
muss man das Archiv zu den Menschen bringen. Die Volksliedwerke in Österreich[1671] sammeln, dokumentieren und verwalten in ihren Archiven seit etwa 100 Jahren die traditionelle Musik unseres Landes. Gerade das weihnachtliche Liedgut nimmt einen großen Teil der umfangreichen Sammlungen ein. Grob geschätzt liegen mehrere 1.000 Lieder – nicht gerechnet die vielen Varianten und unterschiedlichen Fassungen derselben – in den Archiven zur Einsicht auf. Doch wer kennt oder sucht schon den Zugang zu einem Archiv Die Hürde, eine derartige Institution aufzusuchen, ist für viele zu groß – und überdies ist die Zeit vor Weihnachten meist zu knapp für beschauliche Bibliotheksbesuche.
Die Idee, die vom Steirischen Volksliedwerk ausging, war so einfach wie genial. 1991 wurde das erste „Büro für Weihnachtslieder“ im Grazer Stadtmuseum in zentraler Lage eingerichtet. Dieses Angebot, Menschen die Texte zu den oft nur mehr fragmentarisch erinnerten Liedern wiederzugeben und ihnen die längst vergessenen Melodien wieder ins Gedächtnis zu rufen, wurde sehr rasch angenommen und stieß auch bei den Medien sofort auf größte Akzeptanz. Ausgestattet mit einer einschlägigen Fachbibliothek sind die Mitarbeiter/innen aber nicht nur bemüht, Noten und Texte herauszusuchen, wichtig ist ihnen natürlich auch das praktische Beispiel, also das Vorsingen der Lieder.
Um den Zugang zur Musik zu erleichtern, eröffnete das Steirische Volksliedwerk 1991 das erste „Büro für Weihnachtslieder“. Der Erfolg gibt den steirischen Kolleginnen/Kollegen recht, die Besucherfrequenz hat sich in den letzten Jahren laufend erhöht. 1999 etwa konnten über 3.300 Besucher in der Vorweihnachtszeit gezählt werden. Neben den vielen Anfragen im Büro werden auch telefonische Auskünfte gegeben.
Im Zuge der Entwicklung dieser Serviceeinrichtung wurde auch ein Weihnachtslieder-Register erstellt, das alle einschlägigen und in den verfügbaren Publikationen enthaltenen Lieder erfasst. Heute verfügt dieses Register über etwa 14.000 Eintragungen. Auch wenn man die Doppelnennungen berücksichtigen muss, ist dieser Umfang beeindruckend. Weiters stellt das Büro ein Verzeichnis von ca. 11.000 Texten, Geschichten und Gedichten sowie 4.500 Instrumentalstücken zur Verfügung. Damit ist das größtmögliche Angebot an weihnachtlichem Repertoire gewährleistet.
Dieses Modell eines Weihnachtslieder-Büros gehört heute zu den erfolgreichsten in Österreich und wurde auch in anderen Bundesländern aufgegriffen und adaptiert. Den Anfang machte das Niederösterreichische Volksliedwerk 1993 mit der „Gemischten Lieder- und Brauchhandlung“, 1996 wurde die Idee sowohl vom Burgenländischen wie auch vom VolksLiedWerk Salzburg aufgegriffen. In Vorarlberg wurde 1998 im Volksliedarchiv in der Adventzeit eine sogenannte „Weihnachtsliederbörse“ eingerichtet.
Sinn und Aufgabe der Volksliedwerke Österreichs liegen neben der Sammlung und Dokumentation der musikalisch-poetischen Volkskultur vor allem in ihrer Möglichkeit, Serviceeinrichtungen für die Öffentlichkeit bereitzustellen. Eine dieser Serviceeinrichtungen ist die 1991 geborene Idee der „Weihnachtslieder-Büros“. Mit diesen Weihnachtslieder-Büros ist es in vorbildlicher Weise gelungen, den Stellenwert des Archivs als Mittler zwischen Tradition und Gegenwart zu verdeutlichen und damit gleichzeitig einen wichtigen Teil des kulturellen Erbes erneut zum Klingen zu bringen.
