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Der historische Bindertanz in Salzburg (Adolf Freudl) – Langtext

Von mein Handwerk, da bin i’s a Binda

„Von mein Handwerk, da bin i’s a Binda,
drum tuat mi das Bindtn so gfreun,
mei Handwerk geht Summa und Winta,
drum tragts mar a allweil was ein!
Hediho! Furt auf d’Nacht, hoam in da Früah,
so machans mir!

Fruah moring, da geh i ins Bindtn,
den Schlägl, den han i bei mir,
da nimm i a Schnitzerl und Zangerl,
a Roaferl, a drei oda vier.
Hediho! Furt auf ...

Fürn Eimer, da krieg i’s an Siebma,
wems z’teuer is, derf eahms nit pfriema,
da bind i’s tags acht oda neun,
drum tuat mi das Bindtn so gfreun!
Hediho! Furt auf ...“ 

Vielen Handwerksbräuchen ist es zu verdanken, dass Arbeitslieder überliefert wurden, so wie das oben angeführte Lied der Binderzunft. Standesbewusstsein, ordnende Zusammengehörigkeit in einer Zunft, damit verbunden aber auch eine gewisse Abgeschlossenheit nach außen, eine verhältnismäßig freie Stellung der Gesellen – das alles waren Grundlagen für die Handwerksbräuche.

Küfer, Kübler, Büttner, Böttcher, Fassmacher, Binder, Schäffler – so lauten die verschiedenen Berufsbezeichnungen dieser Zunft. Hallein, Memmingen, Bozen, Wasserburg, München, Salzburg, das sind nur einige der markantesten Ortsnamen, aus denen über Jahrhunderte hinweg das Bestehen einer Binderzunft bekannt ist. Die Binder oder Küfer stellten bis ins frühe 19. Jahrhundert Fässer und Gefäße her und waren in Regionen des Salzbergbaues und der Bierbrauerei von großer Bedeutung.

Historisches

1988 hat es in der Stadt Wasserburg am Inn ein großes internationales Schäfflertreffen gegeben, an dem laut der damals aufgelegten Festschrift 34 Schäfflergruppen aus dem bayerisch-österreichischen Raum teilgenommen haben. Aus dieser Festschrift stammt ein erster Abriss über den angeblichen Ursprung des Schäfflertanzes. Bei seiner wissenschaftlichen Untersuchung des Münchner Schäfflertanzes kam Günther Kapfhammer zu anderen Ergebnissen, die Brüche in der Geschichte und eine Neuaufnahme zeigten.[3009]

„Die Entstehung des Schäfflertanzes datiert vom Jahre 1517, woselbst in München die Pest ... wütete. Die Pest herrschte in München mehrmals, nämlich in den Jahren 1463, 1515 und 1517. Aber auch in späteren Jahren (1643) trat dieselbe nochmals auf und raffte die im Verhältnis zur damaligen Bevölkerung ungeheure Zahl von 15.000 Menschen weg. Bei dieser letzten Periode waren zwar die Vorsichtsmaßregeln weit zweckmäßiger als bei den früheren Erscheinungen; trotzdem konnte derselben doch kein Damm gesetzt werden. Niemand durfte ohne Vorweisung der Gesundheitspässe und genaueste Untersuchung die Stadttore passieren. Angekommene Briefe an Kaufleute wurden geräuchert und das Geld mit Essig gewaschen, ferners wurden an den Ein- und Ausgängen der Straßen eiserne Ketten befestigt, um dieselben nach der Quere zu ziehen, wenn die Ansteckung in der einen oder anderen Straße zu befürchten war. Da aber die Leute dessen ungeachtet durchschlüpften, so wurden die Straßen, in denen sich Pestkranke befanden, mit Brettern verrammelt. Auf den Straßen wurden Feuer unterhalten und Wacholdersträuche verbrannt.
Während der Pest 1517 aber waren noch keine so umfangreichen Maßregeln getroffen. Alles schwebte in furchtbarer Todesangst; alle Häuser waren geschlossen; außer den Totengräbern und Pesträucherern wurde niemand auf der Straße gesehen; die Landleute getrauten sich nicht in die Stadt und es trat großer Mangel an Lebensmitteln auf. Das Elend hatte die höchste Stufe erreicht und selbst nach dem Verschwinden der Pest wagte sich lange Zeit niemand aus dem Hause. Die Ärzte konnten für dieses Übel nicht helfen und man befürchtete schon neue Krankheiten.
Da geriet ein einsichtsvoller, aber namentlich leider nicht überlieferter Bürger – selbst der Zunft der Schäffler angehörend – auf den Gedanken, ein entgegengesetztes Mittel zu gebrauchen und die Leute, statt mit ihnen zu jammern und zu klagen, durch ein heiteres Schauspiel aufzuheitern. Zur Ausführung seines Planes schlossen sich die Schäffler alle mutig an und auf seine Anregung ließen sich auch die Metzger herbei und es halfen alle getreulich zusammen, wodurch auch der ‚Metzgersprung‘ entstand.
Während die von der Pest Verschonten bleich und abgemagert noch immer in verschlossenen Stuben saßen, erscholl eines Tages auf einmal fröhliche Musik in den Straßen. Alles eilte an die schon lange nicht geöffneten Fenster und siehe da, die Schäffler zogen in aufgeputzten Scharen nach dem Marktplatze, wo sie mit grünbelaubten Reifen einen Rundtanz aufführten. Alles strömte aus den halb ausgestorbenen Häusern dem Zuge nach und lachte herzlich. Bald wurde es wieder lebhaft in den Straßen, die Glocken ertönten zu Dankgebeten. Alles kehrte zur Ordnung und zur Arbeit zurück. Da hiermit die Schäffler ihren Zweck erreicht hatten, durchzogen sie nach dem Tanze unter den Klängen feierlicher Musik sämtliche Straßen der Stadt.“ 

