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Evangelische und katholische Übergangsrituale (Ilona Holzbauer)

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Die Taufe

Sowohl die Katholische als auch die Evangelische Kirche verstehen die Taufe als das unumgängliche Sakrament zur Aufnahme in die christliche Gemeinschaft. Getauft wird im Namen des dreieinigen Gottes durch dreimaliges Begießen mit Wasser als Symbol der Reinigung von Sünden. So spricht Gott sein grundsätzliches „Ja“ zum Menschen. Das „Ja“ des Menschen zu Gott ist der Glaube.

Die Katholische Kirche betont bei der Taufe das wirkliche Hineingenommenwerden in das Leben des dreieinigen Gottes. Diese Taufe kennzeichnet den einmal Getauften für immer. Man spricht vom „unauslöschlichen Taufsiegel“. Da die Taufe notwendig zum Heil ist, lehrt die Katholische Kirche, dass Kinder schon im frühesten Alter getauft werden sollen. Im katholischen Taufgottesdienst sind symbolische Handlungen – so die Salbung mit Öl (Christus der Gesalbte) und das Überreichen der brennenden Kerze (Christus das Licht der Welt) – Brauch, wie es auch in der Evangelischen Kirche üblich ist.

In der Evangelischen Kirche wird ebenso von der „Heilsnotwendigkeit“ der Taufe gesprochen. Protestanten glauben aber nicht, dass der Getaufte „der göttlichen Natur teilhaftig“ geworden sei[48]. Für das evangelische Verständnis der Taufe ist entscheidend, dass die Praxis der Säuglingstaufe einen weiteren Ritus nötig macht, eben weil die Taufe vom persönlichen Bekenntnis völlig losgelöst ist. Bereits die zweite Generation der Reformatoren begründete deshalb die Konfirmation als Fest der Taufbestätigung.[49]

Konfirmation und Firmung

In der Taufe wird das Kind Gott anvertraut und zum Mitglied der christlichen Kirche. Die Eltern und Paten versprechen, das Kind im christlichen Glauben zu erziehen. In der Evangelischen Kirche erfolgt dann im Alter von etwa 12 bis 14 Jahren die Konfirmation, der ein meist ein- bis zweijähriger Unterricht vorausgeht. In diesem Unterricht wird der angehende Konfirmand mit den Grundlagen des christlichen Glaubens vertraut gemacht und kann für sich selbst entscheiden, ob er diesen Glauben annehmen will. In der Konfirmation bekennt er sich ausdrücklich zum Glauben und bestätigt damit den Sinn seiner Taufe.

Die katholische Firmung spendet meist der Bischof persönlich. Zum Ritus dieses Sakramentes gehören Handauflegung, Gebete und ein Kreuzzeichen mit Chrisamöl auf die Stirn. Die Firmlinge sollen nach katholischer Auffassung durch dieses Sakrament mit dem Heiligen Geist erfüllt und mit „unauslöschlichem Charakter“[50] geprägt werden.

Die Konfirmation ist in der Evangelischen Kirche kein Sakrament. Die Einsegnung bedeutet eine Bitte um den Heiligen Geist, nicht eine Übertragung aufgrund bischöflicher Weihegewalt, da nach evangelischem Verständnis „der Geist Gottes weht, wann und wo er will“ und nicht durch menschliche Kraft verliehen werden kann, sondern allein durch Gottes Gnade (dazu 1. Kor. 12, 4–6: „Es sind mancherlei Gaben; aber es ist ein Geist. Und es sind mancherlei Ämter; aber es ist ein Herr. Und es sind mancherlei Kräfte; aber es ist ein Gott, der da wirket alles in allen.“).[51]

Hochzeit und Ehe

Katholische und evangelische Christen haben im Wesentlichen dieselben Erwartungen an die Ehe. Sie heiraten, weil sie sich lieben, ihr Leben gemeinsam führen wollen und weil sie glauben, dass ihr Partner der für sie von Gott bereitgestellte Begleiter fürs Leben ist. Sie bejahen dadurch die Einehe auf Lebenszeit sowie eine verantwortliche Elternschaft. Dennoch gibt es in der Katholischen und Evangelischen Kirche ein unterschiedliches Eheverständnis.

Die Katholische Kirche versteht die Ehe unter Christen als Sakrament, das heißt „als Zeichen des Heils und als Hilfe zum Heil“. Ehe von Nichtchristen gilt als „Naturehe“. Die Brautleute spenden einander das Ehesakrament anlässlich der kirchlichen Trauung. Die Katholische Kirche lehrt, dass die Ehe unauflöslich ist. Die gültige Trauung erfolgt für Katholiken erst bei der katholischen kirchlichen Trauung, deren verpflichtende Form im Ja-Wort vor dem Priester und zwei Zeugen besteht. Diese gültig geschlossene katholische kirchliche Ehe kann unter keinen Umständen durch irdische Dinge getrennt werden – eine Trauung Geschiedener ist daher in der Katholischen Kirche nicht möglich.