Nach dem Steirischen Volksliedwerk (1991) errichtete das Niederösterreichische Volksliedwerk 1993 die „Gemischte Lieder- und Brauchhandlung“ am „Altwiener Christkindlmarkt“ auf der Freyung und die „Liederstube“ beim „Grafenegger Advent“. Zwischen den typischen Verkaufsständen wurden dort neben einschlägigen Tonträgern und Publikationen Weihnachtslieder auf Wunsch vorgesungen und weitergegeben. War man zu Beginn der Aktion noch auf ehrenamtliche Helfer/innen angewiesen, so wurde die Betreuung dieser Stände mittlerweile professionellen Mitarbeiter/innen übertragen. In der Folge konnten in Niederösterreich weitere Standorte eingerichtet werden: 1998 wurde das Angebot um die Weihnachtslieder-Büros beim „Atzenbrugger Advent“ sowie beim „Advent auf der Schallaburg“ erweitert.
Um den Zugang zur Musik zu erleichtern, eröffnete das Steirische Volksliedwerk 1991 das erste „Büro für Weihnachtslieder“; diesem folgten 1993 die „Gemischte Lieder- und Brauchhandlung“ und die „Liederstube“ des Niederösterreichischen Volksliedwerks. 1996 wurde die Idee vom Burgenländischen Volksliedwerk aufgegriffen. So gab es beim „Burgenländischen Advent“ auf Schloss Kittsee erstmals eine musikalische Serviceeinrichtung für die Besucher, die in den folgenden Jahren beibehalten wurde. Die Erfahrungen der niederösterreichischen Kolleginnen/Kollegen konnten hier bereits nutzbringend angewendet werden.
Im selben Jahr entschloss sich das Salzburger VolksLiedWerk ebenfalls ein „Büro für Adventlieder“ – das „Adventliederstandl“ – einzurichten. Seit dem Jahr 2000 ist das Projekt „Weihnachtslieder schenken“ des Salzburger VolksLiedWerkes im Romanischen Keller der Hypo Bank am Waagplatz beheimatet. Diese „Fundgrube für Advent- und Weihnachtslieder“ wird von Roswitha Meikl betreut und findet ebenso wie das offene Weihnachtsliedersingen großen Anklang.
In Vorarlberg wurde erstmals im Jahre 1998 im Volksliedarchiv in der Adventzeit eine sogenannte „Weihnachtsliederbörse“ eingerichtet, die auch bei Besuchern aus den Nachbarländern großen Anklang fand. Mit Freude darf festgestellt werden, dass die unterschiedlich organisierten und auch landesspezifisch gestalteten „Weihnachtslieder-Büros“ auf breites öffentliches und vor allem auch mediales Interesse stoßen. Fernseh- und Rundfunkstationen aus dem In- und Ausland sind wesentlich an der Verbreitung und der Popularisierung dieser Idee beteiligt.
Verwendete Literatur
[Hois 1998] Hois, Eva Maria: Büro für Weihnachtslieder – Weihnachtslieder wieder selber singen. In: Steirisches Volksliedwerk (Hg.): Das Leben zum Klingen bringen ... Steirische Ideen und Initiativen zur Volkskultur von heute. Gnas 1998 (Sätze und Gegensätze 6), S. 42–50.
[Jahrbuch ÖVLW] Österreichisches Volksliedwerk (Hg): Jahrbuch des Österreichischen Volksliedwerkes. Wien.
[1670] In den Jahren 2000, 2001 und 2002 wurde im Rahmen des Projekts „Weihnachtslieder schenken“ im Romanischen Keller am Waagplatz eine „Fundgrube für Advent- und Weihnachtslieder“ eingerichtet, um das Selbst-Singen von Weihnachtsliedern anzuregen. Die Durchführung des Angebots lag in den Händen von Roswitha Meikl.
[1671] 1904 wurde das „Österreichische Volksliedunternehmen“ als Kommission beim damaligen k.k. Kultusministerium ins Leben gerufen. Seit 1994 existieren in der Nachfolge zehn eigenständige Vereine: „Österreichisches Volksliedwerk – Dachverband der Volksliedwerke der Bundesländer“ sowie neun Landesvereine.