Karl Adrian war für die „Wiedereinführung“ bzw. Begründung eines Salzburger Bindertanzes wesentlich verantwortlich. Er entdeckte und veröffentlichte 1924 den „Reiftanz der Küfer“ von Hallein, der bis zum Ende des 18. Jahrhunderts bestanden hatte. Diese Zeitangabe weist darauf hin, dass er mit dem Niedergang der Saline und damit des Küferhandwerks (ab 1869 Verpackung des Salzes in Jutesäckchen) dort sein Ende fand. Die Historiker Ewald Hiebl und Thomas Hellmuth stellten den Niedergang der Saline und die bürgerliche Entdeckung der Salzarbeiterkultur im 19. Jahrhundert dar.[3010]

„Der Reiftanz der Küfer. Zu den Volksspielen der Halleiner, die sich bis ans Ende des 18. Jahrhunderts erhalten hatten, gehörte der Reiftanz der Küfer. Diese Zunft war in Hallein ziemlich stark vertreten, weil in jener Zeit das Salz der dortigen Pfannhäuser in hölzernen Kufen auf der Salzach verfrachtet wurde. Die Zunft hatte vom Fürsten das Vorrecht erhalten, alle sieben Jahre den Reiftanz in der Landeshauptstadt aufführen zu dürfen. Schon Wochen vorher waren die Küfer eifrig damit beschäftigt, den Tanz einzuüben, dessen Aufführung vom Vortänzer, der einen mit flatternden Bändern geschmückten Stock trug, geleitet wurde. Eine besondere Figur des Reigens war der Reifschwinger, der die schwierige Kunst verstand, einen Reifen, auf dessen inneren Kante ein volles Weinglas gestellt wurde, über den Kopf und durch die Füße hindurch zu schwingen, ohne dabei einen Tropfen zu verschütten; er war zugleich der Sprecher der Gesellschaft und brachte sein ‚Vivat‘ den hohen Gönnern, vor deren Häusern getanzt wurde. Die Tänzer traten paarweise auf, in den Händen trugen sie den halbrunden Reifen, der mit dem dunklen Grün der Buchsstaude überzogen und mit vielen lebhaft gefärbten Bändern geziert war. Unter den Klängen der Musik bildeten sie im hüpfenden Tanze einen großen Achter, um sich dann in allerlei Lauben und Gängen umzuformen und schließlich aus dem verwirrenden Durcheinander stets wieder vereinigt zu finden. Es scheint, daß übrigens der Küfertanz auch nachts aufgeführt wurde, denn Hartmann berichtet, daß jeder Tänzer auf seiner Mütze eine Erhöhung und in dieser ein brennendes Licht hatte.“ [3011]

Eine auf Salzburg bezogene schriftliche Darstellung stammt von Karl Adrian, die hier auszugsweise wiedergegeben werden soll:


      „Nach einem uralten Herkommen besaß das ehrsame Handwerk der Binder das ‚Privileg‘, alle sieben Jahre ihren Tanz aufzuführen oder, wie es hieß, ihr ‚unfürdenkliches Zeremoniell‘ zu erneuern. Der Tanz wurde in der Faschingszeit aufgeführt, und zwar nicht nur im Hofe der Residenz vor dem Landesfürsten, der dabei von der hochfürstlichen Cortege umgeben war, sondern auch vor den Häusern verschiedener Standespersonen. Die Binderzunft war damals ziemlich zahlreich, hatte doch die Stadt am Ende des 18. Jahrhunderts 12 Brauereien, die ständige Arbeit verbürgten. Dazu kam noch die ansehnliche Gilde der Küfer in Hallein, welche die Fässer zur Packung des Salzes herstellten.
Der erwähnte Tanz blieb in Uebung bis zur Säkularisation des Erzstiftes, d. i. bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts. So zogen die Binder zum Schluße des Faschings mit Musik durch die Straßen, grüne, mit frischem Buchslaub und bunten Bändern umwundene Reifen tragend. Sie führten insbesonders den sogenannten ‚großen Achter‘ auf, der sich unter allerlei künstlich verschlungenen Gängen und Lauben um ein in die Mitte gestelltes Faß bewegt, an dem vier Gesellen die Arbeit des Reif-Antreibens versinnlichen, indem sie mit ihren Schlägeln zugleich den passenden Takt hämmern. Auf dasselbe springt dann einer der Reifschwinger, stellt in die innere Kante eines rotweiß bemalten, kleinen Handreifes ein mit Wein gefülltes Glas und beginnt, von Musik begleitet, ein immer schnelleres Schwingen, wobei er mit größter Geschicklichkeit den Reif über sein Haupt und unter den Armen und Füßen durchgleiten läßt, ohne einen Tropfen zu vergießen oder das Glas herauszuschleudern. Den glanzvollen Schlußpunkt bildet die mit den grünen Reifen zusammengeflochtene ‚Krone‘. (...)
Eine bestimmte Jahreszahl für die Entstehung dieses Tanzes anzugeben, ist nicht möglich, allem Anschein nach dürften die ersten Nachrichten in die Mitte des 15. und auf den Beginn des 16. Jahrhunderts zurückgehen, wobei jedoch als sicher anzunehmen ist, daß der Tanz aber schon im ganzen Mittelalter hindurch aufgeführt wurde. (...)
Nun hat sich eine wackere Schar von Bindern, wie man die Schäffler oder Küfer jetzt nennt, vereint mit der ‚Alpinia‘, einem heimischen Vereine, welcher sich um die Erhaltung der Volkstracht sowie der heimatlichen, alten Sitten und Bräuche unauslöschliches Verdienst erworben hat, zusammengefunden um diesen historischen Tanz auch in Salzburg wieder nach fast hundert Jahren ins Leben zu rufen; um dessen Durchführung sich die Herren Kommerzialrat Anton Kiener, Vizepräsident des Landesverbandes für Fremdenverkehr, sowie August Neubauer, Ehrenpräsident der ‚Alpinia‘ besonders bemühten. (...)“
      
[3012]
      

Die 1924 wieder gegründete „Historische Bindertanzgruppe Salzburg“ hat es unter anderem dem vor einigen Jahren verstorbenen großen Förderer allen Salzburger Zunftbrauchtums, Erwin Markl, zu verdanken, dass mit der Binderzunft in Verbindung zu bringende Gerätschaften, Dokumente und Erzeugnisse erhalten geblieben sind. Aus allen möglichen diesem Traditionsverein übereigneten schriftlichen Unterlagen wurde in langjähriger Arbeit vom seit 2002 amtierenden Obmann, Josef Fuchs, eine Vereinschronik angelegt. Aus dieser Chronik stammen die folgenden Absätze, die Erwin Markl 1998 niedergeschrieben hat:

„Nach bisherigen Forschungen dürfte der Zusammenschluß der Faßbinder in Salzburg auf das Jahr 1339 zurückgehen. Über das Zeremoniell der ‚ehrsamen Faßbinder zu Salzburg‘ gibt es aus dem späteren Mittelalter (1517) erste Nachrichten. Der Reiftanz durfte nur alle 7 Jahre aufgeführt werden, weshalb er wahrscheinlich im Rahmen der Volksspiele in Hallein Aufnahme gefunden hat und dort bis zum Ende des 18. Jahrhunderts nachweisbar ist, so Karl Adrian. [Anm.: Markl überträgt dabei die Halleiner Geschichte auf Salzburg!]
Bei Aufführungen in der Landeshauptstadt waren die Küfer schon Wochen vorher eifrig damit beschäftigt, den Tanz einzuüben, dessen Aufführung von den Vortänzern, die zepterähnliche Stöcke mit flatternden Bändern und einem Fähnchen trugen, geleitet wurden. Eine besondere Figur des Reigens war der Reifschwinger, der sich auf die schwierige Kunst verstand, einen Reifen, auf dessen innere Kante ein volles Weinglas gestellt wurde, über den Kopf und durch die Beine hindurch zu schwingen, ohne dabei einen Tropfen zu verschütten. Er war zugleich der Sprecher der Gesellschaft und brachte seine Hochrufe den Gönnern, vor deren Häusern getanzt wurde.
Die Tänzer traten paarweise auf, in den Händen trugen sie halbrunde Reifen, die mit dem dunklen Grün der Buchsstaude überzogen und mit vielen lebhaft gefärbten Bändern geziert waren. Unter den Klängen der Musik bildeten sie im hüpfenden Tanz einen großen Achter, um sich dann in allerlei Lauben und Gängen umzuformen und schließlich aus dem verwirrenden Durcheinander stets wieder Vereinigung zu finden.“