Die Evangelische Kirche erkennt die nach bürgerlichem Recht standesamtlich geschlossene Ehe vor Gott und Menschen als gültig an. Sie spricht nicht von „Naturehe“ und „sakramentaler Ehe“. Die Ehe von Christen wird nicht aufgrund der Taufe zu einem besonderen Ort des Heils. Keine Ehe ist an sich „christlich“. Sie ist eine Ordnung Gottes, und sie wird für Eheleute zu einem Ort der Glaubensbewährung und des Lebens vor Gott. Die evangelische Trauung eines Geschiedenen liegt im seelsorgerlichen Ermessen des Pfarrers.

Am Ende des Lebens

Evangelische und katholische Christen bekennen gemeinsam, dass Gott Jesus von den Toten auferweckt hat. Mit den Worten des Apostolischen Glaubensbekenntnisses glauben sie „an die Auferstehung der Toten und das ewige Leben“. Die Vorstellungen darüber, wie diese Auferstehung und das ewige Leben bei Gott aussieht, sind quer durch die Konfessionen sehr unterschiedlich.

Einer der Unterschiede ist, dass nach katholischem Verständnis durch das „Sakrament der Krankensalbung“, früher auch „Letzte Ölung“ oder „Sterbesakrament“ genannt, geholfen werden kann. Der biblische Rat (Jakobus 5, 14f), Kranke unter Gebet und Flehen zu salben, hat in der Katholischen Kirche zum Sakrament der Krankensalbung geführt. Die Evangelische Kirche steht selbstverständlich ebenso den Kranken und Sterbenden seelsorgerlich bei, es gibt aber keine speziell dafür vorgesehenen Handlungen, die dem Seelenheil des Sterbenden zugute kommen sollen.

Bei der Beerdigung in der Katholischen Kirche steht neben der Predigt an die Trauergemeinde das kirchliche Handeln am Verstorbenen selbst im Mittelpunkt – er wird gesegnet und es wird für ihn gebetet (Fürbitten, Ablasshandlungen). Auch die evangelischen Christen hoffen, dass die Verstorbenen „bei Gott“ sind. Nach deren Verständnis sind sie jedoch bereits ab dem Zeitpunkt des Sterbens bei Gott, sie können die Verheißung Gottes spüren und erleben. Daher ist es nicht vonnöten, weiterhin für den Toten zu beten oder ihm durch Ablasshandlungen und Seelgeräte zu helfen. Eine Kontaktaufnahme mit den Toten von der irdischen Welt aus ist im evangelischen Sinne unbiblisch und unmöglich.

Ökumene

Die weltweite Christenheit bildet eine „Geistgemeinschaft“. Diese Einheit muss auch lebhaft greifbar werden. Die Menschen sind nicht nur Geist und Seele, sondern auch Leib und dazu gehören Kommunikation, Verständnis und Toleranz. Konfessionelle Vielfalt und unterschiedliche Formen an Frömmigkeiten sind grundsätzlich berechtigt – der Zwang einer vollkommenen Vereinheitlichung würde der christlichen Freiheit widersprechen, doch wie ist ein Leben miteinander und nebeneinander möglich?

Im praktischen Kirchenleben wächst das Vertrauen zwischen den evangelischen und den katholischen Gemeinden. In den Jugendgruppen, Frauenkreisen, Kirchenchören usw. sind weitgehend Gäste der anderen Konfession willkommen. Gemeinsame Gottesdienste werden mehr und mehr üblich. Von Seiten der Katholischen Kirche gibt es jedoch noch Vorbehalte (Abendmahl, verschiedenkonfessionelle Trauung usw.) und Verbote, die eine Einheit unmöglich machen. Doch viele Mitglieder der katholischen Gemeinde können heute bereits darüber hinwegsehen und praktizieren Ökumene in Gottesdiensten, Ehe- und Erziehungsberatungsstellen.

Die Einheit der weltweiten Christenheit als des „Leibes Christi“ ist im Glauben an Jesus Christus schon gegeben. Trotz aller Verschiedenheit von evangelischem und katholischem Glaubensverständnis haben beide Kirchen das grundlegende Bewusstsein, dass Gott aller Menschen Schöpfer ist, dass Jesus Christus für die Sünden der Menschen gestorben und auferstanden ist und dass es eine Auferstehung der Toten und ein ewiges Leben gibt.



[48] Zweites Vatikanisches Konzil: Kirchenkonstitution Nr. 40

[50] Zweites Vatikanisches Konzil: Kirchen-Konstitution Nr. 11

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