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Erinnerungen an Krieg und Nachkriegszeit (Sabine Fuchs)[84]

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Biografische Erfahrungen von Frauen

Die unterschiedlichen Erfahrungswelten von Frauen, die in der Zeit des Nationalsozialismus gelebt haben, reichen von Verfolgungen seitens der Nationalsozialisten über Widerstand und Anpassung bis hin zu überzeugter Anhängerschaft.

Bis in die 1970er-Jahre wurde innerhalb der feministisch orientierten Geschichtswissenschaft die Frage diskutiert, ob Frauen speziell als Frauen als Opfer des männlich orientierten nationalsozialistischen Herrschaftssystems oder als Mittäterinnen zu betrachten seien.

Gegenwärtig geht man von vielschichtigeren Positionen aus: Frauen waren auch damals in unterschiedlichen Lebenssituationen. Sie wurden als Jüdinnen, Kommunistinnen oder nur, weil sie in den falschen Mann – beispielsweise einen polnischen Zwangsarbeiter – verliebt waren, Opfer des nationalsozialistischen Regimes. Sie standen dem Nationalsozialismus kritisch gegenüber, ohne dass ihre Einstellung sich in Widerstand geäußert hätte. Sie waren aber auch Täterinnen und vor allem Mitläuferinnen, die den Fortbestand des Regimes mitgetragen haben. Diese unterschiedlichen Haltungen und Positionen kommen in den Interviews in „Mehr zum Thema“ zum Ausdruck.

Erinnern und Vergessen[85]

Manche Frauen standen dem Nationalsozialismus kritisch gegenüber, ohne dass ihre Einstellung sich in Widerstand geäußert hätte. Frauen waren aber auch Täterinnen und vor allem Mitläuferinnen, die ohne großes Interesse an der Politik ihr Alltagsleben gelebt und unter den Kriegsereignissen gelitten haben. Durch ihre unhinterfragte Haltung haben sie oftmals den Fortbestand des Regimes mitgetragen.

In „Mehr zum Thema“ lesen Sie Erinnerungen aus Interviews, die viele Jahre nach dem Krieg gemacht wurden. Die erzählten Biografien sind durch eine jahrzehntelange „Erinnerungspolitik“ geprägt. So spiegeln sich in den Erinnerungen neben den tatsächlichen Erinnerungen die subjektiven Wahrnehmungen und Bewertungen der gesamten Lebenszeit danach.

Erinnerungen werden damit zum verarbeiteten Bild von sich selbst. Bestimmte Einstellungen wurden – oft unbewusst – verdrängt. Zwar stehen viele Frauen – und auch Männer (in unterschiedlicher Bewertung) – zu ihrer früheren Zustimmung zum Nationalsozialismus, aber keine bzw. keiner „erinnert“ sich daran, antisemitische oder rassistische Ressentiments gehabt, Verfolgten die Hilfe verweigert oder Denunziationen begangen zu haben. Den Wert der aufgezeichneten Lebenserinnerungen schmälert dies keineswegs – man sollte sich aber beim Lesen immer die möglichen „blinden Flecken“ der Interviewten und den politischen Hintergrund vor Augen halten.



[84] Kurztext von Melanie Lanterdinger und Ulrike Kammerhofer-Aggermann

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