Eine andere schriftliche Darstellung über die Wiederaufführung des Bindertanzes im Jahre 1924 stammt vom Gründungsmitglied und ehemaligen Ehrenobmann Stefan Pachler:

„Daß es wieder zur Aufführung des Bindertanzes kam, haben wir Karl Adrian und dem damaligen Innungsmeister der Binder, Hans Moser, sowie den Bindern Hans Schober und Leonhard Högler zu verdanken.
Die Unterlagen dazu wurden aus Aufzeichnungen der ‚Innungslade‘ und dem Landesarchiv entnommen. Seit der Pestzeit (u. a. 1517) bis zum Jahre 1830 wurde der Bindertanz aufgeführt. Erst nach 96jähriger Pause wurde am 28. Juni 1924 beschlossen, den Altsalzburger Küfertanz wieder zum Leben zu erwecken.
Es waren keinerlei Tanzunterlagen mehr da und so setzte man sich mit den Münchner Schäfflern in Verbindung. Dort wurde der Tanz alle 7 Jahre noch aufgeführt. Außerdem noch beim Erntedankfest und auch beim Oktoberfest in München. Nach vielen Besprechungen mit den Münchnern konnte bald mit den Proben im Kaltenhauserkeller in der Müllner Hauptstraße begonnen werden.
Der Dultausschuß mit den Herren Adrian, Stanko, Kürth, Otto Pflanzl und KR Heinrich Kiener regelte die finanzielle Seite. Die Kosten für die Uniformen und Requisiten wurden durch Spenden der Brauereien, von Kaufleuten und der Bevölkerung gedeckt. Für die Tanzproben wurden die Bindergesellen sogar von der Arbeit freigestellt.
Nachdem die Uniformen und Ausrüstungen fertig zur Verfügung standen, die Generalprobe gut gelungen war, kam es zur ersten Wiederaufführung am 8. August 1924.
Die Tänzer sammelten sich beim alten Kurhaus in der Rainerstraße, die Straßen bis zum Kapitelplatz waren vollgestopft mit Menschen und wir wurden überall mit Jubel empfangen. Wir mußten öfters stehen bleiben, damit unsere fünf Binder auf dem großen, umkränzten Faßwagen den Fünfertakt hämmern konnten. Sie trugen Werkstattbekleidung: weißes Hemd mit offenem Kragen, Ärmel aufgestülpt, einen Lederschurz und eine niedere, schwarze Samtkappe, so wie der Meister sie bei Kundenbesuch anhatte.
Vor uns marschierte die Maxglaner Musik mit Trommler und zwei Schwegelpfeifern in Salzburger Tracht. Weiters marschierten vor uns der Tanzmeister, der Innungsmeister mit zwei Altmeistern und der Fähnrich in der historischen Tracht aus der Rokokozeit. Böller schossen und die Schläger am Faßwagen hämmerten und der Tanzmeister leitete mit dem Spruch ‚Die Gläser geschwungen, / den Achter gerungen, / wohlan zum Tanz mit dem buchsernen Kranz’ den Tanz ein. Die Maxglaner Musik spielte zu dem historischen Tanz die Melodie ‚Aber heut’ is kalt, aber heut’ is kalt’, worauf die Küfer ihre bekränzten Reifen schwangen und alle sieben Figuren durchtanzten. Nach diesen sieben Figuren wird ein Faß in den Kreis der Tänzer gebracht, das vom Reifschwinger bestiegen wird. Der Reifschwinger steckt in seine beiden Reifen je 3 Gläser, die von der Marketenderin mit Rotwein gefüllt werden. Nach durchgeführtem Reifschwung nimmt der Reifschwinger eines von den noch 6 vollen Gläsern mit Wein und läßt einige Standespersonen und die gesamte Bevölkerung dreimal hochleben. Nach diesem Zeremoniell wird noch einmal der Achter durchgetanzt, worauf unter großer Begeisterung und Jubel der Abmarsch erfolgt. Der Tanz wurde im Jahre 1924 zwölfmal getanzt.“ 

Erwin Markl hält – wie in der Vereinschronik nachzulesen – weiters fest: „Nicht unerwähnt soll bei dieser Gelegenheit auch die dauernde Unterstützung durch Kuno Brandauerv bleiben, auf dessen Drängen 1958 eine Neueinkleidung erfolgte. Über den Anlaß zur Entstehung dieses Tanzes überhaupt meint er, daß dafür wohl die Pestzeiten des frühen Mittelalters ins Auge gefaßt werden sollen, wo die Küfer als eine Art ‚Sanitätspolizei‘ mittels ihrer Geräte und Arbeitsmaterialien durch ‚Pechen und Brennen der Seuche nachrennen‘ konnten, andererseits aber nach dem Erlöschen der Seuche mit fröhlichen Tänzen die verschreckten Bürger wieder dazu brachten, ihre Häuser zu verlassen.“

Chronik der Salzburger Bindertanzgruppe

Das bereits erwähnte Protokollbuch des Vereines bietet natürlich eine Fülle von schriftlichen Darstellungen, auf die teilweise bereits eingegangen wurde. Aus der Zeit vor der Beschlussfassung der Binderinnung, den alten Zunfttanz wieder zu beleben, also 1924, sind leider keinerlei schriftliche Aufzeichnungen vorhanden.

Zwischen 1924 und 1931 wurde die siebenjährige Pause eingehalten, aber in den Folgejahren – und auch in der Gegenwart – ist man zumindest in Salzburg von diesem starren Zeitgerüst teilweise abgerückt. Im August 1933 wurde anlässlich des 25-jährigen Jubiläums des Reichstrachtenverbandes bei einem Volksfest in der Brothäuslau, dem heutigen Volksgarten, der Bindertanz zweimal aufgeführt. Erst im Herbst 1933 hat dann die Gründungsversammlung der Historischen Bindertanzgruppe im Gasthof „Blaue Gans“ (Getreidegasse), dem nachmaligen Vereinslokal, stattgefunden. Die von diesem Jahr her bekannten Vereinsverantwortlichen waren: Hans Schober, Schmittner sen., Lindner, Steinhofer, Franz Greis sowie Buttinger und Pachler. Erwähnenswert ist wohl auch der monatliche Mitgliedsbeitrag von 50 Groschen.

In den folgenden Jahren sind außer den jährlichen Versammlungen nur geringe Aktivitäten festgehalten. Am 9. Jänner 1938 wurde die 5. Generalversammlung im „Gasthof zur Sonne“, dem neuen Vereinslokal, abgehalten. Der neue Vorstand wurde auch fixiert: Unter der Obmannschaft von Hans Schober und seinem Stellvertreter Josef Seikmann (als Bindermeister in Aigen hat er bereits 1933 die Zunftfahne vertraglich für den Verein gesichert) waren Ferdinand Ortner als Kassier, Franz Greis als Schriftführer und Rudolf Steinhofer als Archivar tätig. Im gleichen Jahr (Juni) wurde dann anlässlich der „Eingliederung der Ostmark ins Deutsche Reich“ (1938 Einmarsch Hitlers in Österreich) eine eigene Versammlung einberufen.

Obwohl in den Kriegsjahren viele aktive Mitglieder, deren Namen aber nirgends aufscheinen, zur Deutschen Wehrmacht einberufen worden waren, war der Verein durchaus aktiv. Beim Fest der Übergabe der Festung Hohensalzburg von der Wehrmacht an den Gau wurde im August 1942 von den nicht zum Kriegsdienst einberufenen Mitgliedern der Tanz aufgeführt. Nach dem Erlös von 77,72 Reichsmark hat das Barvermögen RM 412,12 betragen. Auch im August 1943 wurde am Kapitelplatz für verwundete Soldaten der Bindertanz aufgeführt.

Wie Gert Kerschbaumer zeigte, wurden viele Bräuche im Nationalsozialismus für politische Interessen instrumentalisiert.[3013]

Etwa um diese Zeit muss sich dann Kuno Brandauer (1895–1980) an zuständiger Stelle dafür eingesetzt haben, dass die Kisten mit den Zunftkostümen vom Museum Carolino Augusteum an eine bombensichere Stelle im Erdgeschoss der Residenz gebracht wurden. Im November 1944 wurde das Museum tatsächlich bei einem Bombenangriff zum großen Teil zerstört, womit auch die unersetzlichen Kleidungsstücke der Zunft verloren gewesen wären.

Im August 1946 wurde anlässlich einer Heimatschau auf der Festung Hohensalzburg der Bindertanz erstmals nach dem Krieg wieder aufgeführt. 1948 werden die nächsten Tanzaufführungen erwähnt – dreimal bei der im August stattfindenden Heimatwoche und bei der Dult im Volksgarten.

Im Mai 1949 war eine Abordnung bei der Kreuzaufstellung auf die wieder errichtete Domkuppel dabei. Schon vorher hat man anlässlich des 25-jährigen Bestandes des Vereines eine Fahrt zum Rieder Volksfest unternommen, wo auch der Tanz aufgeführt wurde. In diesem Jahr tauchen erstmals vereinzelt Namen von Mitgliedern auf, so wurde der Tod von Mathias Schmidhuber, seines Zeichens Bindermeister in Kleingmain, aufgezeichnet.

Im Zuge der Generalversammlung im April 1951, an der 18 Personen teilgenommen haben, wurde festgestellt, dass die Uniformen und Schuhe sehr schadhaft seien und daher genauso wie die Zunftfahne repariert werden müssen.

Bei der Generalversammlung vom 23. Februar 1957 hat der langjährige Obmann Hans Schober (seit 1933) seine Funktion an Stefan Pachler abgegeben. In dieser Versammlung wurde auch beschlossen, den Bindertanz nur alle sieben Jahre aufzuführen – außer zu besonderen Anlässen. Im Juni des gleichen Jahres hat es eine eigene Ausschusssitzung in Sachen Uniformen gegeben – von Land, Stadt und Heimatpflege (heute: Salzburger Volkskultur) wurden finanzielle Unterstützungen in drei Jahresraten von S 6.000.– geleistet.

Generalversammlung am 15. Februar 1959 – anwesend 26 Personen: Die Tanzgruppe wurde mit Personen von „Jung Alpenland“ ergänzt und unter der Tanzleitung von Edwin Vogel der Bindertanz mit den neuen Uniformen anlässlich des Landesfestes am 27. September auf dem Universitätsplatz aufgeführt.

Generalversammlung am 6. Jänner 1961 im „Gasthof zur Sonne“ – anwesend 27 Personen: Im Zuge dieser Versammlung wurde die Anschaffung einer neuen Fahne beschlossen. Außerdem wurde festgeschrieben, dass bis auf weiteres am Dreikönigstag (6. Jänner) die Jahreshauptversammlung abzuhalten ist.

1963: Anlässlich des Bundesinnungstages in Wels wurde die neue Fahne der Bindertanzgruppe bei der Festmesse geweiht. In Begleitung der „Fischermusik Liefering“ reiste damals die gesamte Bindertanzgruppe zu dem Festakt nach Wels, wo auch der Tanz aufgeführt wurde.

1970: Am 6. April d. J. verstarb der Altobmann Johann Schober, der als Oberbinder in der ehemaligen Sternbrauerei in der Riedenburg tätig war. Er war 1924 Gründungsmitglied und in den Jahren 1933–1957 Obmann und Tanzleiter der Bindertanzgruppe. Seinem über Jahrzehnte hinweg geleisteten Einsatz ist es zu verdanken, dass der Verein zu einer allgemein anerkannten Gruppierung im Land Salzburg wurde.

1974: In diesem Jahr wurde das 50-jährige Jubiläum der Wiederbelebung dieses Zunfttanzes gefeiert, es kam zu mehreren Aufführungen. Außerdem hat es in diesem Jahr eine kräftige personelle Aufstockung gegeben, weil sowohl etliche neue Mitglieder aus Bergheim als auch junge Männer von der Brauchtumsgruppe „Jung Alpenland“ zur Bindertanzgruppe kamen, wodurch für längere Zeit die Tanzaufführungen wiederum gesichert waren.

1986: Im Juni war die Bindertanzgruppe zur Eröffnung des neuen Bindermuseums in der Brauerei Kaltenhausen bei Hallein eingeladen. In einem umfangreichen Zeitungsartikel dazu heißt es, dass damit einem aussterbenden Handwerk ein schöner Rahmen gegeben werde, wobei in diesem Museum versucht wird, Aufschwung und Blüte dieser Zunft zu präsentieren. Weiters heißt es in dem Artikel, dass innerhalb der „heutigen Museumsmauern zur Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert gut dreißig Binderleut’ damit beschäftigt waren, genügend Fässer für den seit eh und je reichlich fließenden Gerstensaft aus dem Kaltenhauser Hofbräu bereitzustellen. Ungeschmälerte Authentizität aber verleiht dem Museum das Zusammenwirken vieler noch mit der Binderei verbundener Institutionen und Persönlichkeiten. Vor allem sorgten dafür vier gelernte Faßbinder der Brau AG, die ungeachtet ihres wohlverdienten Ruhestandes freiwillig die Ärmel hochkrempelten und in der ausgedienten Faßbinderwerkstatt alles zur Ausstellung Verwendbare instandsetzten. Manch Utensil wurde auch in Schwesterbetrieben der Brauerei aufgestöbert, so daß bald genügend Exponate zur Veranschaulichung der sieben Entstehungsstufen eines Holzfasses zur Hand waren.“

1988: Das 8. Bundesvolkstanztreffen in Innsbruck war generell den Zunfttänzen und verwandten Tanzformen gewidmet. Für die Bindertanzgruppe aus Salzburg, die viel zur Gestaltung beitragen sollte und konnte, eine Pflichtveranstaltung. Der erste Auftritt war am Pfingstsamstag, den 21. Mai, am Oberen Stadtplatz von Hall. Begleitet von der mitgereisten Musik, der „Plainberg-Tanzlmusik“, den Schweglern und Trommlern sowie dem rein zufällig einsetzenden Geläut der Haller Stadtpfarrkirche zog die Bindertanzgruppe auf dem Tanzplatz ein. Im Zuge dieser dreitägigen Großveranstaltung konnte sich der Verein noch mehrfach mit der Aufführung des Altsalzburger Bindertanzes präsentieren und einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Im Juli des gleichen Jahres fand das bereits eingangs erwähnte „1. Internationale Schäfflertreffen“ in Wasserburg am Inn statt, natürlich mit Beteiligung der Salzburger Bindertanzgruppe.

1992: Wenn man 500 Jahre zurückrechnet … die Zeitrechnung beginnt in Salzburg nicht mit der Entdeckung Amerikas im Jahr 1492, sondern mit dem Gründungsjahr der Stieglbrauerei. Dieses Jubiläum und die durch die Binderzunft gegebene Verbindung mit diesem Salzburger Paradeunternehmen war für den Verein eine Verpflichtung, den Tanz im Alten Hof der Brauerei vor dem Sudhaus aufzuführen. Die einzigartige Gelegenheit, bei diesem Fest die gesamte Brauereianlage zu besichtigen, wurde von vielen Gästen aus nah und fern wahrgenommen, was den Auftritten der Bindertanzgruppe auch entsprechend viele Zuschauer brachte. Besonderer Dank war einem Mann auszusprechen, der als Brauereiangestellter damals maßgeblich zum Gelingen dieses Festes beigetragen hat und gleichzeitig Obmann der Historischen Bindertanzgruppe war, nämlich Hans Berner.

1995: Dieses Jahr endete für den Verein am 27. Dezember auf dem Salzburger Kommunalfriedhof mit der Verabschiedung eines Mannes, der fünfzig Jahre lang als Mitglied und davon fast vierzig Jahre als Wurstl dem Verein seinen Stempel aufgedrückt hat – Walter Dahel. In einem Nachruf einer Salzburger Zeitung stand zu lesen: „1921 geboren, besuchte er die Salzburger Kunstgewerbeschule, bildete sich an der Akademie für angewandte Kunst, war Kunsterzieher am Werkschulheim Felbertal und zeitlebens dem Brauchtum verbunden. 1947 verschrieb sich Walter Dahel dem Krippenbau, schnitzte und leimte und schuf in Brauchtumsminiaturen getreue Nachbildungen unserer Volkskultur.“

1999: Das letzte Jahr des zweiten Jahrtausends unserer Zeitrechnung war für die Bindertanzgruppe ein großes, vielleicht sogar das wichtigste Jahr in der Vereinsgeschichte. Das 75-jährige Bestandsjubiläum war der Anstoß für den Landesverband der Salzburger Volkskultur, in diesem Jahr (nach neun Jahren) ein Landesfest zu veranstalten und mit einem Alpenländischen Volkstanzfest zu verknüpfen. Dies war natürlich eine große Ehre und auch Anerkennung des Einsatzes zur Pflege des Zunfttanzes, dass die Bindertanzgruppe mitten im Kreise von volkskulturellen Gruppen aus dem gesamten Alpenraum feiern durfte. Nach mehr als zweijähriger Vorplanung und Organisation war es am Freitag vor Pfingsten, am 21. Mai, so weit. Im Bräugewölbe der Stieglbrauerei wurde ein Fest- und Begrüßungsabend veranstaltet, an dem bereits verschiedenste Bindertanzgruppen aus Bayern sowie Abordnungen anderer Zunfttanzgruppen teilnahmen. Die Räumlichkeiten, verbunden mit einer großzügigen Bierspende, wurden vom Hausherrn, Herrn Dr. Kiener, gratis zur Verfügung gestellt.

2002: Bei der traditionell am Dreikönigstag durchgeführten Jahreshauptversammlung im „Hotel Stieglbräu“ legte nach zwanzig Jahren des Rates und der Taten Hans Berner die Obmannschaft in jüngere Hände. Gesundheitliche Gründe waren in erster Linie für diese Entscheidung ausschlaggebend. Ein Nachfolger musste gefunden werden, was dazu führte, dass der bisherige Chronist Sepp Fuchs aus Bergheim zum neuen Obmann gekürt wurde. Im Juni 2002 ist die Bindertanzgruppe einer Einladung zu einem Fest in Arbing im Landkreis Altötting nachgekommen, wo „100 Jahre Schäfflertanz in Arbing“ gefeiert wurde. Zum Fest zur Festspieleröffnung am 26. Juli wurde von der Stadt Salzburg die Einladung ausgesprochen, den Bindertanz aufzuführen. Diesem Wunsch hat der Verein auch gerne entsprochen.

Ablauf des Tanzes

Tanzrequisiten:

  • 22 Tanzreifen

  • 2 Reservereifen

  • 2 Schlussreifen mit je einem kleinen Fässchen

  • 1 großes Fass zum Reifschwingen

  • 1 kleines Fass

  • 1 Pitsche

  • 1 Reichsapfel zur Kronenbildung

  • 1 Vortänzerstab mit bunten Bändern

  • 1 Vortänzerstab mit einer Fahne

  • 2 Pretschen für die Wurstl

  • 4 Schwingreifen

  • 4 Schlägel mit Triebe

Tanzfiguren:

  1. Aufmarsch

  2. Kreisbildung

  3. Doppelschlange

  4. Sommerhaus oder Laube

  5. Kreuz

  6. Krone

  7. Vier kleine Kreuze

  8. Wirbelschlag

  9. Changieren

  10. Kreisbildung und Reifschwingen

  11. Einfaches Durchtanzen

  12. Abmarsch

Die Reihenfolge zur ersten Figur „Aufmarsch“ lautet:

  • Je 8 Mann in Doppelreihe

  • 2 Fassträger mit dem großen Fass

  • 1 Träger mit dem kleinen Fass

  • 1 Träger mit der Pitsche

  • 2 Reifschwinger

  • Fahnendeputation mit Obmann, Marketenderinnen und Tanzmeister

  • je 1 Wurstl vor und hinter dem Zug

  • Träger für Reichsapfel und Reservereifen

Der Gruß wird durch das Senken der Reifen während des Marsches vollzogen.



[3009] Kapfhammer, Günther; Corbinian J. Lachner; Friderica Derra de Moroda: Der Münchner Schäfflertanz. München 1976.

[3010] Hiebl, Ewald: Sichere Arbeit und staatlicher Schutz – soziale Situation und Status der Halleiner Salzarbeiterschaft vom ausgehenden 18. bis ins beginnende 20. Jahrhundert. In: Kammerhofer-Aggermann, Ulrike (Hg.): Bergbau. Alltag und Identität der Dürrnberger Bergleute und Halleiner Salinenarbeiter in Geschichte und Gegenwart. (= Salzburger Beiträge zur Volkskunde, Bd. 10). Salzburg 1998, S. 25–46. – Hellmuth, Thomas: Salzarbeiterkultur. Die Funktion kultureller Traditionen im 19. Jahrhundert. In: Kammerhofer-Aggermann, Ulrike (Hg.): Bergbau. Alltag und Identität der Dürrnberger Bergleute und Halleiner Salinenarbeiter in Geschichte und Gegenwart. (= Salzburger Beiträge zur Volkskunde, Bd. 10). Salzburg 1998, S. 47–64, bes. S. 55.

[3011] Adrian, Karl: Von Salzburger Sitt’ und Brauch. (= Deutsche Hausbücherei, Bd. 135–138). Wien 1924, S. 351f. – auch Adrian, Karl: Salzburger Volksspiele, Aufzüge und Tänze. In: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde. 45/II. 1905, S. 147f.

[3012] Adrian, Karl; O. Pflanzl: Der Küfertanz. Sonderdruck aus: unbekannt. Salzburg: Zaunrith’sche Buchdruckerei 1924 (vermutlich). – Einblattdruck, offenbar für die erste Aufführung eines Salzburger Bindertanzes 1924 durch die Alpinia von Karl Adrian und Otto Pflanzl herausgegeben.

[3013] Kerschbaumer, Gert: Organisiertes Heimatbrauchtum in Salzburg. In: Haas, Walburga (Hg.): Volkskunde und Brauchtumspflege im Nationalsozialismus in Salzburg. (= Salzburger Beiträge zur Volkskunde, Bd. 8). Salzburg 1996, S. 121–132. – ders.: Rekonstruktion und Dokumentation. In: Haas, Walburga (Hg.): Volkskunde und Brauchtumspflege im Nationalsozialismus in Salzburg. (= Salzburger Beiträge zur Volkskunde, Bd. 8). Salzburg 1996, S. 255–357.

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